DER STERN ODER DIE EWIGE WAHRHEIT 491
mente, nur in seinen Stücken. Das Erleben war über das
Stückwerk hinaus; es war ganz in jedem Augenblick; aber
weil immer im Augenblick, so war es zwar ganz, doch hatte es
in keinem seiner Augenblicke alles. Das All, das sowohl alles
wie ganz wäre, kann weder ehrlich erkannt noch klar erlebt
werden; nur das unehrliche Erkennen des Idealismus, nur das
unklare Erleben der Mystik kann sich einreden, es zu erfassen.
Das All muß jenseits von Erkenntnis und Erlebnis erfaßt
werden, wenn es unmittelbar erfaßt werden soll. Eben dies
Erfassen geschieht in der Erleuchtung des Gebets. Wie hier
die Bahn sich zum Jahreskreis rundet und dadurch das All, in
dem eben dieser Abschluß erbetet wird, sich dem Schauen un
mittelbar darbietet, das sahen wir. In dieser letzten Unmittel
barkeit nun, in der das All uns wirklich ganz nahkommt, ist es
uns erlaubt, den Namen zu erneuern, mit dessen Verleugnung
wir unser Werk begannen, den Namen der Wahrheit. Die
Wahrheit, wie sie sich zum Anfang der Weisheit uns empfahl
als die bestellte Geleiterin auf der Pilgerfahrt durchs All,
hatten wir ablehnen müssen. Wir leugneten die Philosophie,
die auf diesem Glauben an die Unmittelbarkeit der Erkenntnis
zum All und des Alls zur Erkenntnis beruhte. Nun, nachdem
wir auf unserm Wege von einem Unmittelbaren zum nächsten
bis hin zur unmittelbaren Schau der Gestalt gekommen sind,
finden wir am Ziele die Wahrheit als letzte, die sich uns als
erste hatte aufdrängen wollen. In der Schau erfassen wir die
ewige Wahrheit. Aber wir schauen sie nicht, wie es die Phi
losophie meint, als Grund, der uns vielmehr das Nichts ist und
bleibt, sondern als letztes Ziel. Und indem wir sie dort am
Ziel schauen, geht es uns zugleich auf, daß sie selber doch
nichts ist als die göttliche Offenbarung, die auch uns, den
zwischen Grund und Zukunft in der Mitte Schwebenden,
geschah. Unser Wahrlich, unser Ja und Amen, mit dem wir
auf Gottes Offenbarung antworteten, — es enthüllt sich am
Ziel als das klopfende Herz auch der ewigen Wahrheit, Wir
finden uns wieder, uns selbst mitten im Brennen des fernsten
Sterns der ewigen Wahrheit; nicht die Wahrheit in uns — zum