Full text: Hessenland (49.1938)

19 
Skelettgräber geöffnet und untersucht werden. Die Ske 
lette hatten sich, trotzdem die Bestattungen schon über 
tausend Jahre Zurückliegen, fast alle in dem Kalkboden 
Goddelsheims gut erhalten. Von den Fundstücken der 
Grabungen beherbergt unser Museum schon eine größere 
Zahl: ein schönes fränkisches Langschwert (Spatha), eine 
Anzahl dolchartiger Messer, mehrere eiserne Gürtel 
schnallen, mehrere Broschen als Frauenschmuck in ver 
schiedener Ausführung und Gestaltung, Perlen von 
Halsketten aus Kindergrübern und eine Lanzenspitze. 
Besonders reich ausgestattet waren Zwei Kriegergräber, 
die vor einigen Monaten aufgedeckt wurden. Von ihnen 
hat das Museum noch folgenden Zuwachs Zu erwarten: 
ein gut erhaltenes KurZschwert (Seramasax), eine frän 
kische Streitaxt (Franziska), mehrere Pfeilspitzen und 
Lanzenspitzen, Stahl und Stein Zum Feuerschlagen, Zwei 
Kämme, mehrere Gefäße (fränkische Keramik), eine rö 
mische Münze (163 n. Ztw.), die einer der Bestatteten 
im Munde trug, mehrere Messer und Gürtelschnallen und 
anderes mehr. 
Ferner stieß man bei der Grabung in Goddelsheim 
ganz unvermutet aus Brandgrubengrüber aus der Zeit 
Christi. Der Inhalt der Gräber (Urnen, Urnenscherben, 
Brandreste, Schildnägel und mehrere gut erhaltene Fi 
beln aus Bronze und Eisen) ist ebenfalls im Museum 
zur Schau gestellt. 
Durch die Vollendung der in den letzten Jahren ge 
planten Arbeiten hat das Korbacher Museum vorläufig 
einen gewissen Schlußstein in seinem äußeren Aufbau 
erhalten. Weitere größere Pläne harren noch einer 
späteren Ausführung. Möge das Museum aber schon 
in seiner jetzigen Gestalt manchen Heimatfreund erfreuen 
und innerlich bereichern. 
Die Kfsaire Zepdelmann der Kasseler Bühne 
Ein Beitrag zur hessischen Theatergeschichte 
Von Dr. Helmut K r a m m 
Die lebendige hessische Kultur, die durch die Fürsorge 
der Landgrafen im 16., 17. und 18. Jahrhundert entstan 
den war, vermochte sich im gleichen Maße unter den 
Kurfürsten im 19. Jahrhundert nicht mehr zu entfalten. 
Die rege Teilnahme, die Landgraf Wilhelm IV., die 
Moritz der Gelehrte, Landgraf Karl und Friedrich II. 
allen Ereignissen und Bestrebungen entgegengebracht 
hatte, stand als staatliche Förderung und persönliche Nei 
gung dem kulturellen Leben des 19. Jahrhunderts in 
Hessen nicht mehr zur Verfügung. Hatte auch Landgraf 
Wilhelm IX., der spätere erste Kurfürst, noch großes 
Verständnis für alle Fragen der Landschasts- und Bau 
kunst bewiesen, so lag doch nicht mehr jene große allge 
meine Betreuung vor, die Hessen im 16. und frühen 17. 
Jahrhundert erlebt hatte. Das Verständnis für die Be 
deutung und Größe einer künstlerischen Leistung war 
'chcht mehr in der völligen Art und in der Fähigkeit Zu 
einem großen Einsatz wirksam, sondern kleinere Gebiete 
wurden in besonderer Weise aus einseitiger Vorliebe ge 
pflegt. Oie Kurfürsten waren allgemein leicht geneigt, 
das für Luxus und unnötige Ausgaben zu erachten, was 
ein Volk und eine Landschaft Zu ihrem geistigen Bedürf 
nis und ihrer seelischen Reife notwendig zu erfordern hat. 
Nur in einzelnen Beziehungen konnten größere Aus 
nahmen entstehen. 
Wie Kurfürst Wilhelm I. ein großer Verehrer 
der Baukunst war, so beschäftigte sich auch sein Sohn, 
Kurfürst Wilhelm II., gern mit der Architektur, wenn 
auch nicht in dem großzügigen Maße, wie sein Vater. 
Das größere Verdienst aber, das sich Kürfürst Wilhelm II. 
für die hessische Kultur erworben hat, beruht in seiner 
Förderung der Kasseler Bühne. Hier ließ er eine 
Leistung werden, die unabhängig von allen sei 
nen persönlichen Schwächen, die sich im politischen Leben 
bemerkbar machten, seine Bedeutung behalten wird. Seine 
Neigung für das Theater brachte den Erfolg, daß die 
hessische Bühne eine Blüte erlebte, die lange vor dem 
nicht in Erscheinung getreten war. Kaum war er zur 
Regierung gekommen, als die Hofbühne geschlossen 
wurde und Bromeis den Auftrag erhielt, das Theater 
von innen wie von außen Zu erneuern. Das alte 
Stadtpalais des Prinzen Maximilian, eines Sohnes des 
Landgrafen Karl, war nach der Mitte des 18. Jahrhun 
derts Zu einem Theater umgebaut worden und erlebte 
nun 1821 seine Zweite völlige Erneuerung. Vromeis hat 
dem Kasseler Theater die Fassade geschaffen, die es fast 
ein Jahrhundert behalten hat, bis man glaubte, an seine 
Stelle das Warenhaus bauen zu müssen. Wie das 
Äußere wesentlich verändert wurde, so erlebte auch die 
Innenausstattung mannigfache zeitgemäße Verbesserun 
gen. „Im Theaterhof und -Garten wurden drei große 
Flügelgebäude aufgeführt, in denen sich Säle für die 
Ballett- und Chorproben, die Anfertigung der Deko 
rationsmalereien und Zur Aufbewahrung der Herren- und 
Damengarderobe in den oberen Stockwerken befanden, 
während die Erdgeschosse Zur Aufnahme der Kulissen 
und Prospekte dienten. Maschinerien, Garderobe, Be 
leuchtung, Requisiten, alles wurde erneuert, und dabei 
glänzende, kostbare Anschaffungen gemacht. Bühne und 
Zuschauerraum erhielten ein neues Podium. Die un 
förmlich dicken Holzfäulen, die durch die drei Ränge lie 
fen und die ohnehin beschränkten Plätze noch verengten 
und verdunkelten, wurden entfernt und durch zierliche, 
vergoldete eiserne Säulen ersetzt. Es war für die damalige 
Zeit ein bedeutendes Stück Arbeit, aber durch Annahme 
einer großen Arbeiterzahl und angestrengteste Tätigkeit 
wurde es ermöglicht, den Umbau innerhalb sechs Mona 
ten fertig zu stellen." H 1 * 
1) Wilhelm Vennecke: Das Hoftheater in Kassel von 1848 
bis zur Gegenwart Kassel 1906.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.