Full text: [Rezension:] Berthold des Franziskaners deutsche Predigten aus der zweyten Hälfte des dreyzehnten Jahrhunderts (..), hrsg. von Christian Friedrich Kling. Mit einem Vorwort von Dr. A. Neander. Berlin 1824

XXXII. Bd. 
Altdeutsche Predigten' 
XXXII. Bd. 
im Aeußern hervorstechender/ und der Tonsur entsagt, i Aus dem 
Eidschwur haben sich rwr- und nachher manche Dissentienten 
ein Gewissen gemacht. Fayent a juramento nee dicunt yere 
yel certe, et similia, quia haec reputant juramenta (de mo- 
ribus Yaldensium in Flacius Illyr. catal. test. yer. Basil. 
i556. 8. p. 757). An sieben Hauptstücken sind nach 
Bert hold (V. 3o8. 309) die Ketzer zu kennen: 1) die Ver 
werfung des Sakraments der Ehe(sacrarnentumconjugii dam- 
nant. Flacius. 1. c. pag. 743)?* 2) die Unrechtmäßigkeit der 
Todesstrafe (davon wird noch in einer andern Predigt/ S. 14, 
gehandelt; dicunt maleficos non damnandos, Flacius 1. c. 
pag. 766) ;sdie behauptete Unkraft der sieben Heiligkeiten und 
i ) des Weihwassers; 4) der Grundsatz/ daß ein sündhafter Priester 
keinen der Sünde entbinden könne; 6) die Unerlaubtheit des Ei 
des; 6) der Satz/ daß auch Ungelehrte die Schrift lesen und 
erklären dürfen (uz der schrift reden); 7) wer zween Röcke 
hat, soll um Gottes willen den einen hergeben. Die überstrenge 
Auslegung dieses an sich schriftgemäßen Satzes (Lucä/ 3/ 11) 
bekämpft der Minorit mit vorzüglichem Eifer: pfi, unsaeliger 
ketzer, so mohte halt nieman behalten werden, weder 
geistliche noch werltliche liute; ja, fügt er naiv hinzu/ Ist 
einem etewanne not, daz er den dritten dazuo habe. Auch 
@.5 predigt er über den Ausspruch: du soll dinen ebenkristen 
minnen alse dich selben. »6 wc, bruoder bertholt,« laßt 
er sich einwenden/ »ja tuostu des selbe niht; nu bin ich din 
ebenkristenmensche, und hast zwen guote rocke und hän 
0 ich einen yil biesen und laest mich doch e mangeln, danne 
dich selben.« T)az ist yil war, antwortet er/ ich hän xlie 
rocke, ich engibe aber dir dekeinen; ich wolte gerne, daz 
du einen also guoten haetest, oder einen zwirunt (zwei 
mal) also guoten. Wahre Nächstenliebe besteht in Abwesenheit 
alles Neides/ nicht in unverständiger Selbstberaubung. Die 
dem Mondwechsel verglichene Vielgestaltigkeit der Ketzerey (Haupt 
schutzwehr gegen sie; auch im Frey gedank/ 2 b / steht der 
Spruch: 
swie vil der ketzer lebendic si, 
ir deheiner stat dem andern bi; 
1 A gloubten si alle gelicke, 
: t sie twungen ellif r|che) 
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gibt dem Prediger Anlaß/ einige der (nach ihm wohl anderthalb 
hundert) verschiedenes Arten näher zu nennen: (S. 802) wanne 
ie einer hat funden ein iteniuwe ketzerie und swelhe der 
selbe ie nach im hat braht in dieselben ketzerie, die ketze 
rie heizet danne alse jener, der sie von erste vant. Ein 
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