Full text: Hessenland (45.1934)

und gold dem Jubel Ausdruck gibt. Das Mütz- 
chen bleibt, ausgenommen bei Trauer, immer rot. 
Zur Trauerfarbe in schwarz und weiß kommt 
bei Frauen noch das Blau des Trauerschleiers, 
des Knöpftuches, hinzu. Dieser Trauerschleier ist 
aber ebenso wie die jetzt auch blaue Ziehhaube, die 
zum Abendmahl getragen wird, früher weiß ge 
wesen. Zn anderen Gegenden Hessens (Rabolds 
hausen z. B.) ist dieses Trauerkopftuch auch 
heute noch weiß. Wie allgemein verbreitet viele 
Teile unserer Dauerntracht früher waren, sieht 
man daran, daß dieses weiße Trauertuch auch 
von den Wenden in der Nähe von Bautzen ge- 
getragen wird, und das schwarze, eng gefaltete 
Trauermäntelchen der Frauen, das bei Leichen 
begängnissen von den nächsten Angehörigen um 
den Kopf gelegt wird, den unteren Teil des Ge 
sichtes verdeckend, auch in der Normandie zu fin 
den ist. 
Diese strenge selbst geschaffene Kleiderord- 
nung ist von den (Männern schon seit einigen 
Jahrzehnten leider vielfach durchbrochen worden. 
Die geschlossene einheitliche Erscheinung der Klei 
dung, die dem Vorgang vollendeten Ausdruck der 
besonderen seelischen Stimmung verlieh, ist fast 
nirgends mehr zu finden. 
1 km so wertvoller ist es, daß alle diese Vor 
gänge der Trauer, der Andacht, der Freude und 
der Arbeit in zahlreichen Bildern von den (Malern 
festgehalten worden find. 
Ich kehre nun wieder zu meiner Tätigkeit in 
Ascherode zurück. Es entstand dort nur eine Reihe 
von Studien, zum (Malen von Bildern war der 
Aufenthalt zu kurz. (Mit Claudius zusammen 
malte ich unter anderem den Bürgermeister Kehl 
mit dem langen Haar, das seinen Löwenkopf um 
rahmte, im Kirchenanzug, und einen alten Bauer 
Schneider in Arbeitskleidung. Der alte Schnei- 
Ein Marburger Naturdenkmal 
(Marburg birgt in seinem Weichbilde ein Na 
turdenkmal hohen Ranges. Es find die beiden 
alten Eiben im Garten des Hallenschwimmbades. 
Während sie früher vor der Bebauung des Grund 
stückes zwischen Lahn und (Mühlengraben am 
Pilgrimstein, des Gartens der ehemaligen Herren 
mühle (jetzt Elektrizitätswerk), von der Straße 
aus frei sichtbar waren und sicher auch den Blick 
jedes Vorübergehenden, der Auge und Sinn für 
Besonderheiten der Natur und seiner Umgebung 
hat, auf sich gelenkt haben, zumal sie den Weg 
zum Gartenhaus wie zwei Wächter flankierten 
und sich prächtig ins Gesamtbild einfügten, sind sie 
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der, der meist oben in seiner Auszüglerstube saß, 
wurde dann, wenn wir zum Malen auf den Hof 
kamen, vom Sohn gerufen: „Vadder, kommt rob, 
die Kerle stn do!" 
Es gab in Ascherode prachtvolle (Menschen, be 
sonders war es die ganze Familie des Bürger 
meisters Seil, des Nachfolgers vom alten Kehl, 
die durchgängig so großartige Typen zeigte, daß 
ich sie am liebsten auf einem großen Familienbild 
verewigt hätte. Ich malte aber nur den Kopf 
einer Tochter und mußte es dabei bewenden lasten, 
weil ich in den nächsten Zähren nicht nach der 
Schwalm kommen konnte. 
Zn Dresden arbeitete ich in den nächsten 
Zähren an einem größeren Bilde „Wallfahrer 
am Grabe der heil. Elisabeth", konnte aber dort 
nicht die Köpfe finden, die ich für dieses Bild 
nötig hatte, und entschloß mich deshalb im Herbst 
1687, nach Willingshausen zu gehen, das ich bis 
dahin nur durch einige Besuche von Treysa aus 
kennen gelernt hatte, und in dem ich auch die 
Menschen zu finden hoffte, die ich für mein Bild 
suchte. 
Im Haase'schen Gasthaus wurde ich mit meh 
reren Malern, darunter Lins und Zimmermann, 
bekannt und als hesfischer Landsmann freund 
schaftlich aufgenommen. Lins, der am meisten 
mit den Willingshänfern vertraut war, beriet 
mich auch gern bei dem Suchen nach geeigneten 
Modellen, die ich auch bald so, wie ich sie brauchte, 
fand. 
Bei diesem mehrwöchigen Aufenthalt in Wil 
lingshausen, bei dem ich auch die nächsten Dörfer 
und ihre Bewohner sowie die schöne Landschaft 
kennen lernte, wurde mir klar, daß ich hier alles 
das finden würde, was zu schildern mir am Her 
zen lag. (Fortsetzung folgt.) 
► Von Dr. Karl Zick. 
durch den Ban des Schwimmbades, der nördlich 
anschließenden (Mauer und des Kraftwagenschup 
pens völlig verdeckt und dem Blicke entzogen. 
Man muß schon von ihrer Existenz wissen und 
sich in den Garten des Schwimmbades begeben, 
wenn man sie zu Gesicht bekommen will; allenfalls 
fallen sie noch bei einem Blick von den Terrassen 
der Altstadt zum Lahntal ins Auge. 
Was den hohen ideellen Wert der beiden Eiben 
ausmacht und sie zu einem Naturdenkmal ersten 
Ranges stempelt, ist die Tatsache, daß es sich um 
Vertreter einer — nicht nur in Deutschland — 
aussterbenden Pflanzenart handelt, und zwar um
	        
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