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Proben seiner Kunst abgelegt hatte. Vom Jahre 1789 findet sich ein Antrag der Frau Geheimrat von Berner,
den Saal zu mieten, um Möbel darin unterzubringen. Der Saal stand damals leer und der Sekretär Robert
bemerkt zu den Akten, daß er seit mehreren Jahren wenig oder garnichts eingebracht habe. Auch das Neben-
gebäude des Rathauses, das niemals, wie ursprünglich geplant, als Schirne oder Brauhaus gedient zu haben
scheint} wurde als Mietshaus verwertet. 1776 bewohnte es der Regierungsrat Motz. Die Erzielung von Mieten
aus dem städtischen Besitztum erschien schließlich so weitgehend, daß das Steuerkollegium auf den Gedanken
kam, das Rathaus zur Kontribution heranzuziehen. Es bedurfte eines allerhöchsten Erlasses vom 9. Februar 1798,
dem Gebäude dieFreiheiten zu sichern, wie sie die übrigen Freihäuser der Stadt besaßen. Bei dieser
Gelegenheit erfahren wir, daß der Polizei- und Stadtwachtmeister sowie der Pedell der Justizkanzlei Wohnungen
im Rathause innehatten? Im Anfang des folgenden Jahrhunderts findet sich als Mieter der „Bel-Etage" der
Oberneustädter RathausaKlub und des darüber gelegenen Stockwerkes der Stadtschultheiß Reinück.
Änderungen grundlegender Art in der Benutzung des Gebäudes brachte die Zeit des französischen
Zwischenreiches. Mit den Patrimonialgerichten verschwand im Jahre 1808 ebenso die Kanzlei der Oberneustadt
wie das Schöffengericht der Altstadt. Beide Städte wurden zu einem Gemeinwesen vereinigt, an dessen Spitze
der vom König ernannte, auf Lebenszeit angestellte Maire trat. Das Oberneustädter Rathaus wurde das
kommunale Verwaltungsgebäude der Hauptstadt des neuen Königreiches. Auf eine würdige Herrichtung des
Gebäudes legte der neue Herrscher Wert. Am 21. September 1810 teilte der Kabinetschef Bruguiere dem
Minister des Innern mit: „Der König wünscht, daß die Mairie auf angemessene Art eingerichtet werde, Seine
Majestät zu empfangen, wenn Sie geruhen, sich zu irgend einer öffentlichen Feierlichkeit dorthin zu begeben."
Der Minister antwortete, daß ihm der erste Stock des Hauses für den vom König beabsichtigten Zweck geeignet
schiene und daß er einen entsprechenden Plan aufstellen lassen werde!"
ln der Person des Freiherrn von Canstein hatte Jeröme den Mann gefunden, der die Repräsentations-
pflichten des ersten Beamten seiner Residenz ebenso geschmeidig wie schneidig erfüllte. Für die Räumung
des Rathauses setzte der neue Herr den bisherigen Insassen eine Frist von zehn Tagen. Erst auf die aus-
drückliche Bitte der Betroffenen beantragte er eine Entschädigung, die für Reinück viel zu gering ausfiel. Eine
überschwengliche Lobrede auf den Fremdherrscher hielt Canstein im festlich geschmückten Saale des Rathauses
am 30. September 1811, dem Tage des heiligen Hieronymus. Dieser Namenstag Jerömes war zur feierlichen
Aufstellung der Marmorbüste bestimmt, die der König von sich hatte anfertigen und zum Dank für den
glänzenden Empfang seiner Mutter durch die Munizipalität der Stadt Cassels Bürgern hatte überreichen lassen.
Es war der schönste Tag für den Maire und, wie dieser glaubte, auch für das Mairiegebäude, dem ein prächtiger
Tag anderer Art bereits an jenem 10. Dezember 1807 beschieden war, an dem die Königlichen Maiestäten in
Cassel eingezogen waren und das Hauptgebäude der französischen Neustadt abends im Glanze von 1600 Lampen
und eines allegorischen Riesentransparentes erstrahlte, das Meister Zusch gemalt hattef- Für die Kenntnis des
Betriebes im Rathause während der Fremdherrschaft ist ein Bericht Cansteins vom 13. Juli 1811 lehrreich.
Als man einen Raum zur Aufbewahrung der Steuergelder suchte und auch an die Mairie dachte, äußerte sich
der Maire ablehnend, indem er auf die Unsicherheit des Hauses aufmerksam machte. „Der Verkehr in dem
Gebäude", so berichtete er, „ist wohl bei Tage wie bei Nacht sehr stark. Von der Seite des mit dem Neben-
haus verbundenen, fast die ganze Nacht hindurch offenen Hofes, in den aus den Nachbarhäusern mit leichter
Mühe herunter gestiegen werden kann, ist ein Einbruch in die Mairie um so leichter möglich und ausführbar,
als die Fenster des ganzen Hauses nirgends mit Läden versehen sind, und daher allenthalben eingestiegen
1 Noel, Rathhaus: „Mit Rücksicht auf den landgräflichen Wunsch, daß sich das neue Rathaus durch ,Schönheit und Zierrat' vor
den Privatgebäuden hervorthun sollte, ließ man die Absicht, ein öffentliches Brauhaus, eine Fleischschirne u. dergl. damit zu verbinden, fallen,
umsomehr da der Landgraf dem Vernehmen nach mit dem Gedanken umging, die französische Canzlei in das neue Haus zu verlegen."
' Stadtarchiv Cassel C 48.
' Eisentraut, Kaserne S. 58.
' Brunner, Rathäuser S. 60 ff.
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