$. IZ. Erlaubniß zur Eröffnung des wirklich en Prozesses.
Wenn der Angeschuldigte keinen Vergleich anbietet,
oder sein Anerbieten verworfen wird, mithin stets erst
nach geschehener Affirmation des Protokolls, kommt
die Sache zur gerichtlichen Klage.
Die gerichtliche Klage besteht aus zwei Stücken:
1. aus einer Abschrift des Anklage-Protokolls, und
2. einer Abschrift des Affirmations-Protokolls des
Friedensrichters.
Beide Stücke muß, wie oben erwähnt worden, der
Friedensrichter an den Departements-Direktor mit
allen Beweisstücken einsenden, welcher ihre Gesetzmä
ßigkeit und die Stärke der Beweise prüft, und solche
sodann, wenn er es angemessen findet, dem Offizian
ten zurücksendet, um nunmehr die gerichtliche Klage
zu erheben.
Damit jedoch dem hierdurch entstehenden Zeit-Ver
luste möglichst vorgebeugt werde, bleibt es den Direk
toren überlassen, die von der General-Administration
für jeden Distrikt angestellten Rechts-Konfulemcn zu
diesem Geschäfte zu subdclcgiren, solche zur unmittel
baren Empfangnahme dieser Aktenstücke an ihrer, der
Direktoren Statt, zu autorisiren, und'zu dem Ende
das Nöthige mit den Friedensrichtern zu verabreden.
Sollte der Rechts-Konsulent, weil er die Klage
nicht für rathsam halt, seine Erlaubniß zum Prozesse
versagen zu müssen glauben, so muß er in diesem Falle
sein Gutachten mit den Akren an den Direktor einsen
den, welcher definitiv über diese Frage entscheidet.
Ohne Vorwissen und Erlaubniß des Departements-
Direktors, oder des von ihm zur Prüfung der Ankla
gen und Ertheilung seines Vis^ suchstituirten Beamten,
kann daher der Regel nach kcin Offiziant, nach ent
standenem Versuche der Güte, einen wirklichen ge
richtlichen Prozeß anfangen. In sehr dringenden Fäl
len, wenn aus dieser Verzögerung Gefahr eines Ver
lustes für die Administration entstehen sollte, und die
Kontravention selbst ziemlich klar ist, bleibt es jedoch
den klagenden Offizianten nachgelassen, sich vom Frie
densrichter die nöthigen Abschriften nochmals ausfer
tigen zu lassen, und sofort noch vor erlangter Geneh
migung des Direktors oder des von ihm substitulrten
Rechts - Konsulenten die gerichtliche Klage zu eröffnen.
Nur muß hierüber dem Direktor oder dessen RechtS-
Konsulentcn Nachricht gegeben werden.
§♦ i6 t Grundsätze von der Kompetenz der Gerichte.
Bei Bestimmung der Frage: „vor welches Gericht
eine Sache gehörig sey," kömmt es vor allen Dingen
auf die Summe des Gegenstandes an, worüber der
Prozeß erhoben wird.
Die Berechnung dieser Summe richtet sich wieder
nach dem Unterschiede
ob von dem ersten Anbringen einer Klage
die Rede sey, oder von der Zulässigkeit einer
Appellation.
In jenem Falle sicht das Gesetz bloß auf die Grö
ße der Geldstrafe ohne Rücksicht auf den Werth
der konsiskablen Gegenstände; bei Benrtbeilung der
letztem Fragte, ob eine Appellation zulässig sey oder
nicht, soll hingegen die Geldstrafe und der Werth der
zu konfiszirenden Gegenstände zusammengerech
net und hierdurch die Appellationösumme for-
mirt werden;
f. Art. 2, 4 und 43. der Korrektions-Prozeß-
Ordnung v. 14. Febr. iZio. Nr. 9. des Bülle-
tins von diesem Jahre.
Der Prozeß gehört also, in erster Instanz nach der
Große der Geldstrafe (ohne Rücksicht auf den Werth
der konsiskablen Gegenstände) entweder
vor das Munizipal-Polizei-Gericht, welches
der Friedensrichter hält, oder
vor das Distrikts-Tribunal,
und zwar in demjenigen Kanton oder in demjenigen
Distrikte, in welchem die Beschlagnahme oder Verhaf
tung erfolgt ist, oder die Kontravention und Dcfrau-
datwn Statt gefunden, oder in welchem der Ange
schuldigte seinen Wohnort hat.
Die Wahl des Gerichts geschieht nach.dicsen Grund
sätzen vom klagenden Offizianten unter der Leitung des
Rechtskonsulenten. Er wird immer denjenigen Ort
wählen, an welchem die Verhandlung und der Beweis
der Kontravention am leichtesten und sichersten geführt
werden kann; daher ist derjenige, wo das Vergehen
vollendet und die Entdeckung erfolgt ist, in der Regel
vorzuziehn.
tz. 17. Kompetenz des Munizwal-Polizeigcrichts.
Sobald die Geldstrafe, welche auf die Kontraven
tion oder Defraudation gesetzt ist, für jeden einzelnen
Angeschuldigten nicht 20 Franken übersteigt, so gehört
der Prozeß vor das Mumzipal-Polizcigericht. Der
Werth der konsiskablen Objekte kömmt bei dieser Be
stimmung nicht in Zurechnung. Sie richtet sich einzig
nach der verwirkten Geldstrafe. Wer z. B. einen Ochr
sen von 152 Franken Werth ohne Steuereinrichtung
geschlachtet, und dadurch die Konfiskation desselben
verwirkt hat, wird dennoch in erster Instanz bei dem
Friedensrichter, als Polizeirichter belangt, weil die
vierfache Steuer, woraus die Geldbuße besteht, nur
16 Franken ausmacht.
tz. 18.
Das Polizeigericht besteht aus dem Friedensrichter
nnd seinem Sekrerair. Der Polizeikommissair des
Orts, oder in dessen Ermangelung der Adjunkt des.
Maire, versieht dabei die Stelle des königl. Proku
rators.
h. iy. Prozeßgang vor demMunizipal-Polizeigerichte.
Es muß wenigstens einmal in jeder Woche öffentliche
Sitzung gehalten werden.
Munizrval-Polizeiordnung vom i3ten August
1828, Art. 23.
-Der Friedensrichter ist schuldig, wenn es noch nicht
geschehen, solche auf den Antrag des Steuerofsiziariteri
zu bestimmen.