Full text: Hessenland (49.1938)

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ich durch Philipp Losch, Geschichte des Kurfürsten 
tums Hessen. Marburg 1922?) Die Karte des Kurstaa 
tes verdanke ich der Landesbibliothek in Kas 
sel, den Plan der Bahnhofsanlagen in Frankfurt mei 
nem Kollegen R. M e n d e. 
I.Grundlegende Abmachungen in Kassel und erster Ver 
tragsentwurf. Februar 1841 bis Februar 1842. 
Bereits im Fahre 1838 hatte auf eine Anregung aus 
Darmstadt hin eine erste Fühlungnahme Zwischen dem 
Kurstaat und dem Großherzogtum wegen des Baues 
einer Nord-Südbahn stattgefunden, am 24. Oktober aber 
hatte der Kurprinz allen Gesprächen hierüber ein 
Ende gemacht, indem er verfügte: „Die Eröffnung spe 
zieller Verhandlungen und Anordnungen zur Ausfüh 
rung einer Eisenbahn in Kurhessen überhaupt, und zu 
nächst einer solchen von Kassel nach Marburg, behufs 
deren Weiterführung nach Frankfurt, soll beruhen." Erst 
am 28. Januar 1841 entschloß er sich, wieder Verhand 
lungen anzuknüpfen, diesmal aber nicht nur mit dem 
Großherzogtum, sondern gleichzeitig mit der Freien 
Stadt Frankfurt. In dem Schreiben an die beiden 
Staaten vom 6. Februar wird darauf hingewiesen, daß 
die Verhandlungen Kurhessens mit Preußen über den 
Bahnbau Kassel—Halle „zu einem gewissen Abschluß 
gekommen seien und man nun dem Vau einer Bahn von 
Kassel nach Frankfurt nähertreten könne". Der Kur 
prinz schlug, nachdem er vorübergehend an Frankfurt 
gedacht hatte, Kassel als Verhandlungsort vor, wo die 
„Kommission für Wegebau" die nötigen Vorarbeiten zu 
leisten hatte. Sie trat am 24. Mai 1841 unter dem 
Vorsitz des Oberbergdirektors S ch w e d e s in dessen 
Wohnung zu einer denkwürdigen Sitzung zusammen, in 
der das Projekt erörtert und zu einigen Anfragen des 
Ministeriums Stellung genommen wurde. 
S ch w e d e s war gerade aus Berlin zurückgekehrt, 
wo er als Vertreter des Kurstaates an den Verhand 
lungen über die Bahn Kassel—Halle teilnahm. Er war 
ein hervorragender Fachmann aus dem Gebiet des Ei 
senbahnwesens, der die ungeheure Bedeutung des neuen 
Verkehrsmittels für die Zukunft seines Landes klar er 
kannt hatte. Ganz durchdrungen von der Größe der ihm 
gestellten Aufgabe, scheute er vor keiner Arbeit zurück, 
wenn es galt, die Dinge vorwärts zu treiben. Mit Tat 
kraft und Ausdauer verband sich bei ihm eine nicht zu 
unterschätzende Geschicklichkeit des Verhandelns, sodaß 
man wohl sagen kann: hier hatte der Kurprinz den rech 
ten Mann aus den rechten Platz gestellt. 
Da Schwedes vorläufig in Berlin nicht abkömmlich 
war, wurde am I.Fuli 1841 der Oberfinanzkammer 
direktor M e i st e r l i n zum Bevollmächtigten des Kur 
staates bei den bevorstehenden Verhandlungen mit den 
beiden anderen beteiligten Staaten ernannt. Mitte Juli 
erschienen in Kassel der Geheimrat Eckhardt als Ver 
treter des Großherzogtums und der Senator Dr. S o u - 
ch a h als Vertreter der Freien Stadt. Schon nach weni 
gen Besprechungen war über wichtige Punkte eine vor 
läufige Einigung erzielt. Aus einer Niederschrift vom 
16. Fuli sei folgendes wiedergegeben: 4 
4) Des gleichen Verfassers neustes Werk, „Der 
letzte deutsche Kurfürst", kam mir erst nach Abschluß meiner 
Arbeit zu Gesicht. Hier (vgl. S. 169) fand ich bestätigt, was 
unten über den Charakter des Kurprinzen gesagt ist. 
Cs besteht die Gefahr, daß der Nord-Südverkehr durch 
Bahnbauten in anderen Staaten und durch die neuer 
dings begünstigte Nheinschisfahrt den beiden Hessen gänz 
lich verlorengeht. Nur der schnelle Bau einer Bahn 
kann Abhilfe schassen. Da aber nicht nur der Norden 
(Hansestädte) mit dem Süden, sondern auch Leipzig über 
Halle mit Frankfurt verbunden werden soll, muß Klar 
heit über den Anschlußpunkt geschaffen werden. Die 
Freie Stadt schlägt Fulda vor, um so eine gute Verbin 
dung mit Halle und Leipzig über Eisenach zu erhalten. 
Damit kann sie aber nicht durchdringen, die Wahl fällt 
auf Kassel, da die Landeshauptstadt nicht abseits der 
großen Verkehrsadern liegen soll. Weiterhin werden 
u. a. folgende Punkte als Grundlagen zukünftiger Ver 
handlungen vorgeschlagen: 
1. Die zu erbauende Bahn fährt von Kassel durch das 
Fulda-, Edder- und Schwalmtal nach Neustadt (Wasser 
scheide!), dann durch das Ohm- und Lahntal nach Gie 
ßen, von da über Friedberg—Vilbel—Vonames nach 
Frankfurt. 
2. Es soll eine möglichst große Anzahl von Ortschaf 
ten berührt werden, aber Lokalinteressen müssen Zurück 
treten. 
3. Jeder Staat baut auf seinem Gebiet, die Art der 
Aufbringung der Geldmittel bleibt ihm überlassen. 
4. Dann aber ist die Bahn von Kassel bis Frankfurt 
als ein Ganzes anzusehen. Eine gemeinschaftliche Kom 
mission leitet den Betrieb. 
5. Bahnhöfe werden nach Bedarf angelegt, größere 
sind in Kassel, Gießen und Frankfurt vorgesehen. 
6. Das Reineinkommen der Bahn ist auf die drei 
Staaten zu verteilen in demselben Verhältnis, in dem sie 
sich an den Kosten beteiligt haben. 
Am 20. Juli bereits konnten Eckhardt und S o u - 
chah wieder nach Hause fahren, um bei ihren Regie 
rungen Vortrag zu halten. Am 3. September erklärte 
die Großherzogliche Regierung ihr grundsätzliches Ein 
verständnis mit den in Kassel getroffenen Abmachungen 
und wünschte den baldigen Abschluß eines Staatsver 
trages. In den nächsten Wochen setzte in Kassel eine 
eifrige Tätigkeit ein. Während das für den Vahnbau in 
Betracht kommende Gelände vermessen wurde, entwarf 
man einen Staatsvertrag auf Grund der gemeinsamen 
Besprechungen. Am 11. November griff der Kur 
prinz ein und verlangte, es müsse klipp und klar zum 
Ausdruck gebracht werden, „daß eine Nötigung, aus 
Staatsmitteln zu bauen, nicht eintreten könne." Weiter 
äußerte er den Wunsch, Hanau, die zweite Hauptstadt 
des Landes, an die Bahn anzuschließen (16. November), 
womit man in Darmstadt unter der Bedingung einver 
standen war, daß nun auch Osfenbach berücksichtigt würde 
(27. November). 
Inzwischen gingen die Verhandlungen in Berlin über 
die Halle—Kasseler Bahn ihrem Ende entgegen. Vis 
zuletzt hatte man hier versucht, Fulda zum Eisenbahn 
knotenpunkt zu machen und so, ohne Kassel zu berühren, 
die kürzeste Verbindung zwischen Frankfurt und Leipzig 
herzustellen?) Schwedes aber konnte die Wünsche 5 
5) Schreiben des Großherzoglich-Hessischen Außenministers 
Du Thil an den kurhessischen Außenminister. 12.Nov. 1841.
	        
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