EINLEITUNG
UBER DIE MÖGLICHKEIT
DAS REICH ZU ERBETEN
in tyrannos!
ASS man Gott versuchen könne, ist vielleicht die ab
surdeste der vielen absurden Behauptungen die der
-A—" Glaube in die Welt gesetzt hat. Gott den Schöpfer,
vor dem, nach der Behauptung eben des Glaubens, Völker sind
wie der Tropfen am Eimer, ihn sollte — wieder mit den
Worten dieses Glaubens gesprochen — der Mensch, die Made,
und der Menschensohn, der Wurm, versuchen können! Und
wenn auch etwa nicht so sehr dabei an den allmächtigen
Schöpfer gedacht wäre, sondern mehr an den Offenbarer, wie
könnte auch von ihm, wenn anders er wirklich der Gott der
Liebe ist, vorgestellt werden, daß der Mensch ihn versuchen
könne; müßte dieser Gott da nicht in seiner Liebe beengt sein,
und gebunden an das was der Mensch tut, und nicht, wie es
wieder doch der Glaube selbst meint, unbeschränkt frei und
nur dem Drang der eigenen Liebe folgend? Oder endlich den
Erlöser, sollte ihn der Mensch versuchen können? Ihn wohl
noch am ehesten. Denn ihm gegenüber hat ja der Mensch
nach der Vorstellung des Glaubens wirklich eine Freiheit, die
er als Geschöpf und Kind Gottes nicht hat, die Freiheit zur Tat
oder allermindestens doch die Freiheit zum Entschluß, das
Gebet. Aber grade im Gebet nun wiederholen Jude wie Christ
ohne Unterlaß die Bitte: Führe uns nicht in Versuchung! Um
gekehrt also wird da grade Gott die doppelte Verleugnung
seiner Vorsehung sowohl wie seiner Vaterliebe zugeschoben.
Er selber soll es nun sein, dem man zutraut, daß er sich mit
seinem Geschöpf und Kind das frevle Spiel erlaubt, es zu »ver
suchen«. Wenn also das Gebet wirklich die Gelegenheit wäre,
Gott zu versuchen, so wäre dem Beter diese Gelegenheit
immerhin arg eingeschränkt durch die nie schweigende Angst,