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Altdeutsche Predigten.
undminor), S. 168, 169, Die Menschen sollen bey Nacht
an den »oberen huocben« lesen, und sich erbauen. Das Sie
bengestirn heißt der Wagen. (Schon Orfried V. 17, 67
thaz sibunstirri ioh t/uro wagono gistelli; Dichter des drei
zehnten Jahrhunderts mehrmals 6er wagen oder die himmel-
wagene.) Vier Sterne daran sind gestaltet als vier Räder am
Wagen, damit man über Land fahrt. Die vier Räder bezeichnen
vier Haupttugenden, ohne welche man nicht in den Himmel
fahren kann, sonst fällt der Mensch von dem Wagen in den
Abgrund der Hölle. Wer den Wagen erkennet, 8er mag ouch
ein \ileines wegeiln wol erkennen In ihm fahren die kleinen
Kind lein aus gen Himmel, die noch keine Tugend haben außer
den vier Tugenden der Taufe (beschrieben S.442), geschieht die
Taufe unordentlich, so gedriftet ihnen auch eines der vier Rad-
lein, und sie gelangen nicht zur Seligkeit. Nü sehet, ruft
Berth 0 ld seine Zuhörer an, wie ir üf dem micheln wagen
ze dem himelriche sület körnen, des kleinen wagenes be
dürfet ir niht. Man sieht, welche Menge jetzt untergegange
ner Ideen über das Verhältniß der Natur zu dem inneren Men
schen jene frühere Zeit belebten, und darf eingestehen, daß selbst
unrichtige und abergläubische das Gemüth und die Phantasie
reich machen konnten; heute wird der gemeine Landmann zwar
frey gehalten von vielen offenen Irrthümern, aber er sieht die
Natur ziemlich stumpf an. Die Anfangsgründe des reinen,
unvermischten Wissens haben etwas unpopuläres, und erst ein
gewisser Zusatz von Dichtung vermag sie unter das Volk zu brin
gen. Der Vorrath von Begriffen, der das dreyzehnte Jahr
hundert befriedigte, kann nicht mehr für uns zum Muster dienen,
allein er war für damals nicht unangemessen, und füllte einiges
aus, was jetzt leer steht. — Am ähnlichsten zu allen Zeiten blei
ben sich die Fehler und Leidenschaften der Menschen. Was
Bert hold wider die Verletzung der Sonntagsfeyer pre
digt , hatte sich in allen folgenden Jahrhunderten wieder
holen lassen. S. 64: so varnt sie nü an dem heiligen
suntage und an den heiligen zwelf boten tagen mit wa-
genen und mit kamen und mit rossen und mit eselen
über velt und über lant, üf die merkte, in die stete und.
in diu dorf. Dü kneht, dir tuot din her re unreht, der
dich an den ruowetagen deheiner arbeit muotet fürbaz
danne du im sin yihe uz und in tribest an die weide oder
ez im däheime etzest und trenkest, wan daz enmac man
niht üf geschieben unz an den andern tac. Und du dierne,
din meisten tuot dir unreht oder din her re oder din frouwe,
K
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