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Von andern Alterthümern in dem ersten Theile dieser Kirche aus jener Zeit
liegen daselbst »och zwei Grabsteine. Ans einem ist unter einem Baldachin von
gothischem Netzwerk die Figur eines Geistlichen abgebildet, in der Linken einen aus
Messing flach gearbeiteten Kelch haltend, die Rechte auf die Brust gelegt, und in
dessen Umschrift der Verstorbene als „Dns Conrad“ benannt ist.
Der andere Grabstein ist ähnlich mit der Figur eines Geistlichen versehen und
scheint von dem nämlichen Alter zu sein, ist aber jetzt über die Hälfte vom Gestühle
überdeckt und auch, wie der Erstere, schon sehr schadhaft. An einer Seite kann man
nur MCCC (1300) erkennen, sowie an der anderen Seite den unleserlichen Namen
„Hildebrand “ Unten am Stein sieht man ein Lamm mit der Siegesfahne.
Auch ein alter aus Stein gearbeiteter gothisch verzierter Armenstock, welcher
jetzt in der später gebauten Sakristei steht, scheint in diese Zeit zu gehören.
Man sieht auch noch südlich in der Langseite der Querwand eine künstlich aus
gearbeitete leere Nische. Sollten hier wohl vielleicht die Altäre St. Nicolai und
Dt. Jacobi gestanden haben?
Schließlich wollen wir noch einer Inschrift am Aeußeren dieses KirchentheilS
erwähnen, welche beweist, daß dieser Bau damals schon gestanden.
Sie befindet sich an dem südöstlichen Strebepfeiler, dem Hause des Herrn
Apotheker Köper gegenüber, mit gothischen Minuskeln eingegraben, und heißt:
„ ! Anno Domini MCCCXLII. IX. kal. July facía est inundatio Wesere et Vulde
tantaque altitudo aque tetigit basen hujus lapidis quadrangularis.“ Zu deutsch:
„Im Jahre des Herrn 1342 am 9. Juli ist eine Überschwemmung der Weser und
Fulda gewesen und die Höhe des Wassers berührte die Basis dieses Quadersteins."
Bei der St Blasii-Kirche betrug die Höhe 3% Elle und bei der Tanzwerder-
Pforte 5 volle Ellen.
Ueber 200 Jahre lang fand nun der Gottesdienst in diesem östlichen Theile
der jetzigen Kirche statt, und in den Jahren 1485 und 1486 konnte man erst den
Weiterbau vorbereiten, so daß am 20. Mai 1487 der Anfang damit gemacht werden
konnte, wie die Inschrift des Strebepfeilers am Portal der Düdseite meldet:
„Anno Domini 1487 seria prima post Cantate inchoatum est hoc opus in
honorem Dei omnipotentis et gloriosissimae Mariae Dei genetricis ac St. Blasii
inartiris Patronorum.“ Zu deutsch: „Im Jahre 1487 am ersten Feste nach Cantate
ist dieses Werk angefangen zur Ehre Gottes und der ruhmwürdigen gottcsgebärenden
Maria sowie des heiligen Märtyrer Blasius als Patron."
Diese Fortsetzung des Baues umfaßt die übrigen 4 Joche der Kirche mit dem
nack) Westen etwas vortretenden Unterbaue, einem auf starken Pfeilern und Bogen
ruhenden, an den Seiten aus dem Dache hervorwachsenden Thurme. Der diesem
angebaute Windelsteig zeigt übereinstimmend hiermit über seinem gothischen Eingänge
die Jahreszahl 1488.
Schon Jahre lang vorher hatte man freiwillige Gaben zum Weiterbau der
Kirche gesammelt; Geistliche und Weltliche interessirten sich sehr für denselben und
beförderten den Bau durch reichliche Beiträge, so daß derselbe ein herrliches Denkmal
der einträchtigen und glaubensstarken Einwohnerschaft Münden's genannt werden kann.
Von den Patriziern und Bürgerfamilien trugen besonders dazu bei die von
Mengershausen, von Haken, von Berlewessen, die Familien Meckc,
Bornemann, Tilling, Lud ewig, Luckhardt, Franke, Jrseng ard t,
Tielemann, Kannengeiter, Arperodt, Beurmann u. s. w.
Joachim Jrsengardt, ein wohlhabender Bürger Hierselbst, ausgezeichnet durch
rechtschaffenen Sinn und lautere Frömmigkeit, auch Vater der drei Brüder, welche
unten noch benannt werden, beaussichtigte mit Eifer den Fortbau der Kirche und
führte die Kostenrechnung bis zum Jähre 1492, von welcher Zeit an dieselbe Conrad