Vom riten März 1782. LYL
tipen jeden Fremden der sie kennen lernt, in Verwunderung setzen müssen; und ob gleich diese
Gegend von meinem Vaterland nicht so sehr entfernt, sondern' in dem an gränzenden Sachsen in
dem sogenannten Vogtland war, so fanb ich sie doch gegen viele Gegenden meines Vaterlands
sehr unterschieden und durch ihren Fleiß glücklicher.
Bey den Wünschen, daß doch die Wollenkamm - und Spinnerey, tote auch die spanische
Schafzucht, worauf sich alles übrige gründet, in Hessen auch möchten bekannt und so beliebt
„ sW, wie in jenen Gegenden, wo, bey erstem so vichDürftige ihr Auskommen finden und weni
ger Mangel leiden, wurde meine Aufmerksamkeit, die ich darauf wandte, durch eine Preis-Frage?
Wie denen Landstädten in Hessen zur bessern Aufnahme zu helfen wäre, noch mehr angefeuert,
jedoch nicht in der Absicht, etwas davon zu gewinnen, sondern sie schien mir blos die Erlaubniß
zu ertheilen, etwas davon sagen zu dürfen.
Daß der Fleiß die Welt bauet und die Menschen glücklich macht, ist wohl eine unstreitige
Wahrheit, daß aber derselbe doch nicht allemal einen jeden von der Dürftigkeit befreyet, ist wohl
eben so wahr, und zwar, weil nicht eine Arbeit so gut lohnt als die andere.
Es wird freylich in Hesseu viel Flachs gezogen, gesponnen und verarbeitet, und geht auch
viel Leinen Tuch ausser Land, doch kan ich mich nrcht erinnern, daß ich auch nur gehört hatte,
daß in ftner Gegend etwa fein Garn gesponnen und Leinwand davon gemacht würde, das mei
ste was zum Handel gemacht wird, ist wohl gröstentheilö nur Segeltuch , und also die gröbste
Sorte.
Da nun die Flachs-Spinnerey so schlecht lohnt, und überdies sehr wenig um Lohn ge
sponnen wird, so haben btcr Dürftigen, deren es an manchen Orten viel giebt, nicht allemal hin
länglich zu thun, denn wenn sie ihr wenig selbst erbaucten Flachs gesponnen haben, so sind sie
fertig; wie manche arme Frau bringt dann die Jeit zu halben Tagen mit leeren Geschwazen
und lauten Klagen über ihre Dürftigkeit und daß sie nichts zu verdienen weiß, bey ihrer Nach
barin zu, die ihr doch auch nicht helfen kann; was wäre also mehr zu wünschen, als daß die
Wollenkamm- und Spinnerey in solchen Orten und Gegenden so eingeführt und getrieben wür
de, wie in jenen Sächsischen. Gegenden, und ohngeacht in Hessen auch Wolle gesponnen wird,
so scheint die Spinnerey von jenen Graden doch noch weit entfernt zu seyn, und wird auch
' schwerlich jemals so beliebt werden, denn wenn der Sache weiter nichts im Wege wäre, so wür
den es blose Vorurtheile seyn, indem es sehr viele giebt, die die Wollen-Spinnercy als eine
verächtliche Arbeit ansehn, daß sie wohl noch zweifelhaft seyn, wenn sie sich damit vom Betteln
' erretten könnten, ob sie solches ergreifin. Von solchenVorurtheilen sind man in jenen Gegenden
wenig Spuren, und es beschäftigen sich sehr viel m Städten und auf dem Land damit, die es
gar nickt nöthig hätten, sondern die mit dem guten Verdienst als ein Nebenwerk ihre leeren
Stunden ausfüllen. Die alten Leute die sonst nichts mehr thun können, auch die Kinder die
noch zu keiner Arbeit zu gebrauchen sind, erspinnen oft so viel als zu ihrem Unterhalt nöthig ist.
Aber die Wollenkamm - und Spinnerey ist auch so allgemein beliebt und so stark im Gange/ daß
j das Gesinde nicht allemahl leicht zu haben ist, weil sie sich bey der Wollen - Spinnerey oft besser
stehen, und hatten die meisten Ritterguths- Besitzer das Recht nicht, daß ihnen die jungen Leute
aus ihren Gerichten alle dienen müssen, so würde der Mangel an Gesinde groß und allgemein
seyn Auch sind diese Leute die sich von der.Spinnerey nähren, ihrer Adelicben Gerichts-Herr
schaft und den Churfürst!. Einnahmen immer weniger schuldig als die Begüterten.
(Die Fortsetzung folgt).
' Fremde und hiesige Personen, so vom 37 ten Febr. bis dev zren März
in Cassel angekommen
LeipZ Thor: D. 27. Febr. I. D. Prinz Euaen v Mürtenbera, Oberster in Preuss. Dienste«,
l. i. ?.ürstt. Schlosse. Hr. Capit. v. Wille in Preuss. Diensten g st. l. i. Eleph. D. 2 März Hr. Ge-
ftmmchrer Bode, v. Augerstein, l. b. Fr. Hauptm. Jägern. £>. 3. Ein Commando p. Garnis.
B.