DER STERN ODER DIE EWIGE WAHRHEIT 503
sammen. Denn alle seine Scheidungen wurden wesenlos vor
der einen wesentlichen von weltlicher und überweltlicher Ord
nung und mußten hinfort, wollten sie ihren Eifer widereinander
auch nur mit einem Schein des Rechts schmücken, sich einen
Abglanz höheren Rechts von jenem Gegensatz borgen und der
Macht einen geistigen Inhalt zu geben versuchen. Aber so
ward zwar der heidnische Kampf aller gegen alle gereinigt zu
höherem Kampf um höheren Preis, aber immer doch zu Kampf:
und erst am Ende aller Geschichte steht der Ausblick auf ein
kampf- und gegensatzbefreites Reich, in dem Gott alles in
allem sein wird. Da finden also die beiden getrennten Wege
des Christentums durch das All der Welt, der Weg des Staats
und der der Kirche wieder zusammen, die es beide neben
einander gehen mußte, um den Reichtum der heidnischen Welt
ganz in sich fassen zu können, der sich dem Eingehn in ein
Reich von Priestern und heiliges Volk einfach versagt hätte.
Die beiden Wege dürfen sich also erst vereinen, wenn die
Fülle der Heiden eingegangen sein wird. Aber in diesem
Ausblick auf eine gegensatzbefreite zukünftige Ein- und All
gemeinheit der Welt, des Tages, wo Gott alles in allem sein
wird, liegt nun wiederum für das Christentum eine Gefahr, die
letzte der drei großen unvermeidlichen, weil von seiner Größe
und seiner Kraft unzertrennlichen: Weltvergötterung oder
Gottverweltlichung, die über dem Alles in Allem den Einen
über allem vergäße und der über dem liebend tätigen Vereinen
des weltlich Getrennten zum einen und allgemeinen Gebäude
des Reichs das fromme Vertrauen zu der inneren freien, sich
selbst erneuernden Kraft der Seele und zu der über mensch
liche Einsicht ihre eignen Wege gehenden Vorsehung Gottes
schwünde. Die südliche Kirche, die getreu ihrem Ursprung bei
Petrus und den lateinischen Vätern das Amt der Bekehrung
der sichtbaren Rechtsordnung der Welt auf sich genommen
hatte, zeigt hinfort das Bild jener Gefahr weltvergötternder
Gottverweltlichung, die vor der bemißtrauten Freiheit der
Seele und vor dem unerforschlich waltenden Gott flüchtet in
die welterhaltende Liebestat und die Freude am gewirkten
wirklichen Werk.