© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 37
VIII. Jahrgang.
Gcitrage
sind an Dr. C. v. Lützow
(Wien, Theresia'numg.
25) od. an die Verlagsh.
(Leipzig, Königsstr. 3)
zu richten.
28. Februar
Nr. 20.
Inserate
ü 2i( 2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Buch- und Kunsthand
lung angenommen.
1873.
Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst.
Dies Blatt, jede Woche am Freitag erscheinend, erhalten die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" gratis; für sich allein bezogen
kostet der Jahrgang 3 Thlr. sowohl im Buchhandel wie auch bei den deutschen und österreichischen Postanstalten.
Inhalt: Abfertigung. — Die Dresdener Kunstsammlungen. — Drugulin, Allart van Everdingen. — Gustave Ricardj-. — Oestcrreichischer Kunst
verein; Münchener Kunstverein; Ausstellung in Rotterdam. — Rubens Himmelfahrt Mariä in der Akademie zu Düsseldorf. — Restaurirung
des Naumburger und Limburger Domes; Cairo, Enthüllung der Statue Ibrahim Pascha's. — Inserate.
Abfertigung.
Herr Herman Grimm hat den verzweifelten Muth,
die in meiner Besprechung^ seiitM°Raphael (S. 65 d. Z.)
ihm nachgewiesenen Fehler und Irrthümer abzuleugnen,
den ihm vorgeworfenen „Mangel an ehrlichem Fleiße in
dem Zusammentragen des Stoffes, die grenzenlose Flüch
tigkeit in allen Einzelnheiten, den geringen Ernst der
Forschung" zu bestreiten. Er verbreitet eine Gegenschrift,
„Zur Abwehr" betitelt, in welcher alle diese Beschuldigun
gen entkräftet werden sollen. Sein Verhängniß will es
aber, daß er in dieser Abwehr abermals Zeugniß ablegt
für die Richtigkeit meines Urtheiles. Herr Herman
Grimm bringt hier (S. 8, Z. 20 v. o.) einen einzigen
neuen Quellenbeleg bei und schreibt richtig wieder das
Gegentheil von dem nieder, was in der Quelle steht. Er
liefert einen Nachtrag zu Gunsten seiner Erklärung der
Schule von Athen und citirt bei diesem Anlaste Heinse:
„Nun finde ich in Heinse's Ardinghello die Deutung:
Sieg der Platonischen über die Aristotelische
Philosophie. Heinse führt das nicht übel aus und
darauf hin wäre die Literatur der Zeit von neuem durch
zugehen." Schlägt man nun Heinse's Ardinghello (Bd.
II, S. 13. Lemgo 1787) nach, so liest man: die Schule
von Athen „stellt im Grunde einen Streit vor, nämlich
den Sieg der Aristotelischen Philosophie über
die Platonische, wie die triumphirenden und wider
legten Gesichter zeigen." Und so hat Heinse nicht etwa
aus Versehen geschrieben. In der Anmerkung rechtfertigt
er diese Deutung: Ulatonioi artifices disserendi, non
interpretes naturae aut doctores sapientiae. Heinse er
scheinen die Gruppen des Vordergrundes, die Vertreter
der empirischen Wissenschaften, als die Helden der Dar
stellung, seine Auffassung ist der gangbaren, welche in
Plato die Hauptperson des Bildes erblickt, durchaus ent
gegengesetzt, und nun soll nach Herrn Herman Grimm
Heinse in der Schule von Athen Plato's Sieg geschaut
haben! Diese neue Probe gründlicher Forschung und
gewissenhafter Quellenbenutzung steht in vollem Einklang
mit Herrn Grimm's sonstigem Verfahren, den ihm ge
machten Vorwurf eines unzuverlässigen Arbeiters von sich
abzuwehren. Am liebsten leugnet er den Thatbestand, so
offenkundig derselbe auch jedem, der sein Buch mit meiner
Kritik vergleicht, sein muß, rundweg ab; wo das nicht an
geht, verdreht er ihn, und ist auch dieses nicht möglich, so
stellt er seinen Irrthum als etwas unendlich Harmloses
und Unschuldiges dar, woran nur gehässige Bosheit An
stoß nehmen kann.
Herrn Herman Grimm wird z. B. nachgewiesen, daß
er eine Zeichnung zwar ausführlich, aber ganz falsch be
schreibt, von Köpfen spricht, wo nur ein Kopf vorhanden
ist. Was liegt daran? Er hat eben „die Fiction einer
vollendeten Zeichnung" gehabt. Ihm wird vorgehalten,
daß er ruhmredig eine Entdeckung als sein Verdienst
ausposaunt, die schon Rumohr gemacht hat. Wozu der
Lärm? Das ist eine einfache Vergeßlichkeit, überdieß
auch ganz gleichgiltig. Wenn eine Stelle aus Albertini
angezogen wird, um gegen Herrn Herman Grimm zu be
weisen, erstens, daß seine Behauptung, Raphael sei nicht
in die Reihe mehrerer im Vatican beschäftigter Künstler
eingetreten, auf einem Irrthum beruhe, zweitens, daß
seine Annahme (S. 175, Z. 14 v. u.), Raphael sei bereits
im März 1508 als ein Meister ersten Ranges in Rom
bekannt gewesen, falsch sei, so windet er sich so aus der
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