abgeschrieben und diese Abschrift mit seiner ganzen Bibliothek der Universitäts-Bibliothek
zu Abo in Finnland vermacht hatte. Dadurch wurde eine Reihe von Anfragen und Be-
nutzungsanträgen ausgelöst, die Cuhn zu dem Vorschlag veranlaßten, ihm die Herausgabe
dieser Handschriften zu übertragen, um deren weiterer Entwertung vorzubeugen. Die
Zustimmung des Landgrafen konnte er ohne Schwierigkeiten erlangen, freilich mit der
Auflage, „daß den Herrschaftlichen Cassen davon keinerley Unkosten zuwachsen". Cuhn
hat die Arbeit unverzüglich in Angriff genommen - am 26. Mai 1789 konnte er Veltheim
den 1. und am 13. November desselben Jahres den 2. Band der „Memoires des Hrn. von Rus-
dorf" überreichen. ,
Für die Verleihung von Druckschriften war die „in den alten Instruktionen erhal-
lene Vorschrift" noch in Geltung, daß Bücher nur für kurze Zeit und nur gegen Quittung
verliehen werden durften; die darin liegende allgemeine Benutzungserlaubnis war dann
aber durch ausdrücklichen landgräflichen Befehl auf die Mitglieder der Societe des Anti-
quites eingeschränkt worden. Für andere Personen bestand das „alte Gesetz", nach dem
kein Buch ohne besondere Anfrage und Erlaubnis verliehen werden durfte. Veltheim trat
nachdrücklich dafür ein, daß außer den Professoren des Carolinums -- von denen ein
Teil nach Marburg versetzt worden war - auch den Räten der höheren Landes-Collegien
die Erlaubnis zur Benutzung der Bibliothek gegeben werden möchte. Selbstverständlich
sollte es bei der bisherigen Benutzungsfrist von 4 Wochen bleiben; die von Veltheim vor-
geschlagene Ermächtigung, ein Buch gegen neue Quittung auch länger zu belassen, fand
aber nicht die Billigung des Landgrafen - jedenfalls sah die Instruktion diese Möglichkeit
nicht vor. Mit dem Vorschlag, die neuen Leihbedingungen in den öffentlichen Blättern
hekanntzugeben, erklärte sich der Landgraf einverstanden. '
Die Öffnungszeiten der Bibliothek wurden durch die Instruktion so festgelegt, wie
sie schon die Untersuchungs-Kommission von 1786 eingeführt hatte: Vormittags von 9-1
und nachmittags von 3-6 Uhr war sie täglich -- mit Ausnahme der „bisher durch eine
undenkliche Observanz" bestehenden Schlußzeiten für Ostern, Pfingsten und Weihnach-
ten, bzw. Neujahr, jeweils von Mittwoch vor bis Donnerstag nach dem Fest - der Be-
nutzung zugänglich; die Bibliothekare sollten, soweit sie nicht anderweitig in Anspruch
genommen waren, während dieser Stunden in der Bibliothek anwesend sein.
Veltheim trat in seinem Bericht für eine Beschränkung der Öffnungszeiten auf die
Vormittagsstunden ein und wollte den Zutritt am Nachmittag nur für Besichtigung durch
Fremde zugestehen, fand aber hierfür nicht die Einwilligung des Landgrafen. Er berief
sich dabei auf das Beispiel anderer großer Bibliotheken - so war „die große wichtige
Bibliothek zu Göttingen, die an einem Ort ist, wo so viele Litterarische Cultur ist und so
viel für Wissenschaften geschieht", täglich nur 1 Stunde, von 1-2 Uhr, und am Mittwoch
und Sonnabend von 2-4 Uhr offen; die Bibliothek zu Hannover nur einige Tage in der
Woche Vormittags einige Stunden; die Bibliothek zu Dresden nur Vormittags - hier war
die Besichtigung durch Fremde auf die Zeit von 11-12 Uhr eingeschränkt. Er gedachte
die Nachmittage den Bibliothekaren „zu ihrer Erhohlung und eigenen Studiren" freizu-
stellen. Darauf hatten nach seiner Auffassung die Bibliothekare Anspruch, wenn anders sie
den Anforderungen, die ihr Amt an sie stellte, in vollem Umfang gerecht werden sollten.
Denn „ein Bibliothekar hat nach der Natur seines Amts eine doppelte Bestimmung: zuerst
die Verwaltung, Anordnung, Einrichtung und Vermehrung der Bibliothek, die zweite als
Gelehrter. Man erwartet von ihm, daß er sich durch gelehrte Arbeiten bekant mache. Er
muß die Geschichte der Wissenschaften nach ihrem gantzen Umfange kennen. Dieses ist
das nothwendige ohne das er seinem Posten nur mittelmäßig vorstehen oder ihn auf eine
pedantische Art verwalten wird. Er steht an einem Posten, wo er einer Menge Menschen
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