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Die Stiftskirche St. Petri.
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Fritzlar verbliebenen Manuskripten und den lnkunabeln sind die wertvollsten nach Aufhebung des Stifts 1803
der Fürstlichen Bibliothek in Cassel zugeführt worden; dort befinden sie sich, auf die einzelnen Wissen-
schaften verteilt und z. T. an dem erwähnten Fritzlarer Bibliothekszeichen kenntlich, noch jetzt; der in Fritzlar
verbliebene Rest, meist in Kalbleder gebundene Werke theologischen und juristischen Inhalts, wird in der Schatz-
kammer aufbewahrt. Es sind schmucklose Papierhandschriften und frühe Drucke, die mit einigen aus dem
Minoritenkloster stammenden gleichartigen Büchern in dem auf 5.55 erwähnten und auf Taf. 107 abgebildeten
Schranke von 1545 Platz gefunden haben; einige größere Stücke liegen in der auf Tat. 131 abgebildeten eisen-
beschlagenen Truhe. Für unser Inventar können diese minderwertigen Reste alter Herrlichkeit, abgesehen
von einigen Einbänden, ebensowenig in Betracht kommen als die besseren Stücke aus dem notdürftig
katalogisierten Bücherbestand aus späterer Zeit, welcher sich im darüberliegenden Bibliotheksaal, der „neuen
Kapitelstube", befindet.
Nicht zur Bibliothek gehörten anfänglich die für den liturgischen Gebrauch bestimmten Bücher, Er-
zeugnisse der Fritzlarer Schreibstube, welche mehr als die einfachen Handschriften Zeugnis geben von dem
einstigen Hochstand der Stiftsschule; beim allmählichen Niedergang des Stifts im 18. Jahrhundert kamen sie von
den Altären in die Bibliothek und schließlich nach Cassel, wo sich noch etwa 25 mit Buchmalereien ausgestattete
kostbare Lectionarien, Missales, Breviere und Psalterien vorfinden, deren auch nur flüchtige Besprechung hier
zu weit führen würde. _ _
Für unsere Zwecke bietet die Verzeichnung im Inventar von 1777: Libri, Ein rotbes in sambt ein-
gebundenes und mit silber beschlagenes Meßbucb; Ein Evangelienbueh S. S. joannis et Matbaei, so pro osculo pacis
gebraucht wird und auf einer seite von silber ist; Zehen Meszbücher item ein rotb-sambtenes; Zwölf Chorbücher so
bey denen pulten pro cantu chorali gebrauehet werden nichts, wir ersehen daraus nur, daß wertvolle Stücke ver-
schwunden sind. In Fritzlar befinden sich nur folgende reicher ausgestattete Chorbücher:
Tafel 132 1. Graduale, laut Eintrag auf der Innenseite des Vorderdeckels im Jahr 1359 vom Kapitel für den
" Peter- und Paulaltar (s. S. 52) angeschafft, 0,32 m h., 0,25 m br. 326 Bl. Einfacher Einband mit Eisenbeschlägen
und Schließriemen, dessen Fläche in Blinddruck mit Bandornamenten und schmalen Feldern, worin biblische Dar-
stellungen wiederholt werden, dekoriert sind. Auf gewöhnliches Pergament und nur mit den zur Erleichterung des
Chordienstes üblichen bunten Großbuchstaben geschrieben, bilden den einzigen Schmuck vier größere Initialen
mit eingemalten Wappen, welche über die Herstellung des Buches in Fritzlar keinen Zweifel lassen. Zunächst
sind es die von drei „PräIaten des Stifts", des Dekans Hermann von Talwich (1- 1378) auf fol. 1, des
Scholastikus Thiderich von Hardenberg (1- 1379) auf fol. 14b und des Kantors Otto von Valkenberg
(1- 1369) auf fol.100b und dann noch auf fol. 149b ein unbekanntes Wappen, das vielleicht dem Schreiberl
angehört. Das Buch beginnt mit der Enminica prima in ahneniu h} und der Notierung vom Gesang des
Priesters beim Beginn der Messe: jäh in Ieuaui animamvmeam.
Tafel 131-! 2. Graduale aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts; 186 Blätter in gepreßtem Schweinslederband des
16. Jahrhunderts, 0,39 m h., 0,28 m br.? Das Buch, im Anfang defekt, stammt wahrscheinlich von dem
Scholastikus Hermann Hankrat, dem Stifter der Salvatorkapelle am Kreuzgang (s. S. 59). In einem dem
eigentlichen Inhalt vorangehenden Index heißt es: Festa sancti Bonifatij et soeio? eius man}, Saneti Illygberti
confessoris et sei Bartbolomei apostoli babentur solennissima ex institutione venerabilis eximijque durii doctoris Hermanni
hanckrath Scholastici m12 Frizglarien; es kann demnach das Buch erst nach 1502, in welchem Jahre Hankrat
Scholastikus wurdet, geschrieben sein. Die Seiten sind in zwei Spalten geteilt und bei den Hauptabschnitten
Tafel 134 mit farbigen Randleisten verziert. Diese Leisten mit spätgotischen Blatt- und Blütenornamenten sind ver-
1 Die drei Prälatenwappen finden sich von derselben Hand gezeichnet und bemalt einzeln in zu Cassel befindlichen
Manuskripten, und zwar das Dalwigksche in einem Psalterium (Ms. theol. 106) und in zwei Lektionaren (Ms. theol.
141 und 146), das Hardenbergsche in einem Lektionar (Ms. theol. '92) und endlich das Falkenbergsche in einem
Ps alte riu m (Ms. theol. 96), welches 1334 auf Kosten des Cantors Herm ann von Val kenberg (T 1348) geschrieben wurde.
1 Der Buchdeckel ist um 0,03 m größer nach beiden Richtungen hin. .
3 Hankrat starb am 21. März 1514.