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werden. Daneben wird einer der bekannten Ablaßbriefe
Erzbischofs Albrechts von Mainz aus dem Jahre 1517
gezeigt. Urkunden und Aufzeichnungen vom 12 . bis 15.
Jahrhundert aus Fulda, Hersfeld, Fritzlar und Hasungen,
von denen die Hersfelder Mönchsgelöbnisse besondere Be
achtung verdienen, runden das Bild ab, das durch den älte
sten im Bezirk des Staatsarchivs befindlichen Siegelstempel
von etwa 1240 (Stift Fritzlar) ergänzt wird. Eine künst
lerisch hervorragend ausgestattete Urkunde des Klosters
Naumburg von 1514 und das Edikt Landgraf Philipps
des Großmütigen über die Aufhebung der hessischen Klö
ster von 1527 vollenden die Neihe.
Die letzte Abteilung dieser zweiten Gruppe vereinigt
Dokumente aus der Geistesgeschichte der hessischen Klö
ster und zeigt berühmte Urkundenkopiare des Klosters
Fulda, der Abtei Hersseld und des Deutschen Ordens in
Marburg aus dem 9. bis 15. Jahrhundert. Der Codex
Traclitionum des Klosters Fulda, der um 834 unter
dem bekannten Abt Hrabanus Maurus geschrieben wurde,
und der Liber de libertatibus des Klosters Hersseld
sind Dokumente von hohem geschichtlichen Werte. Ein
Hasunger Güterverzeichnis von etwa 1120, die etwas
später abgefaßte Klosterchronik von Lippoldsberg an der
Weser, ein Totenkalendarium des Fritzlarer Stiftes und
ein besonders ansprechendes Werk, die Netzer Bibel, ein
Wiegendruck aus dem 15. Jahrhundert mit handgemal
ten Initialen und späteren chronikalischen Eintrügen,
beschließen als Zeugnisse hoher klösterlicher Kultur diese
Abteilung.
Die vierte Gruppe enthält Urkunden und Akten zur
hessischen Territorialgeschichte aus der Zeit von 1225 bis
1866. Sie beginnen mit Urkunden über den Kreis der
letzten Thüringer und der ersten hessischen Landgrafen in
ihren Beziehungen Zum Deutschen Orden. Aus seinem
Archiv stammen die Zeugnisse über das Leben der hei
ligen Elisabeth und ihrer großen Tochter Sophie von
Brabant, darunter die päpstliche Bulle über die Heilig
sprechung Elisabeths und eine von ihrem Beichtvater,
dem berüchtigten Ketzerrichter Konrad von Marburg,
mitbesiegelte Urkunde. Wir folgen dem machtvollen Auf
stieg Hessens im 13. und 14. Jahrhundert, der einen
ersten Ausdruck in dem künstlerisch ausgezeichneten
Schwertsiegel der hessischen Landfriedensrichter findet,
über die Erhebung der Landgrafen in den Neichsfürsten-
stand und begleiten sie durch die wechselreichen und schwe
ren Kämpfe mit ihren gefährlichsten Gegnern, den Erz
bischöfen von Mainz, zum ersten politischen Höhepunkt
im 15. Jahrhundert unter Ludwig I. Seine Teilnahme
an den Hussitenkriegen, das Niederringen von Mainz
und seine großen territorialen Erwerbungen stellen wie
die spätere führende Nolle der hessischen Fürsten im
Neichskriege gegen Burgund Höhepunkte der Landes
geschichte dar, die durch einzelne wichtige Stücke wieder
in unser Blickfeld gerückt, aber durch die Leistungen Hes
sens im 16. Jahrhundert schon überschattet werden. Die
weltgeschichtliche Bedeutung, zu der unsere Heimat durch
Landgraf Philipp den Großmütigen in der Reformation
erhoben wurde, hat in einem politischen Archiv ihren
Niederschlag gefunden, das als eines der wichtigsten Ne-
sormationsarchive Schätze von hervorragender Bedeu
tung birgt, deren Ausbreitung uns tief in jene große
Zeit einführt. Wir sehen Akten des Bauernkrieges (da-
runter einen Originaldruck der „zwölf Artikel" der Bau
ern und einen eigenhändigen Brief Thomas Münzers),
den eigenhändigen Denkzettel des 16jährigen Landgrafen
von dem denkwürdigen Reichstage zu Worms, die eigen
händige Aufzeichnung des jungen Fürsten über die Ein
führung der Reformation in Oberhessen und die älteste
Matrikel der Universität Marburg von 1527- es folgen
die Protestation von Speyer, das Marburger Religions-
gespräch mit den eigenhändigen Unterschriften der Re
formatoren und Briefe der großen Männer jener Zeit:
. Luther, Melanchthon, Zwingli u. a. Wir sehen Doku
mente des Ringens Zwischen Kaiser Karl V. und Land
graf Philipp (Aufhebung der Reichsacht über den Land
grafen, Abdankung des Kaisers) und zuletzt das land
gräfliche Testament von 1562, das dieser großen Zeit
Hessens ein Ende setzte. Von hier aus wird die Ge
schichte des Fürstentums an Hand wichtiger Stücke be
sonders aus dem Dreißigjährigen Kriege und den Kämp
fen gegen die französische Fremdherrschaft bis zur Ab
dankung des letzten Kurfürsten weitergeführt. Neben den
Dokumenten, die den glücklichen Abschluß der für Hessen
besonders schweren Jahre des Dreißigjährigen Krieges
anschaulich machen, erscheinen eigenhändig gezeichnete
Schriftstücke der großen Heerführer dieser Zeit, so von
Gustav Adolf, Wallenstein, Orenstierna, Tillh und Picco
lomini- es folgen Zeugnisse anderer machtvoller Gestalten
der deutschen Geschichte, die zu Hessen Beziehungen hat
ten, darunter des großen Kurfürsten, des Prinzen Eugen,
Friedrichs des Großen und Napoleons. Wir sehen das
Tagebuch eines hessischen Grenadiers aus den amerika
nischen Freiheitskriegen, den französischen Steckbrief auf
Oberst von Dörnberg nach seinem mißglückten Ausstand
gegen Jérome und beenden unseren Gang durch die hes-
sche Geschichte bei der Proklamation Wilhelms I. über
die Vereinigung Hessens mit Preußen vom 3. Oktober
1866.
Die vierte Gruppe vereinigt charakteristische Stücke zur
Geschichte der bedeutenderen ehemals selbständigen Ge
biete, welche die Landgrafschaft Hessen im Laufe der
Jahrhunderte erworben hat. Diese sind: Katzenelnbogen,
Ziegenhain und Hersfeld, Hanau, Fulda und Waldeck-
hinzutreten eine kleinere Zahl hessischer Dynasten des
13. Jahrhunderts.
Bei Katzenelnbogen interessiert die Weite der Bezie
hungen, die nach Luxemburg und Brabant hinübergreifen,
und bei Ziegenhain und den Dynastenfamilien vor allem
die in prachtvollen Siegeln geprägten hohen künstlerischen
Leistungen echter mittelalterlicher Kleinkunst. Noch wert
voller aber sind in dieser Hinsicht die anschließend aus
gestellten Stücke von Hersfeld, denn sie zeigen das älteste
deutsche Klostersiegel, das um 880 geschnitten wurde.
Aus der hanauischen Geschichte werden die wichtigsten
Ereignisse durch urkundliche Zeugnisse belegt. Die mün-
zenbergische Erbschaft, der Gewinn von Teilen der Graf
schaft Nieneck, die Erhebung der Adelheid von Hanau in
den Stand der Freigeborenen und diejenige Philipps von
Hanau in den Stand der Ncichsgrafen führen durch die
mittelalterliche Geschichte Hanaus zu der neben Sophie
von Brabant bedeutendsten hessischen Landgräfin, Amalia
Elisabeth aus dem Hanauer Grafenhause. Ihr ist nicht
nur die Rettung der Landgrafschast aus dem Zusammen
bruch des Dreißigjährigen Krieges, sondern auch die