© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm N
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Nachrichten vom April.
- Denkmäler.
Nom. In der Protomothek des Capitols, der römischen
Walhalla, soll nun auch dem Pier Luigi da Palcstrina neben
Marcello, Corelli, Paisiello und Cimarosa ein Play werden.
Mit der Ausführung seiner Büste ist der Bildhauer Galli
beauftragt.
* Venedig. San Domenichi ist mit seinen Söhnen
fortwährend an dem Tiziansmonumente, welches der Kaiser
dmp aufgegeben hat, beschäftigt. Dieses Denkmal sott in der
Frarikipche, dem für Canova errichteten gegenüber, aufgestellt
werden» Da man zuerst einen gleich großen in Thon gear
beiteten Entwurf aufgerichtet hat, und in diesen jeden fertig
rnodellirken Theil einfügt, um auf diese Weise alle einzelnen
Partien iu ihrem eigentlichsten Verhältniß zum Ganzen be
urtheilen und, wenn es nöthig scheint, noch Veränderungen
vornehmen zu können, so ist schon jetzt ein vollständiges Ur
theil über das Werk möglich. Das ganze Werk besteht aus
einem auf breite Stufen gestellten, auf Säulen ruhenden,
drei Bogen bildenden Ueberbau. der von einem Frontispiz ge
krönt ist, in dessen dreieckigem Giebelfeld der venezianische
Löwe ruht. Auf dem breiten Felde des Mittelbogens ist Ti
zians berühmtestes Werk, die Himmelfahrt Maria'S, in Bas
relief angedeutet, während die beiden Nebenbogen auf gleiche
Weise sein erstes und das zuletzt von ihm gemalte Bild ent
halten. In der Mitte unter diesem Säulenportal sitzt Tizian
selbst auf einem Stuhle.' Auf dem Periflyl zur äußersten
Linken soll eine im höchsten Alter dargestellte Greisensigur
das Jahrhundert Karls V., in dem Tizian lebte, auf der äu
ssersten Rechten eine kräftige Mannsgestalt das des Kaisers
Ferdinand andeuten. Eine Inschrift bezeichnet den Namen
des Errichters. Den übrigen Raum auf dem Peristyl erfül
len vier allegorische Figuren der verschiedenen Künste. Die
Säulen, die den pottalartigen dreigelheilten Bogen bilden,
gehören keiner der bekannten Säulenordnungen an, sondern
sind, der Art und Weise ihrer Behandlung nach, dem Zeit
alter des Malers entlehnt.
Florenz. Das Grabmal, welches die Fürstin von Canino
ihrem verstorbenen Gemahl, Lucia« Bonaparte, in der Tod-
tenkapelle der Mitglieder der Familie Lucians in der Solle-
gialkirche von Canino errichten läßt und das der Bildhauer
Pampaloni ausführt, wird aus dem schönsten weißen Bild
säulenmarmor des Monte Altissimo von Serravezza verfertigt.
Es ist ein Basrelief, ungefähr 9 florentin. Ellen hoch und
5 Ellen breit. Der Künstler hat den Moment gewählt, wo
der Kranke, schon im Angesicht des Todes, der vor seinem
Lager knieenden Gattin für sie und die abwesenden Kinder
den Segen ertheilt. Die Gestalt der Meinung hält die eine
Hand auf die Erdkugel, die auf einer Basis steht, auf wel
cher die Wagschalen der Gerechtigkeit eingegraben sind, mit
der andern reicht sie dein von dem Schmerzenslager sich em
porrichtenden Sterbenden einen Kranz. Am Fuße des Bettes,
auf einem wankenden Felsen, sitzt die Ehrsucht, mit den Zü
gen einer eitlen hvffärtigen Frau; sie hat eine Krone auf
dem Haupt, einen Scepter und eine andere Krone in den
Händen, zur Andeutung derer, welche dem Fürsten angeboten
worden. Auf der andern Seite erscheinen mit den entspre
chenden Attributen die Abbildungen der Kraft, als Sinnbild
der unerschütterlichen Charakterstärke des Fürsten, der Reli
gion, als Anspielung auf seine erfolgreiche Vertheidigung des
Concordatgesetzes in der gesetzgebenden Versammlung, und
des Friedens, als Erinnerung an die Zeit, wo er, kaum nach
Erlangung des zum Mitglied in jener Kammer befähigenden
Alters, sich als Minister des Innern als aufgeklärter Be
schützer der Künste, des Gewcrbsteißes, des Ackerbaues und
des Handels erwies und als französischer Botschafter den
schwierigen Handelsvertrag mit Portugal abschloß. Diesen
reihen sich an die Attribute der Astronomie, der Poesie, der
Archäologie, des Ackerbaues und der Wissenschaften überhaupt,
als eben so viele Embleme der geistigen Wirksamkeit des Ge
feierten. Ueber dem Ganzen, in einer Wolke, schwebt der
heilige Petrus, ebeu sowohl zur Vollendung der himmlischen
Apotheose, die der Lohn des Gerechten ist, als zur Bezeich
nung der Dankbarkeit für den vom apostolischen Stuhl zu
einer Zeit erhaltenen Schutz, wo jede andere Freistätte Lu-
cian Bonaparten verschlossen war. Dieß bezeugt auch die
französisch abgefaßte Grabschrift.
Athen. Die Nationalversammlung hat beschlossen, baß
dem ehemaligen Präsidenten I. Capodistrias, „als Wohlthäter
Griechenlands," auf dem Platanenplatz in Nauplia eine Bild
säule errichtet werde.
Dauwcrke.
Aachen. Am 2 6. April wurde die erste von den Säulen
im Münster neu aufgerichtet, welche künftig, der ursprüng
lichen Einrichtung gemäß, die hohen Bogenöffnungen des
oberen Geschosses wieder zieren sollen. Bekanntlich werden
die vorhandenen alten Säulen zu diesem Zwecke neu bear
beitet und geschliffen, und die acht an der erforderlichen An
zahl noch fehlenden schenkt die Fürsorge des Königs. Vier
von diesen, aus Granit von Odcrberg und in Berlin äußerst
schön gefertigt, sind bereits vor einigen Wochen hier ange
kommen, die übrigen werden binnen Kurzem nachfolgen.
Man hatte, ohne Zweifel mit Vorbedacht, eine der alten
Säulen ausersehen, die Wiederherstellung gleichsam einzuwei
hen, und zwar ist dieselbe in der westlichsten Arkade, welche
zunächst oberhalb des Haupteinganges liegt, angebracht worden.
Cobienz. Der Königsstuhl bei Rhense, auf dem einst
die Kurfürsten den deutschen König wählten, ist in seiner
Wiederherstellung nunmehr vollendet. Der König hat das
Deficit bei dem Bau mit etwa über 5oo Thlr. gedeckt.
Prag. Der Architekt Gutensohn ist von dem Stifte
Tepl beauftragt, eine geräumige Kirche für Marienbad aus
zuführen. Das Gebäude soll in romanischem Styl ein Achteck
bilden, von einer Kuppel überwölbt und mit Sculpturge-
mäldcn und Vergoldung reich verziert. — Die Kirche in
Turnau wird in gothischem Styl von dem Architekten Haus
knecht erbaut und ist bis auf die innere Einritt,tung voll
endet. Die Ausführung der Altäre ist dem Architekt Kran-
»er, die der Altargcmälde dem Akademiedirektor Rüben
übertragen.
Paris. Man liest in dem Memorial von Pau: „Im
Schlosse Heinrichs IV. werden dieses Jahr die Arbeiten mit
großer Thätigkeit verfolgt. Mehr als hundert Handwerker,
die Leute mit einbegriffen, die in den Steinbrüchen verwen
det sind, beschäftigen sich mit der Restauration. Die südliche
Fayade ist bis auf das Karniß vollendet. Der Balkon er
wartet nur noch die Säulen der Balustrade und verspricht
prachtvoll zu werden. Das erste Gewölbe der Fa^ade des
Hauptcingangs ist fertig. Im Innern werden die Arbeiten
mit dem gleichen Eifer betrieben. Ein bedeckter und unter
irdischer Gang zur Verbindung der Küchen ist angefangen;
er geht durch den großen innern Hof des Schlosses."
Unter Mitwirkung von Dr. Ernst Förster in München und Dr. Franz Kugler in Berlin, und unter Verantwortlichkeit
der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.