Full text: Iwein

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 213 
IV 
aber Unbefangenheit und den guten tvillen sich zeit zu 
nehmen und die poesie auf sich nach des dichters ab- 
sicht unterhaltend oder bewegend einwürken zu lassen: 
denn auch die gewaltigste fesselt nur den empfäng 
lichen , und sein urtheil befreit nur wer sich willig 
ergeben hat, wiewohl ein urtheil, ein unumstöfsliclies 
kunsturtheil, mafst die philologie sich nicht an, weil 
sie auf dem historischen boden bleibt: aber die ganze 
dichterische und menschliche gestalt des dichters mit 
seiner gesamten Umgebung sich in allen zügen genau 
vorzustellen ist die Vollendung des wahren Verstehens, 
ist das ziel der philologischen auffassung. wie leben 
dig der ivürdige ausleger der vorliegenden erzählung 
diese erkenntnifs der ganzen person des dichters als 
seine aufgabe erkannt habe, zeigen die einfachen aber 
gedankenvollen worte die er mir als seinen einzigen 
beitrag zu dieser Vorrede mitgetheilt hat. 
“ Was Hartman von Ouvve als dichter war, sagen 
seine werke so wie die Zeugnisse seiner Zeitgenossen; 
was er als mens ch war, können wir nur aus äufse- 
rungen in seinen gedickten schlief s en: aber sicher 
gebürt ihm ein hoher rang auch in dieser hinsicht. 
schon seine erzählenden gedickte und noch mehr seine 
lieder zeigen den gebildeten, liebenswürdigen, biedern 
mann, dessen freundschaft von mitlebenden gewis um 
so eifriger gesucht ivurde je mehr sie selbst edel und 
bieder waren. die Zeitgenossen verschwiegen, was je 
der wufste: um so mehr ist die nachweit verpflichtet 
eine schuld abzutragen, die nie verjährt und nie ver 
jähren darf
	        
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