© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 37
aus :Deutsche Litteraturzeitung, Nr,48
1887 ( Nov.26, S. 1701-1702
/ Herman Grimm, Das Leben Raphaels. 2. Ausg. des 1. Bandes
u. Abschluss in i Bande. Berlin, Hertz, 18S6. XII u. 515 S. gr. 8°.
M. 9.
Die Besitzer des 1872 ausgegebenen umfangreichen
ersten Bandes von H. Grimms »Leben Raphaels« wer
den nicht wenig überrascht gewesen sein, als ihnen
nach vierzehn Jahren des Wartens von der Verlags
handlung eine »zweite Ausgabe« dieses ersten Bandes
mit einem »Abschluss« desselben zugesant wurde. Der
Vers. gesteht selbst in der Vorrede, dass er seinem Werke
nur »auf dem Titel zum Teil den Charakter einer
zweiten Auflage zuzusprechen genötigt« war. Offenbar
waren es innere Gründe: die Unmöglichkeit, an der
Hand von Vasaris Vita di Raffaello eine auch nur eini
germassen systematische Darstellung von Raphaels Wir
ken und Werken zu geben, welche den Vers. dahin
führte, den Plan seines ersten Bandes umzuändern und
das Buch in ganz neuer, knapperer Form erscheinen zu
lassen. Das vorliegende Werk besteht aus drei Teilen:
der erste gibt die Geschichte des »Ruhmes Raphaels«,
der zweite »Vasaris Vita di Raffaello« in den beiden
Texten von i55o und 1568 nebst der Uebersetzung der
letzteren, der dritte Teil behandelt »Raphael in seinen
Hauptwerken«. Die »kritische Behandlung« des ge-
sammten Materials wird, als zweite Hälfte der zu
leistenden Arbeit, in besonderer Publication unter dem
Titel »Ausführungen zum Leben Raphaels« »hoffentlich
vor Ende 1887 erscheinen«. Eine eingehende Kritik von
diesem neuesten Werke Gs. ist daher erst möglich, wenn
diese letzte Publication vorliegt. Bis dahin möge es
genügen, in Bezug auf den ersten und dritten Teil des
»Lebens Raphaels« die Frische des Vortrags, die Wärme
der Ueberzeugung, mit welcher die zu einem »Leben
Raphaels« zusammengereihten Aufsätze niedergeschrie
ben sind, ausdrücklich zu betonen. Wer, ohne Kritik
zu üben und zu verlangen, naiv den Ergüssen des
»persönlichen Gefühls« zu folgen im Stande ist, wird
daher vielseitigen Genuss von der Lektüre des Buches
haben. Aber auch die, welche das Buch zum Studium
durcharbeiten, werden mancherlei Anregung durch das
selbe erhalten, wenn die Anschauungen des Verfs. auch
sehr häufig einer abweichenden oder gar entgegenge
setzten Ueberzeugung des Lesers begegnen könnten.
Berlin. Bode.