Private
Wohnbauten.
Begünstigt durch die unmittelbare Nähe von Brüchen des vorzüglichsten Sandsteines, sind in Gehi-
hausen schon früh ungewöhnlich viele Steinhäuser urkundlich und in ihren Resten nachweisbar. Sogar der
Fachwerkbau wurde wesentlich durch diesen Umstand beeinflusst, indem offenbar in Folge einer bald nach der
Stadtgründung gegebenen „Bauordnung" fast überall als Seitenwände der in der Regel ohne Zwischenraum
(Wich, Winkel) aneinander stossenden Häuser bis 1 m starke Brandmauern vorkommen, auf denen eine breite
steinerne, für je zwei Giebelhäuser gemeinschaftliche Rinne zur Abführung des Regenwassers liegt. Diese
Brandmauern sind entsprechend der üblichen Vorkragung der Fachwerkballteir ebenfalls und oft sehr stark
ausgekragt, und an diesen Stellen mit Profilen geschmückt, welche einen vorzüglichen Anhalt zur Datirung der
betreffenden Bauten bieten. Einzelne reichen bis in die Zeit des Uebergangsstyles hinauf und anderer-
seits fehlt es nicht an Beispielen bis ins 18. Jahrhundert hinein. Nur in einem Fall ist durch eine Inschrift
ein festes Datum gegeben an dem Haus Nr. 86 am Obermarkt von 1533, Tab. 166.
Profile von Auskragungen sind auf Tab. 163-65, 169 und 70 zu sehen und auf 155 zusammengestellt.
Der Fachwerkbau wurde durch diesen Umstand wesentlich vereinfacht und eine Aenderung der
Fronten sehr erleichtert. Da nun früher Bauholz sehr gut und billig in Gelnhausen zu haben war, sind den
Modernisirungsgelüsten nur äusserst wenige Häuser entgangen und so stehen jetzt die Auskragungen der
Brandmauern meist weit über das platte getünchte Fachwerk vor und lassen die zum Einsetzen von Schwellen
und Rahmen bestimmten Vertiefungen erkennen. Noch in den 3Oer Jahren gab es zahlreiche malerische Holz-
bauten wie aus den Radirungen von Ruhl hervorgeht, welche durch Handzeichnungen und Aquarelle bestätigt
werden, welche der Zeichenlehrer Hach (später Universitätszeichenlehrer in Marburg) aufgenommen hatte und
die durch seine Schüler copirt dort noch in manchem alten Bürgerhause zu finden sind.
Eine in Gelnhausen beliebte Anlage waren die auf Säulen in die Strassen vorspringenden Ausbauten
(„Hallen"), welche offenbar zu gewerblichen Zwecken dienten, und in Landscheidebüchern vom 14. Jahrhundert
an, in Folge der darauf gelegten Abgabe, sich zahlreich eingetragen finden, wie auch Kellerhälse, 'l'uchrahmcn
u. dgl. Die letzte derartige Anlage war die Halle auf dem Obemiarkt (cf. in diesem Abschnitt Nr. 3). Eine
ähnliche Construction in Stein hatte der Breidenbacher Hof, und es dürfte wohl ein hervorragender Bau etwa
an der Burg den Anstoss zu derselben gegeben haben.
A. Steinbauten.
1) Langgassc Nr. 257 (jetzt Kaufmann Bindernagel). Er kehrt allein unter den älteren Privathauten
der Strasse die Traufseite des Daches oder seine Läingseite zu, welche im Erdgeschoss leider völlig modernisirt,
im Obergeschoss im 15. Jahrhundert umgebaut erscheint. Der nach der Kuhgasse gerichtete Griebel hat da-
gegen ncch Kleehogenfenster, von deren unterem der Schlusstheil herausgehrochen ist, aber noch im Hause liegt,
und auf der südlichen Längseite hat sich noch ein gekuppeltes Rundhogenferlster mit diamantirter Bogenkante