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Ergriffen hätt' er's gern, von da hinab
Als die Geliebte. — Horch! da rauscht es wieder!
Weit hinter die Gebirge niederwärts
Ein Thier? kein Thier! —Es wandelt durch die Stämme,
Gesehn, was da geschähe; doch empfand er",
Sein Herz erstickt — war sie's? war's eine And're,
Als wär' es da nicht anders. — Horch, da rauscht es
Ihr ähnlich? — Nein! sie ging, langsam, betrübt
Ganz nah! Es kam ein Reh; schlank setzt' es über
Hin durch die dunkeln Stämme, sah zu Boden,
Den Boden hin und stand, und beide blickten
Sah auf, sah ihn und stockte. Rufen wollt' er,
Sich an. Von denen kein's, mit denen ehmals
Er konnt' es nicht, weil ihm-der Laut versagte,
Er so vertraut gewesen; denn es scheute
Den Arm nicht heben, weil sie's schrecken könnte.
Zurück, als er die Hand entgegenstreckte,
Er sah sie an, sie ihn; sie lehnte sanft
Es kam nicht. Und er rief, er sprang empor
An eine Zeder sich; es floß ihr Haar
Und auf es zu; da eilt' es von ihm. — Thränen
Lang über ihre Schultern; lange stand sie
Entfloßen seinen Wimpern: er gedachte
So da, dann einen Schritt zu ihm, noch einen —
Der strafenden Gestalt und ihrer Worte,
Und wieder Furcht! — Da warf er alle Schmerzen
Die aus dem Paradies ihn fortgewiesen.
Von sich, sprang aus und ihr entgegen; sie,
Allein stand er. Fremd war ihm Alles; Alles
Mit einem Todesschrei zur Flucht sich wendend,
Floh, wenn er näher kam — wo war sein Weib,
Eilt' durch das Dickicht, wie durch Dorn und Gräser
Das er verstoßen? Noch den Zorn im Busen
Sich eine Schlange windet; aber er,
Rief er doch unwillkürlich — langsam sterbend
Hintaumelnd, fiel, und ihm im Herzen war eö
Gab ihm das Echo ihren Namen wieder,
Wie Feuer, das sich nicht befreien sonnte.
Sie aber nicht. Nun ward der Zorn zur Wuth,
Geh'n konnt' er nicht, so schlich er auf den Knien,
Daß ste ihm nicht gehorchte; donnernd ließ er
Wie in der Nacht sein Weib. Und lichter wurden
Die Stimme lauter schallen, donnernd warf sie
Die Bäume, eine grüne, blumenbunte
Der Widerhall zurück. Er rief und rief,
Eb'ne that sich ihm auf. Da stand sie ferne
Und aus der Wuth ward Wunsch, ihr zu verzeih'n,
Mitten darin, und er sich vorwärts windend
llnd aus dem Wunsche Sehnsucht, die heranwuchs
Hob tausendmal das Haupt, um zu gewahren,
Zu brennendem Verlangen. — Welche Richtung,
Wie weit zu ihr noch wäre. Aber wieder
In der er sie verloren? — Ueber Felsen
Ein Schrei, und wilde Flucht, und Einsamkeit
Klomm er, durch Bäche watet' er, durch Wiesen
Um ihn, und dann Verzweiflung.
Und Dickicht riß er sich hindurch, laut rufend
Schlummer drückte
Den Namen seines Weibes, das er liebte.
Ihm seine Augen zu, entführte zögernd
Der Tag stieg an. Die Sonne brannte glühend;
All die Gedanken, und die Blumen nickten,
Verschmachtend dacht' er nicht daran zu trinken,
In die sein Haupt hinabsank, und die Träume
Nur sie zu finden. Immer drückender
Schenkten mildthätig trügerisch noch einmal
Ward ihm die Einsamkeit und immer stärker
Ihm die verlorne Heimath und die Unschuld. —
Die Angst, daß er sie nicht mehr wiederfände.
Lang lag er da, tief athmend. Sieh, da nahte
Da riß ein Stein den Fuß ihm auf, er dennoch
Sich die Verstoßne dennoch, vorgebeugt
Vorwärts. Er sah das Blut: nie sah er's fließen,
Den schönen Hals, und ihre thränenfeuchten
Doch seine Sehnsucht tödtete Verwund'rung
Wimpern halb niedersenkend auf die Augen,
Und Schrecken; aber Schwachheit legt' ihn endlich
Die rings umher nach ihrem Gatten suchten.
In Fesseln, er sank nieder. Hingeworfen
Sie naht sich; sie entdeckt ihn. Aus den Spitzen
Am Rande eines Zedernwaldes schaut' er
Der Füße kam ste näher, legt' die Finger
Umher nach ihr, und weil die Stimme nicht mehr
Behutsam auf die Lippen, kreuzt' die Arme
R Gehorchte, flüstert' er den Namen leise.
So ängstlich, strich das Haar von ihren Schultern
■ \ Er dachte seines Glückes: — gern verloren
Und Brüsten, daß es in den Nacken rollte,
1 Gab er das Alles, wenn er sie besäße.
Und seufzte. Furcht und Sehnsucht stritten wechselnd
1 Er dachte, wie sie ihm den Apfel reichte:
Um ihre Seele. — Nur ihn seh'n! — Fast lag er
> \ Zum zweitenmale wollt' er aus den Händen
Verdeckt von Gras und Blumen. — Nur ihn sehn!
> Ihn nehmen, wenn es ihre Hände wären.
Und leise drückte sie mit ihren Sohlen
1 \ Er dachte, wie er sie hinweggeschleudert,
Die schlanken Halme nieder, ihre Arme
Und schlug sich vor die Stirn, als hält' er nichts
Halb ausgebreitet, wie aus Furcht zur Abwehr,
1 Besessen, als sie einzig, nichts verloren,
M \
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Und doch aus Sehnsucht, ihn an's Herz zu schließen.
J