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Kassel,
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Feuilleton
des Westphälische»
Freitag den 26. Oktober igrs.
oder Supplement
Moniteurs.
Kassel.
Aus dem Finanzministerium ist folgendes von der
General-Administration der indirekten Steuern erlassen
worden:
Instruktion über das prozessualische Verfah
ren der Steuer-Offizianten inDcfraudations-
und Kontraventions-Sachen wider die Kon-
sumtionsstener -, Zoll - Eingangs - Abgaben -,
Salz - und Stempel - Gesetze.
Durch das nunmehr erschienene Konsumtionssteuer-
Gesetz vom sten März igio und die Korrektions-Pro
zeß-Ordnung vom ^4ten Februar d. I. hat das Ver
fahren der Offizianten der indirekten Steuern in De-
kraudations - und Kontraventions-Prozessen mehrere
Abänderungen erlitten. Es wird daher denselben hier
über folgende nähere Instruktion zur genauen Befol
gung ertheilt.
§. i. Beschlagnahme von Waaren und Effekten.
Die Obliegenheit der Offizianten, bei erfolgter Ent
deckung von Defrauden oder Kontraventionen, vor al
len Dingen die Gegenstände der Defraude oder Ueber-
tretung in Beschlag zu nehmen, ist durch das neue
Gesetz völlig bestätigt worden.^ Sie können, außer
den, der Konfiskation unterworfenen Objekten, auch
die Pferde, Wagen oder sonstigen Transportmittel in
Beschlag nehmen, wenn selbige
1) zu diesen Vergehungen gebraucht worden find, und
2) ihre Beschlagnahme zur Sicherheit der Geldbuße
und der Kosten nöthig ist.
Mehr, als zur Sicherheit erforderlich ist, find sie
also zu arretiren nicht befugt.
§. 2. Bestellung eines Wächters.
Nach jeder Beschlagnahme muß die erste Sorge der
Offizianten darauf gerichtet sepn, die arretirten Ge
genstände in sichern Gewahrsam zu bringen.
Das Gesetz verleiht hierbei demjenigen, gegen wel
chen die Beschlagnahme verhängt wurde, das Recht,
selbst einen Wächter dieser Sachen in Vorschlag zu
bringen. Diese Person muß jedoch dem Offizianten
für die sichere Aufbewahrung dieser Gegenstände, bei
Strafe der im art 2060 des' Code Napoleon ange
drohte» persönlichen Verhaftung verantwortlich seyn,
und der Offiziant hat daher einen solchen Wächter
nur dann anzunehmen, wenn
1) per Vorgeschlagene ein in der Nähe befindlicher
Kt,gesessener westfälischer Bürger ist, von wel
chem nicht zu vermuthen steht, daß er die ihpr
anvertraut werdenden Effekten unterschlage» oder
verändern und verfälschen werde, und wenn er
2) auf die vom Offizianten geschehene Belehrung
über die Folgen eines solchen Vergehens sich zur
sofortigen Aufnahme der arretirten Effekten frei
willig erbietet. In diesem Falle muß jedoch
der Steuer-Offiziant vor der Ucbergabe der Ef
fekten solche nach ihrer ganzen Beschaffenheit ge
nau verzeichnen, und die Uebergabe, wo möglich
in Gegenwart von Zeugen, vornehmen, auch zu
seiner Sicherheit das Verzcichniß von dem Wach
ter und von den Zeugen unterschreiben lassen.
Wenn der Angeschuldigte keinen Wachter vorschlägt,
oder wenn die dazu vorgeschlagene Person nicht ange
nommen werden kann, so sind die Waaren uud Ef
fekten bei dem nächsten Konsumtionssteuer-Büreau nie
derzulegen. In keinem Falle darf er aber die in Be
schlag genommenen Gegenstände, oder die an deren
Stelle vffcrirte Kaution in seinem Verwahrsam behal
ten, und sich selbst zum Wächter derselbe« bestellen,
indem der Zweck dieser Vorschrift vorzüglich dahin
geht, die etwanige Unterschlagung arretirler Effekten,
von Seiten der Steuer-Offizianten selbst, möglichst
zu verhindern.
, §. 3. Versiegelung.
Die bisher übilche Anlegung der Siegel bei vorge
nommenen Beschlägen wird, als nicht aufgehoben und
nützlich, beibehalten.
tz. 4. Verhaftung der Person des Angeschuldigten. .
Das Konsumtionssteucr-Gesetz ertheilt den Offizian
ten im 45sten Artikel das neue wichtige Recht, selbst
die Person des Defraudanten oder Kontravenienten
zu verhaften, wenn
1) dieselbe ihnen unbekannt oder der Flucht verdäch^
tig ist, und wenn
2) die Rechte der Administration nicht auf die eben
bemerkte Art durch Beschlagnahme der Gcgen-
»' stände sicher gestellt werden können.
Die möglichste Vorsicht bei dem Gebrauche dieses
Rechts, kann den Offizianten nicht genug empfohlen
werden, indem sie sonst sich selbst, gegen die Admini-
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