- - *f :; {
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 30
Literarische Notizen.
317
trifft den Verfasser der Vorwurf, daß er das
Dogma: „Luther ist der Schöpfer unserer Gemein
sprache, und die Geschichte dieser Gemeinsprache
ist eben die Geschichte des lutherischen Deutsch"
zur Grundlage seiner Darstellung macht, ohne
ihm die noch immer fehlenden wissenschaftlichen
Stützen gegeben zu haben. So läßt er denn
durchgehends die Sprache der hervorragenden
Dichter und Schriftsteller des 16. und 11. Jahr
hundertsunberücksichtigt, und ebensowenig gönnt
er der officiellen Kanzleisprache von Luther ab
diejenige Aufmerksamkeit, die sie bis ins vorige
Jahrhundert hinein verdient. Von Lessing, den
der Titel nennt, ist in dem Werkchen nirgends
die Rede.
v. Geschichte der Niederländischen Litte
ratur. Mit Benutzung der hinterlassenen
Arbeit von Ferd. von Hellwald verfaßt und
durch Proben veranschaulicht von L. Schneider
(Geschichte der Weltliteratur in Einzeldar
stellungen, Bd. IX). Leipzig, Wilh. Friedrich.
Was diese bis auf die allerjllngste Gegen
wart führende Darstellung der niederländischen
Literaturgeschichte vor den meisten andern Werken
der Sammlung, in der sie erscheint, auszeichnet,
das ist der größere Respect vor der Wissenschaft
und die wirkliche Vertrautheit mit deu Resul
taten der gelehrten Forschung, welche die Ver
fasserin bekundet. Frau Lina Schneider, die uns ! meers bis zu den Canarischen Inseln) beginnt
bereits (unter dem Pseudonym Wilhelm Berg)! mit dem dritten Jahrtausend und schließt mit
die Geschichte der Niederländischen Literatur von der Mitte des zweiten. Dies Resultat verdankt
Jonckbloet übersetzt hat und der unstreitig derj man der (bereits von einem Geistesverwandten
Löwenantheil andern vorliegenden, fast900Seiten ! des Vers. gewonnenen) Erkenntniß, daß das
starken Bande gehört, besitzt in der That eine ^Griechische sich aus dem Scythischen entwickelt
umfassende Belesenheit und schöpft überall aus hat: da nun aber Keltisch ebenfalls Scythisch
den Quellen, mag sie auch da, wo sprachliche und ist, bietet das Irische ein Haupthülfsmittel zum
philologische Fragen eintreten, zuweilen Un- Verständniß des Homer. Selbst nach diesen
,sicherhcit an den'Tag legen. Freilich wirkt die Prämissen wirkt noch Manches, was in der Schrift
Fülle der Namen und Büchertitel, die Masse der vorkommt, verblüffend (z. B. daß Eumäos der
Literatur über die Literatur, deren Besprechung Begründer einer astronomischen Station aus
etwas bequem und nachlässig in den Text ver- Gomera war). Liebhabern literarischer Curiosi-
woben wird, oft geradezu verwirrend, und wir täten kann also dieses Buch bestens empfohlen
werden.
yn. Sammlung ausgewählter Biogra-
Lyrik und die lyrischen Partien im EpoS und
Drama allzusehr bevorzugen, während der Roman
und der Kern des Dramas unberücksichtigt
bleiben. Aber auch sonst ist die Bertheilung etwas
ungleichmäßig, und nach dem mit großer Wärme
geschriebenen und mit Nebersetzungeu reich aus
gestatteten Capitel über Vondel haben wir im
folgenden ein paar charakteristische Proben aus
Cats, der doch eine eminent holländische Erscheinung
genannt werden muß, wirklich vermißt,
y n. Die Mythen- und Sagen-Kreise im
Homerischen Schiffer-Epos, genannt
Odyssee, desgleichen der Ilias, wie auch der
Argonautensage, zeitgeschichtlich, naturwissen
schaftlich und sprachlich beurtheilt und er
läutert von Fr. Soltau. Berlin, I.A. Star-
gardt. 1687.
Wer etwa glaubte, daß gewisse Auslegungen
der Odyssee, namentlich die Krichenbauer's (nach
welchem sie eine Nmschiffnng Afrika's enthält) an
Verkehrtheit nicht überboten werden können, wird
hier eines Andern belehrt. Nach dem Verfasser
sind in der Odyssee zwei Schauplätze örtlich und
zeitlich auseinanderzuhalten. Die Handlung des
ersten auf dem südindischen Ocean bis zum Süd
polarlande sich erstreckenden, reicht vom siebenten
Jahrtausend vor Christus bis zum Anfang des
dritten; die des zweiten (Ostseite des Mittel-
möchtcn der gelehrten Verfasserin die wohlge
meinte Frage vorlegen, ob sie mit einer so um
fänglichen und sich oft im Detail verlierenden
Darstellung wirklich den rechten Weg betreten
hat, ihren ehrlichen und warmen Enthusiasmus
für die Sprache, Dichtung und Wissenschaft des
stammverwandten Nachbarvolkes auch weiteren
Kreisen zu vermitteln. Unserer Meinung nach
dürfte sich z. B. in einem Werke von den Ab
sichten des ihrigen die Geschichte und Charak
teristik der altniederländischen Dichtung in einem
einzigen Capitel abthun lassen: ein deutscher
Literarhistoriker würde es kaun: riskireu, die
Literatur des deutschen Mittelalters seinen Lesern
in solcher Vollständigkeit vorzuführen. Und da es
der Verfasserin ganz gewiß nicht an sicherm Ge
fühl für das poetisch Werthvolle und an histori
schem Verständniß für die HLhenpuukte der Ent
wicklung fehlt, so würde ihre Darstellung durch
eine derartige Beschränkung entschieden gewonnen
haben: so nimmt sie zuweilen die lose und be
hagliche Form eines Literaturreferats an.
Gegen die zahlreich eingeschalteten und meist
phicn Vasari's. Zum Gebrauche bei Vor
lesungen. Herausgegeben von Carl Frey.
Berlin, Wilhelm Hertz. >884—1887.
I. Vita di Donato, Scultore Fiorentino,
scritta da Giorgio Vasari. 1884.
II. Le Vite di Michelangelo Buonarroti,
scritte da Giorgio Vasari e da Ascanio
Condivi con aggiunte e note. 1887.
III. Vita di Lorenzo Ghiberti, Scultore
Fiorentino, scritta da Giorgio Vasari con i
Commentarj di Lorenzo Ghiberti e con
aggiunte e note. 1886.
IV. Le Vite di Filippo Brunelleschi, Scul
tore e Architetto Fiorentino, scritte da
Giorgio Vasari e da Anonimo Autore con
aggiunte, documenti e note. 1887
Beim Studium der Neueren Kunstgeschichte
sind zwei Wege einzuschlagen: entweder man hat die
Absicht, sich für die Beamtenlaufbahn an öffentlichen
Sammlungen auszubilden, oder man nimmt Kunst
historie als eine der verschiedenen Wissenschaften,
wohlgelungenen Üebersetzungsproben läßt sich die dem Historiker im Allgemeinen unentbehrlich
der Einwurf erheben, daß sie naturgemäß die j sind. Der zukünftige Museumsbeamte wird gut