wie gerade die gegenwärtige Schulsituation zeige - Lehrer zu befähigen,
die Bedingungen für die Förderung solcher Lebensqualitäten zu erken-
nen und zu schaffen. Ein angemessenes Verständnis von Professionali-
sierung müsse unbedingt das kritische und selbstkritische Denkvermö-
gen einschließen.
Trotz der Heftigkeit des ausgebrochenen Konflikts gelingt es, in Ge-
sprächen zwischen den Fachdidaktikern sowie den Gesel1schafts- und
Erziehungswissenschaftlern Bedenken auszuräumen und aufgrund der
Erkenntnis, daß im Kernstudium durchaus eine Pluralität wissenschaft-
licher Ansätze möglich und vorhanden ist, ein Mindestmaß wechselsei-
tiger Toleranz zu erreichen. 34
Die Entwicklung seit 1973 hat jedoch gezeigt, daß diese Anfangsausein-
andersetzungen nur in einer sehr äußerlichen Weise befriedet werden
konnten. Trotz einer Reihe von fruchtbaren Initiativen und Neuansätzen
schwelen eine Reihe von Problemen innerhalb des Kernstudiums sowie
in seinem Verhältnis zur fachwissenschaftlichen Ausbildung ungelöst
weiter. Sie treten in der täglichen Studienpraxis als Durchführungs-
schwierigkeiten oder als Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklich-
keit des Kernstudiums zutage. Zu den internen Problemen zählt vor al-
lem die teilweise Nicht-Einlösung der Weiterentwicklung der einzelnen
Disziplinen zu einer integrativen wissenschaftlichen Praxis. Das jewei-
lige Semesterprogramm ist im Vergleich zu seinen Zielen in vielfacher
Weise wissenschaftstheoretisch verkürzt, in ein warenhausartiges An-
gebot unverbundener Veranstaltungen aufgesplittert und privatisiert
unterwandert. Dazu kommt das Problem, inwieweit sich nachfolgende
Studentengenerationen mit anders gearteten Lebensinteressen die ur-
sprünglichen Intentionen des Kernstudiums überhaupt zu eigen machen
können. Schließlich geht von den geltenden Regelungen der Abschlußprü-
fungen eine eigene Dynamik aus. Sie führt nicht selten dazu, daß der
übergreifende Anspruch des Ke rnstudiums zugunsten der Konzentration
auf personen- und prüfungsorientierte Einzelthemen aufgegeben wird.
Dabei wird oft auch das Fehlen eines kontinuierlichen Studienprozesses
deutlich: das Fehlende soll zum Examen durch ein kurzatmiges "Mini-
studium" kompensiert werden.
Wie steht es mit der Beziehung zwischen Kernstudium und fachwissen-
schaftlicher Ausbildung? Hier muß wohl immer noch die Koordination
als völlig unbefriedigend bezeichnet werden, und zwar sowohl in orga-
nisatorischer Hinsicht als auch bezüglich der Inhalte, der konkurrieren-
den Wissenschaftsbegriffe und dem unterschiedlichen Stil des Lernens
und der Prüfungen. Besonders fällt ins Gewicht, daß die Kernstudien-
Veranstaltungen von den Studenten oft nur entsprechend den Lücken aus-
gewählt werden können, die im Wochenplan ihrer Fachstudien offen ge-
blieben sind. Eine spezielle Erscheinungsform mangelnder Koordina-
tion liegt auch in der Tendenz mancher Fächer, mit ihren Stundenanfor-
derungen über den in den "Eckdaten" gesetzten Rahmen erheblich hinaus-