essisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L77
LAUTABSTUFUNG
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vor den starken vocalen. im engl, aber finden wir statt des ags.
ceace cidan cild cyrice geschrieben cheek chide child church und
gesprochen tscheek tschide tschild tschurtsch. das CH scheint mit
romanischen Wörtern wie chariot, chase, chaste u. s. w. eingekehrt
und im laut vergröbert. Wörter sächsischen Ursprungs behaupten
reines C: cold, candle, ags. ceald cändel. ags. CG = altn. GG tritt
über in engl. DG (spr. DSCH) z. b. in edge hedge pledge.
Frei von der dargestellten affection der kehllaute, erscheinen dem
nach die griechische, lateinische, keltische, golhische, überhaupt die
altdeutsche spräche; erst seit dem siebenten jh. beginnt sie in der
romanischen, von andrer seite her später aber auch in der schwedi- 389
sehen, friesischen und englischen aufzutauchen *. der slavischen musz
sie von uralter zeit an eigen'gewesen sein, wie sie in ihr am feinsten
ausgebildet scheint mit unlerschiedner eimvirkung des i und e, die in
den übrigen sprachen zusammen rinnt. Es ist bekannt, dasz sie auch
schon dem sanskrit beiwohnt.
Ihr ursprünglicher grund liegt in dem vocal I, dessen einflusz
auf consonanten und vocale gleich mächtig ist. wie dieser vocal selbst
unmittelbar in J (s. 294) und dann weiter in G und K aufsleigt; so
empfängt J alsbald einen anflug von S im sl. shivjete, der sich dann
noch im scha und tscherv’ steigert, man darl dies auch so aus-
drücken: vom J an entfallet sich ein palatales organ DSCHA TSCHA,
das mit gutturalen und lingualen sich zu binden fähig wird, aus majus
gieng madius (Ducange s. v.) und it. maggio, wie aus major maggiore,
aus pejor peggiore hervor; lat. medius aber ward zu it. mezzo, it.
mediano zu franz. moyen.
Die entfalteten slavischen und romanischen laulverhältnisse em
pfangen ihr volles licht durch den schon im sanskrit begründeten ur
alten Übertritt gutturaler huchslaben in palatale, worauf ich nicht
einzugehn brauche. Noch näher ein schlägt die eigenlhümliche läge
des lat. und deutschen J zum gr. Z und zu andern lingualen: Jovis
entsprang aus Dijovis Djovis gleich ital. giorno aus diurnus und jenem
zabulus aus diaholus; das gr. Zevg gen. Zhog steht neben djaus und
Tius ahd. Zio (mythol. s. 175), tjvyov neben jugum und juk**, ^evyvv/.a
neben jungo u. s. w., eine menge der sl. und lilth. Zischlaute ent-390
spricht den skr. palatalen, wie die heispiele des folgenden capilels
darlhun.
Diez 1, 203 nimmt wahr, der ausfall des C vor e i in dire fare
* etwas anders ist, dasz bei dem uralten Wechsel gutturaler und palataler
zischender laute einzelne spuren schon seit frühster zeit auch im deutschen
haften mögen, als ausnahmen, nicht als richtung der lebendigen spräche, ein
merkwürdiges beispiel gibt das durch alle unsere dialecte reichende lisan im
Verhältnis zum lat. legere (it. Ieggere) und gr. htyeiv, mit dem doppelten sinn
des sammelns und Schrift lesens; für den anlaut aber das ahd. sliozan claudere
sluzil clavis, wo sich S und K verhalten wie im sl. slouti und lat. cluere. man
kann auch die form scliozan nhd. schlieszen anschlagen.
** vgl. Platons Cratylus 418 über &yov f. Svoyov, f. Sa/m'a damnum.
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