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kules muß dann die Mitte eingenommen, der halb nach
rechts gewendete Achilles (Abb. 4) links von ihm und der
nach links schreitende Hannibal auf der rechten Seite ge
standen haben. Jede der halb in Ritter-, halb in Lands-
knechtötracht herausgeputzten Gestalten besitzt einen
Schild, der in einer unsymmetrischen Roßstirnform gehal
ten ist. Auf dem des Herkules, der rechts hinter der
Figur Zum Teil sichtbar wird, erscheint eine undeutliche
nichtssagende Ornamentik. Keule und Löwe kennzeichnen
allerdings den mit wehender Stirnbinde versehenen Hel
den schon genügend. Ohne Namensbeischrift wüßte man
jedoch nicht, daß der auf Abb. 4 gezeigte Ritter einen
Achilles, der andere einen Hannibal vorzustellen hat.
Abb. 6. Schloß Ziegenhain, Wandmalerei
Die Landgrafen Ludwig I. und Ludwig II. von Thüringen
Dafür besitzen aber beide bestimmte Schildbilder, über
deren Berechtigung nichts ausfindig zu machen war. Der
griechische Göttersohn (Abb. 4) führt ein sonderbares
Fabelwesen, einen geflügelten Greif mit Schlangenleib,
und ausgerecht der punische Kriegsheld drei zahme Tauben
im Wappen.
Und nun die Portrats. Wir werden sehen, daß mit
ihnen ein ganz bestimmtes Programm verwirklicht ist.
Wie überhaupt alle Malereien des Gemaches nicht
absichtslos die Wände zieren. Auf die allegorische Be
deutung der drei antiken Helden konnte schon hingewie
sen werden. Nach Vorlage der ganzen Naumausstattung
wird der innere Zusammenhang aller ihrer Teile noch
kurz zu besprechen sein. Oie Bildnisse des Kurfürsten
Johann Friedrich von Sachsen (Abb. 1) und des Land
grafen Philipp von Hessen (Abb. 2) sollen als Suprapor
ten einen besonderen Platz behaupten. Auch das einzige
Porträt im Riesensaal des Schmalkaldener Schlosses, das
des Bauherrn Wilhelm IV., ist eine Supraporte. Auf den
Türsturz sind je fünf Wappen gemalt. Uber den Schilden
von Thüringen, Sachsen, der Kurwürde, von der Pfalz
Sachsen und Meißen erscheint Johann Friedrich (Abb. 1)
als Bruststück, über den Wappen von Katzenelnbogen,
Ziegenhain, Hessen, Nidda und Oietz Philipp der Groß
mütige in Halbfigur (Abb. 2). Wo die überlieferten In
schriften gesessen haben, ist leider nicht angegeben. Nach
der Titulatur und der Altersangabe (für Johann Fried
rich 41, für Philipp 39 Jahre) heißt es bei beiden gleich
lautend „Dieser hatt des heiligen Evangelh fache nechst
Gott wieder Bapst und Bischofs genossen fürstlich undt
herlich mit Gottes hülfe erhalten". Für Philipp geht es
dann weiter: „Hatt mit Gottes hüls die bcurische Aufruhr
in der Buchen und Turingen helfen strafen, Hertzog
Ulrichen zu wurtenburg, der von land und leuten vertrie
ben, gewaltigklich eingesetzet und Hertzog Henrich von
Abb. 7. Schloß Ziegenhain, Wandmalerei
Der Hauptmann von Capernaum (linke Bildbälste)
Braunschweig bey land und leuten erhalten und hernach
von wegen obgedachter buntsverwanten widerumb auß dem
Braunschweigischen lande helfen vertreiben und sein
gantzes land undt leut eingenommen."
Der letzgenannte Kriegszug gehört in den Sommer des
Jahres 1542. Da sowohl bei den beiden Fürsten als auch
bei den zwei ältesten Söhnen des Philipp in den Bei
schriften jedesmal auf das Jahr 4542 Bezug genommen
ist — so bei Philipp „seines alters 39 Jahr als man
schrieb 1542", bei Johann Friedrich „seines alters 41
jähr,... ano 1542" bei Wilhelm und Ludwig „anno
1542 ist dieser Landtgraff 10 Jahr (bezw. „5 Jahr")
alt gewesen" — müssen die Gemälde in der zweiten
Jahreshälfte entstanden sein.
Die Söhne Philipps sind dargestellt als Halbfiguren
in zeitgenössischer Hoftracht — oberhalb eines breiten
Streifens, der das hessische Löwenwappen ausweist. Der
Streifen, der auch bei anderen Porträts noch begegnet,
läßt sich nicht ohne weiteres erklären. Am ehesten möchte
man vermuten, daß er als Fortsetzung der Türstürze
über die Wandflüchen gezogen ist. Da er sich nur bei
Halbfigurenporträts findet, wären diese alle also in glei