Full text: Gesamthochschule Kassel 1971 - 1981

- Schwerpunkt "Politisch- ge sellschaftliches System": 
thematisiert ansatzweise die gesellschaftliche Entwicklung sowie die 
politischen, ökonomischen und sozialen Bedingungen und Wirkungs- 
mechanismen, unter denen die Lehrertätigkeit steht. 
Neben dem integrativen Charakter des Lehrangebotes ist das Kasseler 
Kernstudium besonders durch das für seinen Ablauf vorgesehene (wenn 
auch in der Praxis nur teilweise verwirklichte) "Phasenkonzept" gekenn 
zeichnet. Sein Grundgedanke besteht darin, daß sich Lehrerstudenten 
vor allem am Beginn ihres Studiums ihren eigenen Lebens- und Schuler- 
fahrungen zuwenden und vertiefte Realitätse rfahrungen in für sie bedeut- 
samen Praxisfeldern gewinnen sollen. Dies deshalb, um sich - mög- 
lichst im Austausch mit anderen - der verschiedenen Lebenswirklich- 
keiten sowie ihrer divergierenden Wahrnehmung und Deutung bewußt zu 
werden, die selbst wiederum lebensgeschichtlich bedingt sind. Gerade 
für künftige Lehrer scheint es unerläßlich, sich des eigenen "So-gewor- 
den-Seins" durch Familie und Schule zu vergewissern (Phase der Reali- 
täts- und Erfahrungskompetenz). Darauf aufbauend soll in einer weitere 
Phase das Studium von wissenschaftlichen Theorien und Methoden sowie 
die Reflexion über sie intensiviert werden (Phase der wissenschaftlichel 
Verfahrenskompetenz). Schließlich ist es die Intention der letzten Stu- 
dienphase, den Studenten Raum zu geben, die Möglichkeiten eigenen H31? 
delns im Umkreis von Schule und Unterricht zu erkunden, zu analysie- 
ren und zu erproben (Phase der Handlungs- und Praxiskompetenz). 
Mit dem Anfang 1973 entwickelten Konzept des Kasseler Kernstudiums 
werden wesentliche Positionen der Studienreform aufgegriffen. Beson- 
ders betont wird das Prinzip der Einheitlichkeit und Interdisziplinari- 
tät der wissenschaftlichen Ausbildung aller Lehrer. "Einheitlichkeit" 
wird dabei nicht nur äußerlich - als für alle verbindlicher Studienteil 
von 36 Semesterwochenstunden - verstanden, sondern vielmehr als Ver 
pflichtung, den Studenten - unabhängig von ihren Studienschwerpunkten 
und ihrer Fächersozialisation - als "Kern" ihrer Identität ein gemein- 
sames pädagogisch- soziales Grundverständnis ihrer Tätigkeit als Leh- 
rer zu vermitteln. 
Die Konzentration auf dieses stufenü b e r g r e i fe n d e Anliegen hat im 
Kasseler Kernstudium - abgesehen von der Primarstufe - die stufen- 
s pe z i fi s c h en Momente, d. h. die Beschäftigung mit den jeweiligen 
institutionellen und altersgruppentypischen Problemen, oft zu sehr zu- 
rücktreten lassen. 
Eine andere Grundentscheidung, welche das Profil des Kasseler Kern- 
studiums in starkem Maße bestimmt, besteht in der Orientierung an 
ienem Wissenschaftsverständnis, wie es sich in der sozial- und gesell- 
schaftswissenschaftlichen Diskussion in der Bundesrepublik Ende der 
50er Jahre he rauskristallisiert hat. Dementsprechend wird in der Kern- 
studienordnung versucht, Wissenschaft unterEinbezug ihrer empirischen 
Teile in den Dienst aufklärerischer, gesellschaftskritischer und sozial- 
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