Full text: Kreis Cassel-Land : Text (4)

Weinfaß in Niederkaufungen. 
KUNST GESCHICHT LICHE 
ÜBERSICHT. 
Sieht man von Kaufungens Kaiserbasilika und Wilhelmshöhes Fürstenschlössern ab, so kann der 
Kreis Denkmäler von mehr als gewöhnlichem kunstgeschichtlichen Wert nicht aufweisen. Das macht 
die Lage von Cassel im Mittelpunkte des Gebietes aus mehr als einem Grunde begreiflich. Früher als an- 
derswo im Regierungsbezirke haben hier die Dörfer ihre künstlerische Selbständigkeit verloren. Der Verkehr 
auf den alten Handelsstraßen brachte miteder Zeit dem Kunstgute des Mittelalters und der Renaissance den 
Untergang. Dem Mutwillen der vor der Hauptstadt lagernden Heere fielen die Gotteshäuser, ihrer Habsucht 
die Kirchenschätze zum Opfer. Die Reformation räumte mit den liturgischen Stücken der katholischen Zeit 
so gründlich auf, daß von Schnitzaltären, Monstranzen, Rauchfässern, Kruzifixen, Leuchtern, Chor- und Beicht- ' 
stühlen nichts überkommen ist. Werke der kirchlichen Kleinkunst aus romanischer Zeit sind überhaupt nicht 
vorhanden. Nur der gelegentlichen Erwähnung in einer Urkunde des Jahres 1102 verdanken wir die Kenntnis 
eines goldenen Kelches von Kaufungen, der einen Wert von elf Hufen Landes besaß. Nicht einmal der Dar- 
stellung nach ist jenes von der heiligen Kunigunde demselben Kloster geschenkte aus Gold und Edelsteinen 
zusammengesetzte Bildwerk bekannt, das vor dem Hauptaltar Aufstellung fand. Von den Paramenten der 
Stiftskirche findet sich nur ein dürftiges Verzeichnis aus der Zeit der Säkularisation, und nicht viel ergiebiger 
sind die Quellen, die über die Reliquiare und Prachtbücher des gut dotierten Konvents Aufschluß geben. Die 
Mehrzahl der modernen Glocken ist aus dem Metall der alten Gefäße gegossen, deren Mäntel mündlicher 
Nachrichten zufolge interessante Pilgerzeichen besessen haben müssen. 
Nicht viel besser erging es den Werken der Profankunst. Aus Wilhelmshöhes Schlössern entführte 
der fliehende jeröme Statuen, Bücher und Kupferstiche. Die französischen Neuerungen des Fremdherrschers 
beseitigte Kurfürst Wilhelm l., als er aus dem Exil in seine hessische Sommerresidenz zurückkehrte. Von 
den wenigen Höhenburgen des Kreises fehlt jede Abbildung des untergegangenen Aufbaues. An die alten 
Außenwarten der Stadt erinnern nur noch die Flurbezeichnungen auf den umliegenden Höhen. Wie die 
Großstadt Sprache und Sitten der Dorfbewohner nicht unbeeinflußt ließ, so wirkte sie auf die ländliche Kunst- 
übung umgestaltend ein, dem Handwerk ungewohnte und unverstandene Grundsätze beibringend. ln dem 
Maße, wie die Sympathie für die überlegene Kultur der Städte zunahm, schwand das Verständnis für den
	        

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