Full text: Kreis Cassel-Stadt : Text, Teil 2 (6)

eräumige Längshalle, auf deren Kopfseite die Treppe mündet. Das zweite Obergeschoß enthält die über eine 
lebentreppe zugängliche Wohnung des Syndikus. Den Hinterflügel, den Saalbau, nehmen in der Mitte die in 
'orm eines länglichen l-lufeisens aufgestelltenSitze der Stände ein. Auf der Schmalseite des rechteckigen 
lrundrisses nach dem Vorderflügel zu findet _sich die halbkreisförmige Thronnische und neben ihr je ein 
lurchgang für den Landesherrrn und die Stände. An der gegenüber liegenden Schmalseite sind segmentförmig 
u ebener Erde die Tribünen und in einer gehobenen Nische die Logen für die Zuhörer angeordnet, die in 
er Mitte der Rückwand ihren besonderen Zugang von außen haben. Gegen den Vorderbau ist der Fußboden 
es Saales erhöht. Die elliptisch gewölbte Decke besitzt drei mäßig große achteckige Glorietten, die Licht- 
uellen des im Ganzen 90 Fuß langen, 43 Fuß breiten Raumes. Gegliedert wird das lnnere durch reichen 
tuck, bei dem als Füllung der Pilaster sowie als Einfassung der Bögen und Deckenfelder mit Vorliebe das 
ntike Doppelflechtband verwandt ist. Die Nischen auf den Längsseiten, die später Vasen enthielten, erscheinen 
uf Ruhls Zeichnungen noch leer. Ebenso fehlen noch die Kronleuchter} Im wohlberechnetem Gegensatz zur 
irblos-ernsten Innenarchitektur des Saales steht diezierliche Bemalung der Decken in den Verkehrsräumen des 
'orderbaues, bei welcher der Künstler sich vorzugsweise an genuesische Vorbilder angelehnt hat. 
lm Aufriß ist der Unterschied zwischen Geschäftsgebäude und Saalbau klar betont. Der Aufbau des 
'orderhauses ist durch die Absicht bestimmt, die Baumasse durch stufenförmiges Liegenlassen einzelner Raum- 
eile nach oben abzutreppen und für den Anblick angenehm zu erleichtern. Dieser Zug zur malerischen 
Virkung kommt in besonderem Maße auf der Nebenfront zum Ausdruck, wo nicht nur die terrassenartigen 
tbsätze an den Ecken des Erdgeschosses in die Erscheinung treten, sondern auch die Unterdrückung des 
weiten Obergeschosses festzustellen ist. 
ach oben hin im Grundriß zu Schwierigkeiten geführt hat, die in der wenig zweckmäßigen Form der an den 
Lchmalfronten gelegenen Räume sich bemerkbar machen. ln den Einzelheiten lehnt sich die Architektur aufs 
Ingste an Ruhls alten Vorentwurf B an. Die Geschosse sind nach Stilordnungen durchgebildet. Den Sockel 
mzieht ein bankartig ausgebildetes Gesims, in das die Rechteckfenster des Kellers so einschneiden, daß das 
)berglied des Profils durchläuft. Für das Erdgeschoß sind dorisierende Formen gewählt; die Ecken haben 
Iinfassung durch Diamantquaderung erhalten. Die rechteckigen Fenster besitzen profilierte Gewände und glatte 
lrüstungen; ihre Sohlbänke, die aus einem durchgehenden Bande vorkragen, ruhen wie die geraden Stürze 
uf schlanken Konsolen. Der Fries des dreigeteilten Gurtgesimses ist mit Triglyphen durchsetzt. .Das an der 
lante gegliederte, mit Volutenschlußstein versehene Rundbogenportal liegt in gequadertem Umrahmungsgewände 
nd wird von je zwei toskanischen Freisäulen flankiert, die über dem vorgekröpften Gurtgesimse einen Balkon 
ragen. Einfache Rechteckform nach Art der Fenster zeigt die auf der Nebenfront befindliche, ins Treppenhaus 
jhrende Tür. Im ersten Obergeschoß trennen flache Doppelpilaster jonischen Stils die Achsen. Die Fenster 
ind durch Ohren bereichert und mit Giebeln abgedeckt, die abwechselnd Dreiecks- und Bogenform aufweisen; 
nre Brüstungen, die sich gegen die Pilaster tot laufen, werden durch Docken gefüllt, die sich als freies 
leländer auch über den Mittelbalkon und die Eckterrassen fortsetzen. Das risalitartige, durch gekuppelte 
Ickpilaster gefaßte Mittelstück der Seitenfront zeigt in der Achse ein dreiteiliges Gruppenfenster, dessen gerade 
'erdachung über dem Mittelteil mit einem Flachbogengiebel bekrönt ist, und zu beiden Seiten vertiefte 
lechteckfelder. Das breite, wohlgegliederte, mit Konsolen geschmückte Gebälk ist als Hauptgesims zu werten. 
)as zweite Obergeschoß drückt seine Eigenschaft als untergeordnetes, bekrönendes Stockwerk nicht nur durch 
as Fehlen eines kräftigen Abschlußgesimses, sondern auch durch seine geringe Höhe und zierliche Architektur 
us. Die Fensterform mit der Kragsteinverdachung klingt an das Erdgeschoß an. Die Balusterzone, vom 
rsten Obergeschoß übernommen, läuft ununterbrochen über Fronten und Altane fort. Die Trennung der 
iensterachsen besorgen kleine flachbogige Nischen mit Muschelausfütterung. Den oberen Abschluß bildet eine 
iiedrige Attika, die als freie Endigungen schlanke Vasen trägt. Das flache Kuppeldach wird durch runde 
 
l Die Casseler Tagespost berichtet am 4. Oktober 1865: „Der Ständesaal ist durchaus renovirt und jetzt endlich mit einer 
rdentlichen Beleuchtung (zwei großen Kronleuchtern für Gas) versehen." 
Nicht zu leugnen ist, daß die künstliche Verkleinerung des Hauses_ 
Tafel 314
	        
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