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Fürstabtei Fulda: Fuldatal, Lütter-, Haune- und
Viebergrund.
Grafschaft Henneberg: Werra- und Feldatal.
Strittig: Mstergrund und Sinntal.
Dazwischen lagen als strategisch wesentliche Positio
nen die Übergangspässe und die ihnen vorgelagerten
„Brückenköpfe", z. B. der Gersfelder Talkessel. Die
würzburgischen und fuldaischen Interessendrucklinien muß
ten somit im oberen Fuldagrund, oberen Ulstergrund und
im Sinntal (Durchgangsstraße Fulda-Motten-Brückenau-
Hayimelburg) aufeinanderstoßen.
An die oft sehr weltlichen Auseinandersetzungen dieser
streitbaren Herren im geistlichen Gewände erinnert noch
heute der Flurname „Haderwald" im Gersfelder Bezirk.
Was lag näher, als Grenzfragen aus altherkömmliche
Weise zu bereinigen? Aus altgermanischen Adelsge
schlechtern entstammend, wußten sie nicht nur als Strei
ter Gottes Wort und Feder, sondern auch Schwert und
taktische Kriegsregeln trefflich zu handhaben. Es kam
ihnen nicht daraus an, das geistliche Gewand mit dem
Nitterharnisch zu vertauschen und zu Roß zu steigen, um
ihre reisigen Scharen in den Kampf zu führen. „So kam
es 1242 Zu einem Streit um den Besitz des Dammers-
feldes. Der Würzburger Fürstbischof Hermann I. hatte
sich dieses zum Fuldaer Besitzes gehörigen Gebietes be
mächtigt. Abt Konrad III. zog ihm entgegen, besiegte
ihn in einem blutigen Gefecht und trieb ihn mit seinen
Scharen über die Grenze des Fuldaer Landes Zurück.
Noch heute sind droben auf dem Dammersfeld, wo einst
die Äbte eine große Meierei besaßen, die alten Grenz
steine Zu sehen, die das Fuldaer vom Würzburger Ge
biete schieden".
Im Endergebnis der jahrhundertelangen Gebietsstrei
tigkeiten und des oft gemeinsam gegen die Nitterschaft
durchgeführten Kampfes konnte sich jedoch Würzburg le
diglich lehensrechtlich im Gersfelder Talkessel und besitz-
rechtlich im Amt Hilders festsetzen, Fulda hatte nun
einmal geopolitisch — nicht immer finanziell — die
stärkeren Trümpfe in der Hand, um über die den Eber
steinern entrissenen Gebiete und über den Biebergrund,
sowie von Geisa-Tann aus dem würzburgischen Druck
im Mstergrund begegnen Zu können und einen Flanken
stoß über Ostheim ins Steutal, sowie über Brückenau-
Hammelburg ins Sinn- und Saaletal erfolgreich Zu un
ternehmen.
Verfolgen wir nun in kurzen Zügen den Kampf zwi
schen Bischofsstab und Ritterschwert, das Schicksal der
einzelnen Nitterherrschasten. Es ist um die zweite Hälfte
des 13. Jahrhunderts. Die Hohenstaufenkaiser haben
wieder beste deutsche Kraft im Kampfe um das Erbe
Roms verbluten lassen, ihr letzter Sproß fällt einem
italienischen Henker zum Opfer. In Deutschland wütet
die „kaiserlose, die schreckliche Zeit", bis Kaiser Rudolf I.
von Habsburg mit fester Hand ordnend eingreift. 66
Raubburgen werden Zerstört, 29 thüringische Ritter hin
gerichtet. Ihm zur Seite stehen Landesherren im Kampfe
gegen das entartete Rittertum, so der Markgraf von
Brandenburg und in Hessen Landgraf Ludwig, der
Eiserne, der „hartgeschmiedete Landgraf".
Auch in der Rhön greifen die anliegenden Landes
herren von Fulda, Würzburg und Henneberg ein. Beson
ders hervor tat sich Abt Verthold von Leibolz. „Er war
selbst aus ritterlichem Geschlecht und ein kampfgeübter
Herr, wenn auch klein von Gestalt, sodaß seine Feinde
ihm den Beinamen „Abt Fingerhut" beilegten. Schon
im 12 . Jahrhundert hatten die Fuldaer Äbte gegen die
Ritter einschreiten müssen- 1119 zerstörten sie die Feste
der Ritter von Milseburg aus dem Liedenküppel und er
bauten als Gegenfeste 1150 Schloß Bieberstein, im glei
chen Fahre nahmen sie die Ebersburg ein, ohne sie je
doch zu schleifen. 120 Jahre später nun ging Abt Bert-
hold ohne Schonung gegen die Ritter vor. Er Zerstörte
15 Burgen und belagerte auch die Ebersburg. Es
gelang den Rittern, über die Abteigrenze zu entfliehen
und sich in dem würzburgischen Städtchen Bischofsheim
festzusetzen, in dem die Ebersberger ein Gut besaßen.
Aber auch hier vertrieb sie Berthold, wobei Bischofsheim
in Flammen aufging. Den dabei in seine Hände gefallenen
Ritter Hermann von Ebersberg setzte er in Fulda ge
fangen und ließ ihn dann auf dem Marktplatz daselbst
mit Schimpf und Schande öffentlich enthaupten." Nun
steigert sich der Kampf in erbitterster Form zu drama
tischer Höhe. Durch sein Vorgehen bringt der Abt die
gesamte Nitterschaft des Landes gegen sich auf, die die
öffentliche Hinrichtung eines der Ihren als Schimpf ge
gen die ganze Nitterschaft betrachtet. Am 15. April 1271
wurde Abt Berthold ermordet.
Das Schicksal der Herren von Ebersberg, Eberstein
und Steinau war damit zunächst besiegelt. Ihre Burgen
werden geschleift, der Besitz von Fulda enteignet. Aber
noch Jahrhunderte dauerte der Kampf Zwischen den nun
mehr gefürsteten geistlichen Herren zu Fulda und den
Rittern um den Besitz der Nhönberge und Talgründe,
der Bauern und ihres kargen Fronzinses, bis eine mäch
tigere Hand diesem jahrhundertelangen Zwist zu Beginn
des 19. Jahrhunderts ein Ende machte und ihnen allen
Hoheitsrecht und Besitz nahm.
Die Herren von Ebersberg söhnten sich um
1300 mit dem Abt von Fulda wieder aus. Sie erhielten
Zwangsaufenthalt in einem unbefestigtem Schloß in
Weyhers Zugewiesen und führten seitdem den Beinamen
„genannt von Weyhers". Den größeren Teil ihrer Be
sitzungen erhielten sie als fuldaisches Lehen zurück. Gegen
Ende des 14. Jahrhunderts bauten sie mit den Herren
von Steinau-Steinrück, die nach dem ehemals eberstei-
nischen Poppenhausen verbannt waren, in diesem Ort ein
befestigtes Schloß, bauten auch die Ebersburg wieder
auf. Durch vergebliche Belagerung Poppenhausens er
muntert, beunruhigten die Ebersberger und Steinauer
das Fuldaer und Henneberger Land durch Fehden, bis
ihr fester Sitz, die Ebersburg, nunmehr endgültig ge
schleift wurde, (1459—60). Der steinauische Besitz in
Poppenhausen ging 1560 durch Erbschaft an die Herren
von Thüngen und 1619 durch Kauf an Fulda über.
Die Herren von Ebersberg hatten inzwischen (1435)
den Besitz der Herren von Schneeberg in Gersfeld käuf
lich erworben, der 1350 fuldaisches und 1401 würzbur-
gisches Lehen geworden war. Es ist das Gebiet der
vormaligen Herrschaft Gersfeld, das heutige Kirchspiel
Gersfeld. Nachdem bereits große Teile des ursprünglichen
ebersburgisch-weyhers'schen Besitzes durch Kauf und
Tausch an Fulda übergegangen waren, erwarb das