ERLÖSUNG
3°3
den Welttag jenseits der Schöpfung wie der Offenbarung
enden in den gleichen mitternächtigen Glockenschlag, der ihn
begonnen, — aber von dieser zweiten Mitternacht gilt, was ge
schrieben steht, daß die Nacht Licht ist bei Ihm. Der Welttag
offenbart sich in seinem letzten Augenblick als das, was er in
seinem ersten war: als Gottestag, als Tag des Herrn.
Die Erlösung hat also zu ihrem letzten Ergebnis etwas,
was sie über den Vergleich mit Schöpfung und Offenbarung
hinaushebt, nämlich Gott selbst. Er ist — wir sagten es
schon — Erlöser in viel schwererem Sinn als er Schöpfer und
Offenbarer ist; denn er ist es nicht bloß, der erlöst, sondern
auch der erlöst wird. Gott erlöst in der Erlösung, der Welt
durch den Menschen, des Menschen an der Welt, sich selber.
Mensch und Welt verschwinden in der Erlösung, Gott aber
vollendet sich. Gott wird erst in der Erlösung das, was der
Leichtsinn menschlichen Denkens von je überall gesucht,
überall behauptet und doch nirgends gefunden hat, weil es
eben noch nirgends zu finden war, denn es war noch nicht:
All und Eines. Das All der Philosophen, das wir bewußt zer
stückelt hatten, hier in der blendenden Mitternachtssonne der
vollendeten Erlösung ist es endlich, ja wahrhaft endlich, zum
Einen zusammengewachsen.
So wird es auch klar, daß das Reich Gottes und das Reich
der Welt nicht (wie der Schöpfungsbegriff des Glaubens und
der Erzeugungsbegriff des Idealismus) miteinander rivalisieren,
obwohl doch die Erlösung anders als die Offenbarung, die nur
dem Menschen wird, an der Welt geschieht gleich wie die
Schöpfung. Aber sie geschieht eben genau so gut dem Men
schen, und so ist das Reich durchaus kein bißchen mehr welt
lich als menschlich, nicht mehr äußerlich als innerlich; so wird
schon dadurch ein Vergleich zwischen beiden Reichen ausge
schlossen. Sie stehen nie nebeneinander. Das Reich Gottes
setzt sich durch in der Welt, indem es die Welt durchsetzt
Von der Welt aus ist ohnehin, wie zum Zeichen dieser Unver
gleichbarkeit, nur ein Teil des kommenden Gottesreichs über