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Eine zur Zeit des Barock geplante Stadterweiterung, die das ziemlich weit gegriffene östliche Vorgelände in
quadratische Häuserblocks aufteilen wollte} unterblieb. Auch der 1813 von Jussow aufgestellte Entwurf' eirier
südlich sich angliedernden ville commercale mit einem nach der Fulda sich öffnenden dreiviertelkreisförmigen
großen Platz kam nicht zur Ausführung. Vielmehr hielt sich hier noch lange als unangebautes Gelände die
Maulbeerplantage, die als Straßenname noch heute besteht.
Die neue Stadt war, bedenkt man ihren geringen Umfang, verhältnismäßig reich an öffentlichen Bauten.
lhr Hauptgebäude war die alte Magdalenenkirche auf dem Holzmarkt, dem alten Kirchplatz, an dem auch
das Rathaus lag. Das an der Mühlengasse gelegene Jägerhaus, auf dessen Platze jetzt das Kastell steht, reichte
mit der Rückseite bis an den Fluß. Ein anatomisches Theater für das Collegium Carolinum baute 1776
S. L. du Ry am Leipziger Platz. Anfangs des 19. Jahrhunderts, wo auf diesem Platz auch die neue Kirche
entstand, wurden das Waisenhaus, die Hofdruckerei, das Werkhaus, das Entbindungshaus, das Spinnhaus und
das Gefangenhaus aufgeführt. Die älteste der gemeinnützigen Anstalten, das Süsterhaus, dessen Ursprungsbau
wohl am Holzmarkt zu suchen ist, erfuhr später eine Verlegung in den Ziegenstall.
Die amtliche Neubenennung der Straßen und Plätze, die Ende des 18. Jahrhunderts erfolgte 9, hat sich
durchweg nicht gehalten.
Vor der Stadt hat der Siechenhof, das jüngste mittelalterliche Spital, seinen Platz. Bei ihm entstanden
die „neuen Häuser", die Schmincke 17674 für erwähnenswert hält. „Sierwerden meistens von Wirthen u. d. g.
bewohnet und zu der Unterneustadt gerechnet. Bey der zweyten Belagerung der Stadt Cassel im Jahre 1762
hatten diese Häuser das betrübte Schicksal, von der Französischen Besatzung gröstentheils in Brand gesteckt
zu werden." Beim Wiederaufbau erhielten sie ein „neues Ansehen". Den „neuen Häusern" gegenüber war,
wie Engelhard 17785 berichtet, „eine besondere Heuwage angelegt. Und da der übrige Zwischenraum nach
Bettenhausen hin durch den ganz neuen Anbau des großen Gebäudes der Charite guten Theiles ausgefüllet
worden. So machen sie mit diesen beiden Gebäuden eine ziemliche Strecke, und können daher nicht unbillig
eine kleine Vorstadt heißen." Ebenfalls außerhalb der Stadt, am Ufer der Fulda, stromabwärts, lag, wie ältere
Plänef erkennen lassen, ein einfaches Lagerhaus für die zu Wasser ankommenden und abgehenden Güter, das
„Salzhaus", das sicher bereits im Mittelalter vorhanden war. Stromaufwärts entstand später das Herrschaft-
liche Dielenhaus, das „einen großen Vorrath von Dielen, Bohlen und anderem Holzwerk, so auch zum Gebrauch
der Einwohner käuflich verlassen wird," enthielt} Der „Schutzwalt" vor der Neustadt wird 1505 erwähnt}
Freiheit.
Auch die großzügige Erweiterung, die Cassel 13309 erfuhr, erfolgte nach wesentlich anderen Grund-
sätzen, als der Ausbau des Dorfes zur Stadt. An eine Umhüllung des vorgefundenen Kerns im früheren Sinne
konnte schon deshalb nicht gedacht werden, weil das Ahnaberger Kloster, das auf dem nördlichen Vorgelände
der Stadt entstanden war, den Erweiterungsring auf seinem Wege zum Flußufer hemmte. An dieser Stelle
' Handzeichnungen, Landesbibliothek Cassel. ,
' Handzeichnungen, Landesbibliothek Cassel.
' Vgl. Abschnitt „Geschichtliche Einleitung" S. 17 und Stadtpläne v. Selig 1781 u. 1822. Nach dem Avertissement von 1775
sollten heißen „Die Brücken-Gasse - Die Leipziger Straße, Die Schenkel-Gasse - Die Waisenhaus-Straße, Die Lumbs-Gasse - Die Magda-
lenen-Straße, Die Fuchsgasse - Die August-Straße, Die Mühlen-Gasse - Die Moritz-Straße, Der Ziegenstall - Die Hospitals-Straße, Die
A. K. - Das Andreas-Gäßgen." Das Avertissement von 1782 benannte „Die Bädergasse bis an die Wasser-Pforte - Die Clemens-Straße,
Vom Ziegeserschen Haus bis an den Kirchplatz in der Unter-Neustadt - Die Magdalenen-Straße, Die Lumbs-Gasse - Die Crentz-Gasse,
Die Fuchs-Gasse - Die August-Straße" und die Plätze „Zwischen dem UnterNeustädter Wacht- und dem Ziegeserischen Hause - Den
Magdalenen-Platz, Vor dem Theatro-Anatomico - Den Leipziger-Platz."
f Cassel, S. 95. - " Erdbeschreibung l, S. 129. . r
' Stadtplan v. Müller 1547. Stadtplan v. Merian 1646.
' Schmincke, Cassel, S. 285.
' Schultze, Klöster, Urk. N0. 1856.
' Vgl. S. 6. Nebelthau, Congeries, S. 822. Kuchenbecker, Anal. Hass. lV, S. 271. Dilich, Chronica, S. 157, führt 1828 an.
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