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ßen die Präsenzstärke des Bundesheers auch nach dem 31 Dec. 1871 auf
dem bisherigen Stand erhalten könnte, wenn auch BmrdeSrath und Reichs-
lag es anders wollen. Dem gegenüber führt Redner aus der Entstehungs
geschichte dieses Artikels au- daß daS darin enthaltene sogenannte Veto
der Krone Preußen gegen Aenderung bestehender Militäreinrichtungen
nichts anderes sei als das jeder konstitutionellen Regierung, auch der baye
rischen, zustehende Recht zu hindern daß Beschlüsse der Volksvertretung
Gesetzeskraft erhalten, solange die Regierung nicht damit einverstanden
ist; nun und nimmermehr aber könne durch ei» solches Veto ein Zustand
-er nicht besteht geschaffen, folgerichtig auch nicht durch das Veto ein
mit dem 31 Dec. 1871 gesetzlich endender Zustand auf weiter hinaus
verlängert werden. Diese Verlängerung sei legal nur durch ein neues
Gesetz möglich, wozu Uebereinstimmung zwischen BundeSrath und Reichstag
erforderlich ist. Diese Uebereinstimmung könne die Krone Preußen durch ihr
Veto vielleicht verhindern, dann aber würde es eben an jeder gesetzlichen Be
stimmung über die Präsenzstärke nach 31 December 1871 fehle». Nu»
hänge» die Gegner sich freiwillig an den Art. 61, gemäß welchem die 225
Thaler auch nach dem 31 Dec. 1671 in die Bunde-caffe fortbezahlt wer
den müsien (ein Artikel der für Bayern gemäß dem Vertrag »icht gelte);
daS sei richtig, aber ausgegeben werden dürfen sie nicht ohue Gesetz. Redner
kommt auf die hier vertragsmäßig für Bayern bedungene AuSnahmsbe-
ftimmung, deren allerdings ungeschickte Fassung jedenfalls Bayern vur
verpflichte die bundesgesetzlich festgestellte Mannschastsstä'ke »ach den ge
setzlichen Forderungen des Bunde- auszubilden und auszurüsten. Sollte
nun aber einmal durch oben erwähntes Veto Preußens ein Etat«Gesetz
über die Präsenzstärke nicht zu Stande kommen, so sei Bayern von Seite
de- Bunde- dann eben durch nichts gebnnden, und die Rechte der bayeri
schen Landtags bezüglich des Militärwesens würden in einem solchen Fall
wieder denselben Umfang haben wie jetzt; dai folge aus derselben in dem
Vertrag ausdrücklich zugestandenen Befugniß die Specialrtats für daS
bayerische Heer festzustellen, allerdings innerhalb der Rahmen- deö Bun
desetats: gäbe eS aber einmal keinen BundeSstat, so stelle der bayerische
Landtag die SpeeialetatS eben ganz »ach eigenem Ermessen im Beneh
men mit der bayerischen Regierung fest. Dem Einwand daß für die Com-
petenz des bayerischen Landtag- blutwenig übrigbleibe, daß derselbe
zur Unbedeutendheit berabgedrückt würde, begegnet Redner durch
Hinweisung theilt auf die viele« wichtigen Gegenstände die dem
bayerischen Landtag immer noch ausschließlich verbleiben, theils auf
die ziemlich beträchtliche Zahl von Gegenständen, bei deren gesetzlicher
Regelung schon bisher der bayerische Landtag an-Rücksichten des Verkehrs
noleus volens dernorddeutschen Gesetzgebung sich habe anbequemen müssen,
wo also sein formales Zustimmungsrecht reell doch werthlos gewesen. Fer
ner behaupten aber die Gegner große Furcht vor dem Art. 78 zu haben.
Welcher Veränderungen der Bundesverfassung, wenn auch unter sehr er
schwerenden Bedingungen, zulasse, und diese Veränderungen, meinen sie,
Würden eben mit der Zeit auch Bayern- Stellung im Bund zu seinen Un
gunsten ändern. Aber jene Bedingungen (45 Stimmen de- Bundes von
59 müssen zustimmen) seien so schwer, daß Veränderungen in dem Sinne
wie sie der Reichstag wünschen werde, Veränderungen also durch welche
die Einheit des Bundes auf Kosten der Einzelstaaten gestärkt würde, nur
in äußerst seltenen Fällen zu Stande kommen wtzrden. Keiner weist dar
auf hin daß gerade die sächsischen Particularisten Bayerns Eintritt in den
Bund längst schon ersehnt, daß die andern süddeutschen Staaten Bayern
ebenfalls schwer vermissen würden, wenn es draußen bliebe, und daß gerade
diese Staaten am eifrigsten daran gehen würden Bayern dann durch
Kündigung' de- Zollverems Daumenschrauben anzulegen — ein Beweis,
welche Stärkung eben das particularistische oder föderalistische Element
im Bund von Bayern erwarte, und welcbes große Gewicht Bayern
im Bund haben würde. Auf die Frage der andeblich vorstehenden
Steuererhöhung übergehend — welche wohl mit der neulich so eifrig be
theuerten FreihntSliebe der Vertragsgegner im engsten Causalzusammen»
hang stehe — bemerkt Redner daß Kolb in seiner Denkschrift von einer
Menge falscher oder willkürlicher, von Vorrednern schon sattsam beleuch
teter Annahmen ausgehe; speciell weist er daS an dem von Kolb in der
Note auf Seite 95 de« Jörg'schen Referate- ausgeführten Ziffern nach, die
»ach den avrtlichen Tabellen ganz falsch oder tendenziös lückenhaft von
ihm angeführt seien. Die 146 Procent Steuererhöhung welche Kolb mit
lolchen Mitteln für den Fall deS Beitritt- Bayer»- zum Bund ausgerech
net habe, seien natürlich von den Gegner» fteudigst zu agitatorischen Zwe
cken benützt worden: von den 80 Procent Steuererhöhung aber, die jeden
falls in sicherer Aussicht stehen wen» Bayern dem Bunde ferne bleibe,
davon schweigen die Agitatoren ganz still. (Schluß de« Berichts im näch
sten Hauptblatt.)
Telegraphische Berichte.
* Darmstadt, 16 Jan. Die „Darmst. Ztg." bringt folgende-
Telegramm an den Großherzog: „Orleans, 15 Ja»., 10*/* Uhr Vor
mittags. Ein vorgeschobenes Detaschement des Generals v. Rantzau,
welche- gestern bei Briare von einer feindlichen Division in der Front, in
der linken Flanke und im Rücken gleichzeitig angegriffen wurde, hat sich
mit großer Tapferkeit nach Gien durchgeschlagen und dabei 1 Osficier und
6 Mann zu Gefangenen gemacht. Diesseits Major Hoop todt, Lieutenant
Weinrar verwundet, 30 bis 40 Mann Todte und Verwundete. Prirrx
Ludwig."
* Loudo«, 16 Jan. Me „Times" meldet aus Versailles vom
16 Jaa.: Heute gegen 3 Uhr Morgens haben Ausfälle von Vondy
und GroSlah aus stattgefunden. Die Franzosen griffen die Sachsen an und
rückten gegen den Mont Avron vor. Ein anderer Ausfall war gegen Le
Bourget gerichtet. Beide Ausfülle, obwohl unter Deckung einer heftigen
Kanonade aus den Forts unternommen, wurden zurückgewiesen. — Die
Einberufung deS Parlaments ist auf den 9 Februar festgesetzt. — Die
„Times" meldet: Die französische Regierung habe beschlossen die fran
zösische Bank solle Noten mit Zwaugscuis gegen Sicherstellung auf die
Staatsforsten ausgeben.
* Berit», 16 Jan. Schlußcurse: Bayer. 6proc. Aul. v. 1870 86%;
4%proe. Aul. $1%; 4pr»c.Präm.-Aul. 106%; bad. Präm.-Rnl. 106%: 4%proe.
Preuß. Aul. 90 %; 1868er Amerikau« 85%: österr. Silberreute 56; Papierrente
47%; öfter*. L. ». 1860 77%; v. 1864 65%: Creditacnen 135%; Lombarde»
101>%; lsterr.-franz. StaatSLahn 205%; Priorität«! 376; Galizier 89; ttal. Aul.
547/,; Türke« 417/,; Tchatzanweismrge, 97%, Wechsel: Wteu 80%. Teudeuz:
matt.
* Berli», 16 Jan. Schlußcurse: Creditactien 1356/,; StaatSbabnactien
205%; Lombarden 101%; Galizier 99%; 1862er Amerikaner 95?/,; BundeS--
auleihe 96%; Rumäui«51%; Soulh-Miffouri64%; Rockford 57%; Peniufular
68. Tendenz: still.
* Berlin, 16 Jan. Productenmarkt. Roggen lauf. Monat 52%,
per Februar-März 52%, per April-Mai 53%, per Mai-Juni 53%. Tendenz;
fest. — Weizen lauf. Mon. 75. per April-Mai 76% Tendenz: fest. — Rüböl
lauf. Mon 28%, per April-Mai 28%^ per 100 Äilo. — Spiritus: loco eff.
16 Thlr. 11 Sgr., per Februar-März 1? Thlr. 1 Sgr., per April-Mai 17 Thlr»
13 Sgr., per Mai-Jum 17 Thlr. 16 Sgr.
£ Köln IS Jan. Productenmarkt. Weizen, eff. hiesiger 8% Thlr.,
fremder 7% Thlr., per März 7 Thlr. 25% Sgr., per Mai 7 Thlr. 27% Sgr.,
per Juni 8 Thlr. 1 Sgr. Teudeuz: fester. "— Roggen, eff. fremder 6% Thlr.,
per März 5 Thlr. 25% Sgr., per Mai 5 Thlr. 27% Sgr. Trudeuz: behauptet.
— Rüböl. eff. lGtyg Thlr., per Mai % 0 Thlr., per Oct. 14% Thlr. Teudeuz:
Preis haltend. — Leinöl, per 100 Pfd. 12 Thlr.
* Frankfurt a. M., 16 Jan. EröffmmgScurfe. Oesterr Treditactlm
238%; 1882er Amerikaner —: Staatöbahn &0%; Lombarden 177%; Silber-
reut* —; Elisabeth 2:0%. Matt.
* Frankfurt a. M., 16 Jan Schlußcurse. Bayer. 5proc. Aul. v. 1870
SG 13 A 6; 4 v^>rv«. Arü. 91%; 4pWc daher. Pram.-Anl. 1 6%; 4%proc. dayer.
Osibahu 123%; «eue Emissio» —; mit 15 Proc. Einzahl. —; 4proc.
Alsenzhahn 85 % 4vroc. bad. Praru Aul. 106%; 1832er Ämcrikan« 95%;
österr. ©tlfcrerttue ö5%: Papierrnri» 47; 1860er L 77; 1364er L 114%;
Baukactie» 703 <£rtbttacti«t 238%; fiantiarbcu 177% österr. StaatSbahu 360;
Galizier 231; Elisabeth 209%: 5proc Prior. d. Franz-JosepYBah« 77; RudolfS-
bahs 73%: Ung. Ost'oahu 70 %; Zproe. Spauia 30%; Rapoleona 9.31%.
Wechsel: London 119; Wien 95%. Tendenz: matt.
* Frankfurt a. Vk.. 16 Jan. Abend-Effecteusocietäi. 1882« Amerika«,
95 %; Silberreute 55%; 1860« L —; Creditactien 238; Lombarden 177 %;
GtaatSbahu 859%; Galizier —; Elisabeth 209%; Spani« —; Türken —.
Tendenz: still.
* Wien. 16 Jan. Schlußcurse: SUbcrreute 67.70; Papierreute 56.30;
1860« L. 94 90; 1364« 119 30; Baukactieu 742; Lreditaetten 360; Staats-
bahn 380; Rudolf 161.75: Prior. SO; Frauz-Jsfeph 389.75; Prior. 94;
Fraveo-Austrian 99 80; Luglo-Austriau 202 50; Lombardeu 167.30; Napoleons
9 96; Galizi« 243; Elisabeth 219.50. Wechsel: Augsburg 108,49; Frankfurt
103.70 ; Loudou 124.20. Tendenz: Fest.
• Wien, 16 Jan. Abcud-Privatvockehr. Creditactien 249.40; 1860er L 91.60;
1664« L. 119; StaatSbahu 378; Lombarden 186.40; Papterrrut« 5830,
Napoleon« 9.96; Franko-Austri« 99.50; Auglo-Austria» 200.70. Matt.
^ Wien, 16 Jav. Productenmarkt. Für prompten Weizen fand heute
gute Nachfrage statt. Gerste nach Eröffnung der Schifffahrt lieferbar, in große»
Quautttäteu für da« Aaslaud verkauft. Für Haf« guter Eoufumabfatz, fast 5.10
bis 5.15. Bohaen, weiße Waare, für Auslaud 1000 Zollceutuer zu 5.50 bi»
5.55 verkauft. Roggcu unverändert.
t Antwerpen. 14 Jan. Petroleum.Markt. Petroleum loco 59%,
per Januar 60, p« Februar 50, per März 49, per April 43%.
K Amsterdam, 16 Jau. Prodnctenbörfe. Roggen p« März 201 st.,
p« Mai 205 fl., p« Octob« 205% fl. per 2100 Kilo. — Galatz-Roggen 206.
Petersburg« 304, p« März 201, p« Mai 206, p« Oct. 210. — Rübfame»
per April 91% p« Oct. 80. — Rüböl eff. 50, p« Mai 4^ p« Oct. 44%
per Hektoliter.
t London. 16 Jan. Börse. 3proc. ConsolS 92%; öprcc. Türken 42%;
1882« Amerika«« 90%; üprvc. Italien« 54%; Lombarden 15 y 8 1 3proc. Spa
nier 297/j.
L New'Bork, 14 Jan. P« Kabel. Gold, Schlvßcnrs 1103,^: Wechsel
p« London 109%; 1862« Bond« 109%; 1885« Bond« 109; Erie.Eisenbahn-
Vctirn 22; Illinois 138%; Baumwolle 15%; Petroleum 85.
* Stew-Bork, 14 Ja». Goldagio 110%: Wechsel auf London 109%;
1882« Bond« 109%; I88b« 109; 1904« 107%; Baumwolle 16%; Petro
leum in Philadelphia"^ %
Um Fust de- Schiern.
* Schon war der Blumenflor des Frühlings im Thal und aus den
Höhen verblichen, und noch immer glänzten der Rosenhügel und die Kuppe
des Schiern in dem Hetmelittgewande das König Winters Knappen üb«