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sie zerfiel und nur noch den Einwohnern von Dreh
als Ausflugs- und Aussichtspunkt diente.
41 Jahre laug führte die Prinzessin Marie
ihren neuen Namen, bis sie am 26. März 1917
zu Bonn starb, im 78. Jahre ihres nnrnhigen
Lebens. Sie war eine begabte und kluge Frau
mit mancherlei namentlich musikalischen Inter
essen. Bon ihren Geschwistern stand ihr wohl ihr
Bruder, Prinz Philipp von Hanan, mit seiner
Familie in Oberurff besonders nahe.
Ihr Wunsch, daß ihr Name und Titel sich auf
ihre Nachkommen vererben sollte, wurde erfüllt.
Da aber ihre beiden Söhne keine Nachkommen
hinterlassen haben, so wird mit dem Jüngsten (ge
boren 1861) der Name „von Ardeck" voraussicht-
lich erlöschen.
Wahnerdenger (-Gespenster)-Geschichten ans der Schwalm
gegend UNd angrenzenden GebietM. Von Johann Heinrich Schwalm.
Es find nicht 100, ja nicht einmal 50 Jahre
her, da standen die Gespenstergeschichten in Blüte.
Kamen da die Männer znmal der Schwalm zn
geselligem Verkehr zusammen, gewöhnlich in
einem Privathaus, seltener im Wirtöhans, trafen
sich beide Geschlechter bei Familienfesten, weiter in
der Spinnstube, konnte man hundert gegen eins
wetten, daß sie sich bald Spukgeschichten erzählten.
Da war keine gruselige Ecke im Ort, lag keine
verrufene Stelle in der Gemarkung, die nicht mit
Gestalten dieser von einem breiten Band des Aber
glaubens durchschlungenen Spielart der Sage be
völkert wurde.
Nun ist zwar die neue Zeit im (Zeitalter der
Zeitungen und Zeitschriften freidenkender gewor
den, aber der Gespensterglanbe verschwand in
Dorf und Stadt me ganz. Hans zieht's noch
heute alle Haare strack (zu Berge), wenn er nachts
zwischen Elf nnd Zwölf am „Rnndwieöchen" vor
bei muß, und Kunz kriegt sieben dicke Gänsehäute,
weun er iu dunkler Nacht einen Weg in das
nächste Torf zu gehen hat, der etwa am Totenhof
vorbei führt. Erzählungen, die ihren tieferen Ur-
sprnng in der Fnrcht bei solchen nächtlichen Gän
gen haben, sind keineswegs ausgestorben, sie bilden
noch heute die Lückenbüßer langer Winterabende,
llnd nicht nur in der Schwalmgegend, sondern im
ganzen Hessenland und Deutschlano sind diese
„Verzählnisse" daheim. Dabei ist es geradezu er-
Anmerkung der Schriftleitung. Wir werden fortlaufend
in den nächsten Heften diese außerordentlich interessante
Sammlung unseres geschätzten Mitarbeiters bringen und
hosten, daß auch andere unserer Leser dadurch angeregt
werden, diejes wichtige Volksgut zu sammeln und so vor
dem Schicksal zu retten, vergesten zu werden. Solche gut
erzählten Geschichten werden wir gerne in unserer Zeit
schrift veröffentlichen.
stannlich, wie die Volksphantasie den Gegenstand
zu verändern weiß.
Wenn wir im Nachstehenden Gespenster
geschichten aus der Schwalmgegend bringen, so
sollen das nur Beispiele für einen Schatz bilden,
der in seiner Gesamtheit noch des Hebens harrt.
Verstandesmenschen versuchen alle diese Ge
schichten, die Gespenstergläubigen als eine Art
Evangelium gelten, auf natürliche Vorgänge zu
rückzuführen. Letztere werfen den in diesem Punkte
Freidenkern Unglauben vor, indem sie sagen: „Du
Höst gor km Glöwe net!" (Du hast gar keineu
Glauben nicht), wobei ihnen freilich der Irrtum
unterläuft, daß sie die Nacht des Aberglaubens
mit dem Sonnenlicht des Himmelsglanbenö ver
wechseln.
Einige der nachfolgenden Erzählungen von
Wahnerdengern stammen ans meiner Kinderzeit
in Seigertshansen. Eine Anzahl haben meine
Schüler in Obergrenzebach aufgelesen, als ich nnd
später mein Nachfolger Scherp dort Lehrer
waren, die Mehrzahl verdanke ich einer Reihe
Kollegen, die ebenfalls durch ihre Schüler dazu in
den Stand gesetzt wurden, den Herren Lehrer
Bock (Wahlshausen), Dörrbecker (aus
Treysa), Eckel (Schönan, jetzt in Marburg
a. L.), F ö r st (Linsingen, jetzt in Kassel), Hanpt-
lehrer F a n st (Wasenberg, gebürtig ans Wil
lingshausen), Lehrer Frank (Röllshansen),
Freitag (Lenderscheid), G e st r i ch (Sachsen-
Hansen, jetzt in Oberjossa), H 0 f e d i tz (Lingel-
bach), K i e l h 0 l z (Floröhain), Koch (Nieder-
grenzebach), K 0 t h e (Oberanla), Lauer
(Großropperhausen), Karl N e u s e (Leimsfeld),
N i e r e >n k ö t h e r (Rörshain, jetzt in Kassel),
Ochs (Heimbach), R i e b e l i n g (Mengs
berg), R i e b e l i n g (Wmterscheid, jetzt in