Archiv und Bibliothek deren Haushalt nur mit dieser geringen Summe belastet zu werden
brauche, da der andere Teil des zuständigen Gehalts vom Archiv getragen werde; auf die
beiden anderen Stellen ging man überhaupt nicht ein. Besonders drückend war es für die
Beamten der Bibliothek, daß sie ständig hinter die des Archivs zurückgesetzt wurden und
immer wieder um ihre Gleichstellung kämpfen mußten. Der Staatshaushalt 1840f42 brachte
insofern eine Besserung, als er wenigstens für den 2. Bibliothekar - der Direktor wurde
nun ausschließlich beim Archiv verrechnet - und für den Sekretär in drei Stufen Auf-
rückungsmöglichkeiten brachte, die sie um durchschnittlich 100 Rthlr. aufbesserten. Es
verging wohl keine Tagung der Ständeversammlung, ohne daß sich zur Beratung des
Staatshaushalts die Bibliotheksbeamten mit der Bitte um Erhöhung ihrer bescheidenen
Gehälter eingestellt hätten; immer wieder mußten sie sich bescheiden und es ertragen, daß
ihre wohlberechtigte Forderung, den Beamten des Archivs gleichgestellt zu werden, über-
haupt keine Beachtung fand.
Die Geschäfte der Bibliothek wurden, da Rommel sich fast ausschließlich dem Archiv
widmete und nur äußerst selten in der Bibliothek erschien, in ihrem ganzen Umfang tat-
sächlich von Bernhardi geleitet; über wichtigere Vorgänge ließ er Rommel eine schriftliche
Mitteilung zukommen, die dieser mit seinen Randbemerkungen versah. Von Anfang an
beteiligte sich Bernhardi an den öffentlichen Angelegenheiten, arbeitete er am „Verfassungs-
freund" mit und wurde infolgedessenwon den Städten des Diemelstromes 1832 als Abge-
ordneter in den Landtag entsandt. Die Regierung gab die Genehmigung zur Annahme des
Mandats, nachdem er sich ausdrücklich verpflichtet hatte, „seine Bibliotheksgeschäfte,
insoweit sie sich mit den Arbeiten am Landtage vereinigen ließen, fortwährend zu be-
sorgen", eine Stellvertretung für ihn also nur an den Tagen notwendig werden sollte, an
denen er durch Sitzungen des Landtags verhindert werde, in der Bibliothek zu erschei-
nen 1"). Er legte sein Mandat aber schon im Juni 1833 nieder, um einer erneuten Auflösung
des Landtages wegen seiner Zulassung als Staatsdiener vorzubeugen. Im Jahre 1835 trat
er dann mit Genehmigung der Regierung in den Bürger-Ausschuß der Stadt Kassel ein, dem
er als Vorsteher bis zum Jahre 1841 angehörte. Im Jahre 1848 entsandte ihn der 2. Wahl-
bezirk Kurhessens in die Frankfurter Nationalversammlung; auch diesmal machte ihm die
Regierung wegen der Ausübung des Mandates angesichts der von Bernhardi getroffenen
Vorbereitungen 1") keinerlei Schwierigkeiten, zumal außer dem Sekretär Schubart noch
der Bibliotheks-Auskultant Schultheis für die laufenden Arbeiten zur Verfügung stand.
Die von Bernhardi für den letzteren schon am 26. April beantragte Vergütung wurde freilich
erst am 19. Dezember mit Rückwirkung vom 1. Mai an genehmigt 148).
Die Sekretärstelle gedachte die Regierung nach dem Ausscheiden Wilhelm Grimms
zunächst einzusparen, sah sich nach den Vorstellungen der Bibliothek aber doch veranlaßt,
sie mit dem Kandidaten der Theologie Christian Wiederholt erneut zu besetzen. Da dieser
schon im Dezember 1833 starb, wurde am 31. Januar 1834 J. H. Christian Schubart zu seinem
Nachfolger ernannt; mit ihm gewann die Bibliothek einen Mann von hohen geistigen Gaben
und von tiefer Gelehrsamkeit, der ihr 47 Jahre lang, bis zu seinem am 31. Oktober 1881
erfolgten Übertritt in den Ruhestand mit voller Hingebung gedient hat, nachdem er 1859
zweiter und 1874, nach BernhardisTod, erster Bibliothekar geworden war 14'). Daß übri-
gens Kurfürst Friedrich Wilhelm über die wissenschaftliche Betätigung der Bibliothekare
146) A. L. B. A.2b.
147) Vergl. S. 86.
148) A. L. B. II, 2.
149) Über ihn vergl. Strieder-Justi, Hess.Gelehrten-Geschichte, Bd.XX, S. 358 ff. - Duncker, a. a. 0.,
S. 22 ff.
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