Full text: Zeitungsausschnitte über Ludwig Emil Grimm

Seite 150 -AKZAAsZZZAGHssZZ-AsHH-KsHÄ Unsere Heimat OGtzHGOE-HtztzDHDGOtzZGGHtzODtz Nr. 17/18 
Nr. 17/18 AGGssSZ 
Unsere 
Heimat c-OH-tztzOHHtzEGtztztzEtztzGEOOOGE Seite 151 
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Z 7 
text ist gewesen Psalm 73 Vers 28 „Dber das ist meine 
Freude, daß ich mich zu Gott halte und meine Zuver 
sicht setze auf den Herrn, daß ich verkündige all dein 
Tun." 
Ioh. Daniel Dichter macht dann noch fol 
gende Aufzeichnung über seine Familie: 
Mein Großvater von Vater her ist gewesen Johann 
Jacob Dichter aus Ziegen bürtig, Großmutter Buna 
Margaretha, eine geborene Deiffschneiderin — und 
ist Hofprediger zu Birstein gewesen. 
Der Großvater gewesen von der Mutter her T a r l 
(Dtto 3 a c c b i, Bmtskeller über die ganze Dber- 
grafschaft Hanau, in Zteinau gewohnt, die Groß 
mutter Dnna Maria, weiland des wolehrwürdigen 
Johann Dndreas Textor's, gewesenen Predigers zu 
Bergen im hanauischen, eheliche Tochter. 
Mein Vater ist gewesen Johann Engelberth 
Dichter, welcher als Prediger in 5 ch l ü ch t e r n ge 
standen und allda entschlafen. Die Mutter Zusanna 
* Das Klo ft er in 
von w. 
4. X>ie Legende vom pmradtesgarlen 
"*7^ls der Bruder Müller nach dem Mittagsmahl 
zur Dlostermühle hinübertrottete und Tran, den 
ß Kettenhund lockte, gab das Tier, seiner Ge 
wohnheit entgegen, keine Dntwort, und als er ver 
wundert und schnaufend die Schüssel mit Brot und 
Suppe niederstellte, sah er den zottigen Leib krumm 
und steif im hintersten Winkel der Hütte liegen. 
Da fuhr er ein wenig erschrocken zurück und rief in 
Heller Erregung den einäugigen Bruder an, der auf 
dem zerbrochenen Mühlstein in der Sonnenhitze saß 
und Zücke flickte: „Bruder Jörg! Unser Tran ist tot! 
Der alte Mausefänger ist tot! puh — die Fliegen sind 
schon an ihm. Schaff' ihn fort! Tu' mir die Liebe 
an und schaff' ihn fort! Ich bin heute geweiht, Mehl 
für die heilige Hostie zu mahlen und darf nichts Totes 
anrühren, verscharre ihn schnell, daß er die Mühle 
nicht verunreinige!" 
Bruder Jörg legte Zack und Nadel beiseite und 
klapperte in seinen holzschuhen herbei. Er ging mit 
kurzen, vorsichtigen Schritten und hochgerecktem Dinn. 
Tin störrisches Dind hatte ihm einst das Buge ausge 
stoßen und der Brzt mit dem Glüheisen das andere 
halb verdorben, so daß die Finsternis um ihn täglich 
größer ward. Nun lief er immer noch, obwohl man 
ihn beim Vieh nicht mehr dulden wollte, in seinen 
Ztallschuhen umher, da man ihm keine anderen gab, 
dazu scheckig und abgetragen im Gewand wie ein 
Landfahrender, die Tunika aus lauter flicken zu 
sammengesetzt und ein Zchulterkleid von der alten 
Brt aus Bbt Wilhelms Zeiten. 
Der Müller verschwand, als er den Bruder willig 
sah, in der Türe. Der Einäugige bückte sich langsam 
zur Hütte nieder, befreite das Tier von der Dette, 
nahm es an die Brust, tastete es ab, und nachdem 
er sich überzeugt hatte, daß kein Leben mehr in ihm 
war, schleppte er es über den Hof fort, fest an sich 
gedrückt. 
Dls er zurückkam, hatte der Müller ein blendend 
weißes Tuch auf der Erde ausgebreitet und gesiebte 
und gewaschene Weizenkörner zum Trocknen darauf 
Maria, eine geb. Iacobin, die als Witwe zu Ztei 
nau gewöhnet und Michaelis l747ten Jahres allda 
entschlafen. 
Meiner Frau ihr Vater ist gewesen Johann Jacob 
Jüngst in Herborn, die Mutter Latharina, eine geb. 
Zpetin. Ihr Bruder, Namens Ioh. Justus Jüngst,, 
ist 1748, den 27. Juli als Gberconsistorialrat gestor 
ben. Ihres Vaters Brüder waren Herr Dr. Godfried 
Jüngst in Bremen und der Gonsistorialrat und Pfarrer 
Herr Johann Georg Jüngst in Hanau. Ihre noch 
lebenden Brüder sind Johann Georg Jüngst, Rats 
herr in Herborn und Godfried Jüngst, Pfarrer in 
Breitscheid. 
Diese Dufzeichnung, der noch der Leichtext, den 
sich Pfarrer Ioh. Daniel Dichter wünscht und die 
Lieder, die vor der Türe und auf dem weg gesungen 
werden sollen, beigefügt sind, datiert vom 6. Janu 
ar 1750. 
(Schluß folgt.) 
den Scg 1 ucg 1 en ★ 
praesent 
ausgebreitet. Er faß daneben auf dem alten Mühl 
stein. 
„wohin hast du ihn begraben?" 
„In die Friedhofsecke," sagte Bruder Jörg. 
Entsetzt streckte der andere wie zur Bbwehr die 
holzschaufel von sich: „heiliger Dndreas, steh' mir 
bei! wie konntest du das tun? Einen Hund in ge 
weihte Erde." 
„Weil man einen Hund nicht wie ein Zchindluder 
hinwegtun darf, Bruder Berthold." 
„warum nicht?" 
„Das kann ich dir sagen, wenn du es hören magst. 
Es ist die Geschichte vom paradiesgarten. Du kennst 
sie, wie sie der Bruder Tischleser uns vorliest. Ich 
weiß sie aber von meinem Dltvater in Nebelzell." 
Der Müller rückte ein wenig auf seinem Zitz zum 
Zeichen seines Einverständnisses. Da ließ sich Bruder 
Jörg nieder, nahm seine Drbeit zur Hand und begann 
nach kurzem Besinnen: 
„Gott der Herr pflanzte einen Garten in Eden 
gegen Morgen und ließ darin aufwachsen allerlei 
Draut, Gras und fruchtbare Bäume. Und alles Ge- 
pflänz war ohne Mangel und Schaden, schön, rein 
und vollkommen, weil Gott es gesät hatte durch sein 
Wort. Ziehe, du mußt diesen Weizen hier säubern für 
das heilige Brot —" 
„Dicht, nicht! Hände weg!" wehrte der Müller und 
schlug mit seiner Schaufel nach Bruder Jörgs harter 
Bauernhand. „Du bist unrein!" 
„— im Garten Gottes aber gab's kein Unkraut da 
zwischen. Der edle Weizen wuchs mannshoch empor, 
und seine Halme waren vom Erdboden an mit Dör 
nern besetzt. Die Bpfelbäume neigten sich unter ihrer 
Last so tief, daß sich die Weizenkolben in den roten 
glänzenden Backen der Depfel spiegelten wie in einem 
Spieglein. Birnen, Zwetschen, Pflaumen, Spillinge, 
Dirschen und Schlehen funkelten wie Darfunkelstein 
samt tausendfältigen andern Früchten, die in jedem 
Mond hervorkamen an seltsamen und mächtigen Bäu 
men, das Laub wie Zmaragd und die wurzeln von 
Gold. Bn ihren Stämmen schlangen sich die Deben 
der Weinstocks hinauf und trugen mehr Trauben denn 
Blatter. Die Haselnüsse lagen in^ milden■ 
und kein Wurmlein saß innen. Disteln, Vorner und 
Stacheln wurden nicht gesehen, kein Blattle n f, 
berab kein; wurde dürr und faul. Buch Hatte öci 
Teufel noch nicht die Blätter des Tichb-ums und and- 
rer auter Bäume angenagt und zerbissen. Jod Ge- 
wäck^ blühte und trug seine Früchte zur selben Sech 
und ob diese in Rnsehn und Form mnre . 
x ns f, rvtvYTp stein— so waren sie nur göttliche Draft 
und hatten einen lieblichen Geschmack und Geruch, 
S? Silk in der Welt zu vergleichen,' denn sie 
schmeckten und rochen nach der ^Men vreifaltig- 
keit Die schönen Blumen würzten d e Luft und leuch 
teten zahllos wie die Sterne an jedem Halm und 
Zweiglein unverwelklich, weil der ganze Segen Gottes 
"°Im Garten febten allerlei Tier- in Zried-n miteiu- 
anL und keines mißgönnte dem 
^nheit Deines war wund oder bresthast, keines 
fraß da andere auf. Bienen, Hornissen und Wespen 
oaen fröhlich ohne Stachel, Bremsen und Fl,-gen 
oaen kein Blut. vi- Kröten, Molch«, Skorpione und 
Smnnen schwitzten kein Gift aus und die Schnecken 
,r»7en edcliteinerne Häuslein. Die starken Löwen 
pielten mit Ln Rehen und Hasen, und die gewaltigen 
Rdl-r ickwanaen sich mit Taube und Lerckse m d e 
£ U Heerscharen bunter Vögel, schöner denn d.e 
Blutsinken - welche- die schönsten unsere- Landes 
sind ^ schwirrten und sauge» >m Laub zur Ehre 
Gottes' auch der Rabe hatte -ine Krause S imm- und 
der ^SÜerlinq feine, karmesinfarbene Federin vie 
Roke gesellte sich dem Mäuslein ohne fälscht das 
fromme Lamm' wohnte b-i,d-m Wolfe, ver Maul- 
wurf hatte sein Wesen am Tage, war sehend wie all- 
andern Tier- und lustig ,n seinem wechen pelz vi- 
säuberlichen Hirsche sprangen umher »nt goldenen 
Klauen und silbernem Gehörn, In den Bachen, klar 
wie Kristall, schwammen die Zisch- und lobten Sott 
in ihrer Sprache. Ver Krebs hatte einen wohlgezi-r- 
t-n Leib und kroch nicht hinter sich w>- m unseren 
ssnaen. Kurz, alle Kreatur lebt« IN der h-rrkchkeit 
Gottes unvermenget; aber heut- ist nichts, da nicht 
Gutes und Böses innen ist, Lngel und Teufel aus- 
geiwmmen. ma! ebeii, wie das feiste Land 
weit unten an unserm Flusse sein soll, und ohne die 
beschwerlichen Berge, der Himmel darüber blau wie 
köttlickes Glas ohne Sturm, Blitz., vonn-i und Wol 
ken Regen Hagel und Schnee. Des Nacht- ging 
ein'Nebel auf von der Erde und feuchtete alles 
Land Dn jedem Tag kam die Sonne, die Domgm 
der Sterne mit Freuden und Springen hervor, und 
um die Sext stand sie sanft und freundlich ohne Glut 
^'^Brude^ Berthold wischte sich mit dem Bermel die 
schweißige Stirne, seufzte und schaufelte seine Dörner 
E'und Gott setzte Ddam, den Menschen, den er ge- 
niackt hatte, in den Garten, gebot ihm, ihn zu be 
wahren und sich von seinen Früchten ZU nähren; aber 
von dem Baume mitten im Karten solle er Nicht 
essen. Danach schuf er ihm sein Weib Eva. Und sie 
lebten Zusammen im Paradies nach Gottes willen 
Leiber glänzten in Reinheit und Seligkeit, ihre Bugen 
und Wimpern schimmerten wie Silber, und alles an 
ihnen war ohne Makel und Fehl. Sie aßen von den 
Früchten, die Gott ihnen ausersehen, aber nicht nach 
unserer weise. Sie gingen umher, lauschten und schau 
ten sich um und wunderten sich an jedem Tage 
über die Maßen,' denn ihnen war alles neu, und 
Wunder und Schönheit der Dinge wurden ihnen nicht 
gemein. Sie hatten ihr Spiel mit den Tieren, riefen 
sie mit Damen und streichelten und herzten sie. Die 
Tiere waren ohne Scheu, Bosheit und Gewalt, ver 
standen die Sprache der Menschen, kamen herzu 
und dienten ihnen. 
Unter allen hing ihnen der Hund am getreuesten 
an, lief ihnen nach hierhin und dorthin, ergötzte sie 
durch muntere Sprünge, wedelte mit dem Schweif und 
wälzte sich vor Freuden, wenn sie ihm ein gut wört- 
lein gaben. Des Nachts schlief er zu ihren Füßen. 
So war er ihnen freund lange Zeit, und sie hatten 
keinen lieberen Gesellen. 
Bn dem Tage, da Eva, wie du weißt, unter dem 
verbotenen Baume stand, überkam die Tiere eine 
sonderliche Unruhe, ihr Jauchzen verstummte, und 
sie verbargen sich. Der Hund allein war ihr zur 
Seite und schaute sie mit klugen Bugen gar beküm 
mert an. Er stieß sie mit seiner Schnauze wider das 
Dnie und gedachte sie so in Gutem hinweg zu drän 
gen. Bls es ihm nicht geriet, rannte er vor ihr die 
Dreuz und Ouer, daß ihm die Ohren flogen, bellte 
und dräute auch zu dem Baume hinauf, wie er 
Heute noch vor allem Bösen warnt; aber Eva ver 
nahm nur das Flüstern und Locken der falschen, glei 
ßenden Schlange. Die böse Lust überwältigte sie, und 
sie griff endlich nach der Frucht, brach sie und aß." 
„Türe des Teufels", knurrte Bruder Berthold und 
schaufelte seine Dörner um. 
„Des freute sich die Schlange, schloff aus dem Geäst 
und zischte greulich dem Hund entgegen, der schnappte 
und zerbiß ihr die Zunge, daß sie hinfort stumm blieb. 
Eva war aber schon hinweg geeilt zu ihrem Manne 
und gab ihm von der Frucht, und soviel ihn auch 
der Hund umsprang und mit lauter Stimme mahnte, 
es nicht zu tun, er nahm und aß auch davon. Das 
Weib hatte seinen Bissen geschwind verschluckt,' ihm 
aber blieb der Griebs in der Dehle stecken für alle 
Zeit..." 
Bruder Jörg wies mit der Nadel nach seinen ha 
geren, braunen halse und schluckte dabei. 
„Darüber ließ er das Dänftlein ins Gras fallen, 
und der lüsterne Schmetterling naschte davon und muß 
zur Strafe unstet und taumelig fliegen vor allen 
Tieren in der Luft. Und Mann und Weib wurden 
inne, daß sie nacket waren. Sie machten sich einen 
Schurz von Feigenblättern und versteckten sich vor 
Bngst und Scham, und der Hund verharrte traurig 
vor dem Gesträuch. Bls nun am Bbend Gott der Herr 
den Menschen rief und Ddam keilte Dntwort gab, 
zeigte er in gutem willen an, wo sie ihr versteck! 
hatten. Ddam suchte ihn darob zu vertreiben, aber je 
mehr er ihn scheuchte, umso Heller und freudiger ward 
sein Gebell. Da erhob sich in Ddam die Galle, die 
ihm von der Speise gewachsen, und lief zum herzen 
und erregte den Zorn, und er nahm einen Stein, von 
dem Teufel ihm hingelegt, und warf nach dem Hunde 
und traf ihn also hart, daß das Blut aus seiner
	        

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