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Kassel,
Freitag den iS. Navember »8^.
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Feuilleton
Westphälischen
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Kassel.
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--^urch eine Verfügung Sr. Exzellenz des Hrn. Mi
nisters des Innern ist eine neue Volkszählung fürs
Jahr r8lo, verbunden mit einer Eher GebnrtS- und
Sterbeliste und der Aufnahme des Viehbestandes für
alle Departements des Königreichs angeordnet wor
den, welche eine größere Vollständigkeit der Nachrich
ten, als die vorjährigen Arbeiten dieser Art lieferten,
zum Zweck haben.
Nachtrag zum Nekrolog des berühmten Bcireis.
Im H4. und uz. Stücke dieser Zeitung hat ein,
sich einen Schüler von Beireis nennender, Ungenann
ter, einen viel wahres enthaltenden, diesen berühmten
Mann betreffenden Aufsatz abdrucken zu lassen , über
den ich jedoch — auch ein (früherer) Schüler von
dem, mit Rechte von ihm „einzig'^ geuanuten Man
ne — mir die Erlaubniß nehmen muß, einige Bemer
kungen zu machen.
Er läßt ihm nämlich in Hinsicht auf seinen Charak
ter, seine Gelehrsamkeit, und sein Genie, Gerechtig
keit widerfahren, ist aber nicht in Abrede, daß er crr
nen Hang zum Windbeuteln gehabt habe, und we ß
nur nicht sich zu erklären, wie beides zugleich in den
selben Individuo habe bestehen können. Allein dem
jenigen, dem die Doktriue von den Temperamenten
nicht fremd st, ist solches leicht begreiflich: denn Dei-
reis war im höchsten Grade ein Cholericus. Mit die
sem Worte ist das alles erklärt. Dagegen ist Schrei
bern dieses wieder unbegreiflich, wie der nämliche
Cholericus sieben Jahre früher zwar wohl feinen Werth
selbst kannte und bekannte, aber doch nie so weitgieng,
daß man ihm jenen Ehrentitel hatte zu geben wagen
dürfen. Wahr muß indeß die Sache —-• wicwol viel
leicht nicht in dem Umfange in Rücksicht auf noch spä
tere Zeit, und unter einer mildern Benennung —
wohl gewesen seyn, weil man es von zu verschiedenen
Zeitpunkten, und aus so manchem Munde hören muß.
Inzwischen ist einige Eitelkeit einem Manne der wah
ren Werth hat, meines Erachtens wohl zu verzeihen;
da sie hingegen unleidlich wird, da, wo keine Ver
dienste sind: auch scheint es bei einem Professor fast
nothwendig zu seyn, daß er sein Ich heraushebe.
Uebrigens kann es wohl miteinander bestehe.», daß
man im Ganzen seine Unvollkommenheit und Abhän
gigkeit in Vergleichung mit einem höher» Wesen
fühlt und gesteht, und nichts destowcniger in Abschät
zung mit seines Gleichen in sich den primum iucer
pares findet.
Doch vornehmlich will ich dem Hrn. V. in seiner
Beurtheilung des Aufsatzes des Hrn. Sybel über die
sen merkwürdigen Mann folgen, wenn ich vorher über
haupt versichert habe, daß ich mit demselben eben so
wenig als Er zufrieden seyn kann; wie ich mich denn
zu einer andern Zeit umständlicher darüber auelaffen
werde.
Der Hr. V. nimmt gegen Hrn. Sybel, in Betracht
der Sicherheit, der Bcireis gegen Diebe zu genießen
betheuert habe, vornehmlich auf die Lage und Beschaf
fenheit seines Hauses Rücksicht, und vermuthlich hat
sie das ihrige mir dazu beigcrragcn. Allein sollte nicht
der, im dortigen Publiko verbreitet gewesen seyn sol
lende, Glaube an ihm zu Gebote stehende übernatür
liche Kräfte (wovon ich freilich in jenem Publiko, in
welchem ich doch sehr bekannt war, damals nichts
vernahm) und ein Instrument, das er vorzuzeigen
pflegte, und es für diesen Zweck sehr wirksam nannte,
mehr dabei in Betrachtung kommen müssen?
Beiläufig bemerke ich, daß, wenn er eine Inaugu
raldissertation lie hiatoria erectionis niutuli geschrie
ben hat, welches ich jedoch nicht weiß, er sie geschrie
ben haben muß, als er in der philosophischen Fakul
tät pr^movirtc; denn feine medizinische Inauguraldis
sertation handelt bekanntlich de paralysi gravissim*
femorum crururnquc sancta.
Ueber das Zauberzmimer, den Teufel rc. denke ich
eben sowie der ungenannte Hr. V. Ich habe von
dergleichen nie etwas erfahren, und wenn einer, so
hätte ich's wissen müssen. Uebrigens war Bcireis der
Mann nicht, der mir so beschrankten Geistern, als
wofür er jene Leute in der Regel halten mußte, Scherz
getrieben, oder sich einen Spaß erlaubt hatte: und
nahm ein solcher es für Hexerei, wenn B. ein Licht
durch Phosphor anzündete — wie er in der Physik als
Experiment zu thun pflegte — habeat sibi! was konn
te B. dafür. Oder man mußte sonst einen Jeden,
der in Gegenwart einer flachen Kopfes, an seiner elek-
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