aus : Casseler Tageblatt und Anzeiger, Nr. 331
1896, Nov. 29, S. 1
Durch das mit K. unterzeichnete Eingesandt,
welches sich gegen die hierorts geplante Errichtung
eines Grimm-Museum- anssprach und bedauerte,
daß Cassel sich ein Grimm-Denkmal für immer
habe entgehen taffe«, ist ein anderes Eingesandt ver
anlaßt worden, oas kurz und bündig me Meinung
äußert, Cassel brauche, trotz des Hanauer Monuments,
durchaus nicht auf ein Denkmal des berühmten
Brüderpaares zu verzichten, sondern solle eS noch
besser mache», wie die Hanauer. Diese Ansicht
wird mannigfaches Erstaunen hervorrufen, vielleicht
auch manches mitleidige Lächeln, denn im Allge-
meinen scheint man Cassel in dieser Hinsicht leider
nicht viel zuzutrauen. Gerade deshalb aber sollte
man hier die Sache in vollem Eriche aufnehmen
und der Welt einmal zeigen, daß man auf eigenen
Füßen steht. An den Ausbau der Martinsthürme
hat vor zwanzig Jahren auch keine Menschenseele
geglaubt, weshalb soll nach ebenso langer Zeit,
von heute an gerechnet, nicht auch ein Grimm-
Denkmal errichtet werden können? Die Werke
der Brüder siud Gemeingut der Deutschen ge-
worden, und eS ist dies keine bloße Redens
art, denn sie haben es erreicht, daß ihr
Name eben so hoch geachtet bei den Ge
lehrten ist, als geliebt in der Kinderstube. Sollte
I es da so unmöglich sein, die Mittel zu einem zweiten
Denkmal zusammen zu bringen? Wie viele Städte
haben Schiller ein Denkmal errichtet, ohne daß der
selbe durch seinen Lebensgang mit ihnen in nähere
Beziehung gekommen war, um so mehr müßte eill
solcher Zoll der Verehrung für die Brüder GrimnE
in Cassel möglich sein. Hoffentlich geht die gegeben^
Anregung diesmal nicht so spurlos vorüber, wie der
ähnliche Versuch vor zwanzig Jahren; wenn nur
die zahlreichen hiesigen Vereine die Sache ebenfalls
zu der ihrigen machen, dann wird schon bald ein
Grundstock vorhanden sein.