Full text: Hessenland (49.1938)

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führt noch eine windungsreiche Straße zwischen Gott 
hards und Ketten über die Höhen. Sie muß hier die gut 
ausgebildete Wellenkalkstuse überwinden, denn nahe dem 
Tale der Nüst ist der Rand der Hochfläche als typische 
Schichtstufe entwickelt. Eine Eigenheit ist hier nur die 
Menge der Phonolith- und Vasaltdurchbrüche, die über 
all dank ihrer Härte kleine Küppchen und Buckel an den 
Hängen bilden. Kleine Vorkommen vulkanischer Gesteine 
werden auch ohne besonders auffällige Geländegestaltung 
immer wieder bei Erdarbeiten angeschnitten, schöne Auf 
schlüsse lieferte z. B. der Bau der Nüsttalstraße. Ein . 
wenige Zentimeter mächtiger Vasaltgang ist im Nöt 
zwischen Morles und Gotthards am Wegrand vorzüglich 
zu verfolgen. 
Die steilen Hänge des Wellenkalkes und Nöts, die dem 
Lauf der Nüst gleichlaufen, bedeckt größtenteils Wald. 
An der Grenze von Ton- und Kalkboden, also sowohl 
von Nöt und Wellenkalk wie von Wellenkalk und Mitt 
lerem Muschelkalk liegen die Siedlungen in dem Talzug, 
der bei Hofaschenbach nach Norden zieht, 3 Ortschaften 
liegen hier. In dichter Aufeinanderfolge liegen im Tal 
der Nüst, das vor der Kalkstufe in den durch zwei Nöt- 
mulden unterbrochenen Mittleren Buntsandstein einge 
schnitten ist, alte Ortschaften. Silges, Rimmels, Morles, 
Kermes und Gotthards haben alle gleiche Namensform, 
eine Form, die in der Fuldaer Niederung auf ähnlichen 
Bodenverhältnissen gleichfalls in geschlossenem Gebiet 
auftritt. Sie liegen auf gutem Boden, Lehmflächen und 
schwerer Nötboden sind vorhanden, daneben noch leich 
tere Böden des Buntsandsteins. Bei Silges wurden 
Gräber der Hallstadtzeit gefunden, die reichsten Funde 
aus vorgeschichtlicher Zeit liegen jedoch ganz im Westen, 
am Beginn der Hünfelder Niederung, der die Nüst ja 
Zustrebt. Südlich vom schon früher genannten Molzbach 
wurden Neste einer Latène-zeitlichen Herdstelle in Mak- 
kenzell entdeckt. Dieses Dörflein hat aber noch eine ganz 
andere Bedeutung. Hier kann ein vorbonifatianisches 
Klösterchen vermutet werden, das ein Grundherr für seine 
christlichen Gefolgsleute und Hörigen anlegte, ehe an die 
Gründung des Klosters Fulda gedacht war. Wenn dieses 
Dorf trotzdem erst im 12. Jahrhundert wieder in Kloster 
urkunden genannt wird, so dürfte der Grund sein, daß 
es dem Kloster erst spät gelang, hier zu Grundbesitz zu 
gelangen, da die Eigentümer nicht gewillt waren, ihn 
den Fuldaer Äbten abzutreten. Wohl erst dank der Über 
lassung landesherrlicher Befugnisse an das Kloster durch 
den König gelang es Fulda, eine Oberhoheit auch hier 
durchzusetzen. Der freie, ansässige Adel mußte in das 
Ministerialenverhältnis eintreten. Seit 1250 war das 
Dorf befestigt und konnte so mit dem bei ihm errichteten 
Schlößchen die Verbindung der Hünfelder Niederung mit 
dem Nüsttal sperren. 
Südlich des dicht besiedelten Nüsttales erstrecken sich 
Sandsteinhöhen, die einer Aufsattelung angehören. Oie 
Nüsse durchbricht den Höhenzug, keine Straße folgt aber 
ihrem Tal, alle Wege gehen über die Höhen. Ein fast 
durchgehend mehrere Kilometer breiter Waldgürtel er 
streckt sich an der südlichen Kreisgrenze, die dem Höhen 
rücken folgt, entlang. Nur im Osten, bei Schwarzbach, 
dessen Gemarkung völlig im Buntsandsteingebiet liegt, 
reicht er nicht bis an die Ackerfluren der Taldörfer an 
der Nüst heran. 
Schicht st ufenlandschaft im Nordosten: 
Als letzte kleine landschaftiche Einheit ist schließlich noch 
der Nordostzipfel des Kreises zu nennen, der landschaft 
lich völlig mit den nördlich anschließenden Teilen des 
Kreises Hersseld übereinstimmt. Östlich und nördlich 
der 630 Meter hohen Basaltkuppe des Soisberges bildet 
Wellenkalk und Bausandsteinzone je eine Stufe. Der 
Kalkrand erhebt sich stark zerlappt bis 100 Meter über 
die im Osten vorgelagerte Sandsteinfläche. Er trägt auf 
der 477 Meter hohen Grasburg eie Ningwallanlage mit 
eigenartigem, von den sonstigen vorgeschichtlichen Be 
festigungen sehr abweichenden Inventar. Unter ihr liegt 
im Nordosten Ober-Vreitzbach, im Südosten Mansbach. 
Letztgenanntes Dorf lag neben einer Burg, aus dem 
Herrensitze gingen später zwei Güter hervor. So gehört 
Mansbach neben Wehrda, wo ebenfalls ein alter Her 
rensitz war, zu den im Kreis Hünfeld sonst sehr seltenen 
Dörfern, in denen landwirtschaftliche Großbetriebe sich 
befinden, alleinliegende Güter sind ebenfalls sehr selten 
(z. B. Mahlerts und Fürsteneck). 
Die Feldfluren von Mansbach und Ober-Breitzbach 
erstrecken sich über schwere Nötböden und leichten Sand 
steinboden, die Dörfer liegen etwa an der Grenze der 
beiden Gesteinsarten. Weiter ab von den Dörfern stellt 
sich Wald auf den Vuntsandsteinflächen und Hängen ein, 
in kleinem Tälchen liegt Glaam hier inmitten einer Rode- 
insel. Am Kalkrand westlich der Dörfer liegen einzelne 
vorgeschobene Höfe und Vorwerke. 
Rückblick: Die Landschaften des Kreises Hünfeld 
haben alle rein ländlichen Charakter. Die Ackerflächen 
sind mit nur wenigen Ausnahmen Bauernland. Ver 
dienstmöglichkeiten für auf Erwerbstätigkeit des Besitzers 
angewiesene landwirtschaftliche Kleinbetriebe bieten die 
Kaliindustrie im Nordosten gleich jenseits der Kreis 
grenze und die Fabriken in Fulda und Hersfeld. Gerade 
Fulda ist von besonderer Bedeutung, selbst ein eigent 
lich doch sehr abgelegenes Dorf wie Schwarzbach im Ge 
biet der oberen Nüst schickt Arbeiter nach Fulda, sie 
fahren von Bieberstein 7 ). Steine und Erden werden kaum 
noch abgebaut, die Basaltwerke bei Hünfeld und Eiter 
feld liegen längst still, Sandstein wird nur von Nudolfs- 
han noch nach außerhalb versandt, eine große Ziegelei 
arbeitet noch bei Hünhan. Größere Sägewerke fehlen 
und nur kleinere Betriebe bauen Kalk zum Brennen ab. 
Die Kalischätze in der Tiefe werden ebensowenig wie die 
Solquelle bei Rothenkirchen genutzt, das Vraunkohlen- 
vorkommen bei Buchenau ist zu wenig ausgedehnt, um 
Bedeutung zu erlangen. Die einzige auch im Landschafts 
bild hervotretende Industrie ist die Flachsröste in Hün 
feld. 
Große Waldgebiete kennzeichnen die Sandsteinplatten 
im Westen und die „gestuften Flächen" im Südosten, 
Nordosten und Mitte. 160 Ouadratkilometer des 444 
Quadratkilometer großen Kreises, also 36 nimmt der 
Wald ein. 260 Quadratkilometer, darunter 1937 fast 71 
Quadratkilometer Grünland, werden landwirtchaftlich 
genutzt, diese Fläche umfaßt in erster Linie die Kalk 
landschaften und die Hünfelder Niederung. Diese Ge- 
7) 1938 wurde der Bau eines Haltepunktes bei Elters be 
gonnen.
	        
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