189
bruch von Gegnern durch die erwähnte Senke und dann
das Fuldatal abriegelte, eine Aufgabe, die vorher allein
der Stadt Rotenburg a. d. F. zugefallen war.
Redner wandte sich dann der Oiemel-Linie zu.
Hier war der Schöncberg bei Hofgeismar beherr
schend und wir haben zu Anfang des ich Jahrhunderts
hier das seltene Beispiel, daß die beiden alten Gegner,
Hessen und Kurmainz, sich in den Besitz dieser Burg
teilten, die jedoch erst sehr spät, i/s62, vollends in hes
sische Hand kam. — Zwei Anmarsch-Linien gegen Kassel
aber lagen vor im Warme- bzw. Essetale. Das Warme-
tal wird beherrscht durch eine ganze Reihe von Burgen,
von denen die Schartenburg nördlich Zierenberg
etwa gleichzeitig mit der gegenüberliegenden Malsburg
in landgräfliche Hände kam. Nachdem schon 1269
Heinrich ch auf der Schartenburg Fuß gefaßt und um
1270 den Falke nberg mit seiner um 1250 angeleg
ten Burg in seine Gewalt gebracht, verlor sich noch
einmal auf unbekannte Weise der Ginfluß hier, bis er
1294 dann endgültig auf Schartenburg und Malsburg
neu gewonnen wurde. Zn Derbindung init der Schlie
ßung des Warmetales wurden auch die beiden Guden-
bürgen nahe Zierenberg, noch heute an der Größe
ihrer Trümmerstätten in ihrer Wichtigkeit erkennbar,
erstiegen und zerstört. Hätten sie doch in kurmainzischer
Hand noch immer eine schwere Bedrohung sein können.
Das Efsetal wurde aber durch die 1297 erfolgte Er
werbung der Burg Greben st ein abgeriegelt, wie
auch der Erwerb der Trendelburg schon früher dag
Oiemeltal sichern half.
Das Bindeglied zwischen den Burgen des Warme-
rales und den beiden Vesten im Westen von Nieder
hessen bildete der frühe zerstörte Helfenberg unfern
Wolfhagen. Denn von dieser Burgstätte aus besteht
eine optische Verbindung zwischen beiden Punkten, die
in gegnerischer Hand sehr peinlich wirken mußte. Den
Westen gegen Walderk hin aber beherrschten Wei
de l S b u r g und Naumburg, llrsprünglich in der
Hand eines Grafengeschlechtes, dessen ältere Burg die
Weidelsburg war, find beide dann in mainzischem Ein
flüsse, bis Hessen ein KondominatSrccht erwarb, dann
die Weidelsburg völlig in seine Hand brachte, während
die Naumburg, heute vollends zerstört, in mainzischer
Hand blieb. Aber, von der Weidelsburg beherrscht, war
nun dag Zwischenland bis zum Habichtswald gesichert,
dag unter anderen Verhältnissen den Einfluß Kassels
hätte einengen müssen. Eine weitere Sicherung gegen
den, den Paß von Hoof beherrschenden Burgsitz der
Schauenburg bildete die Anlage der Burg und
Stadt Niedenstein zu Beginn und des Falkcn-
st e i n bei Sand um die Mitte des ich Jahrhunderts.
Alle diese letztgenannten Burgen sanken noch 1385 in
Trümmer in den großen Kämpfen zwischen Hessen und
Kurmainz. — Vortragender wandte sich anschließend
noch einer weiteren binnenhessischen Burgenstellung zu,
die bedingt wird durch den Heiligenberg, der im
frühen iZ. Jahrhundert eine kurmainzische Bedrohung
für Hessen war, doch auch 1273 erstürmt und geschleift
worden ist, während auf dem linken Ederufer Fels-
b e r g, den Landgraf Heinrich ch noch 12^.7 durch Be
gründung einer Kommende des Deutschen Ordens stützte
und das noch zu Beginn des ich Jahrhunderts durch die
Altenburg verstärkt ward, als hessische Befestigung
lag.
Die hessische Senke, der sich Dr. Hopf nun zuwandte,
ist gewissermaßen ein Doppelter. Den westlichen Tal
zug beherrschen die Burg Homberg, ursprünglich
unter einem eigenen Adelsgeschlecht, doch schon frühe im
iZ. Jahrhundert in hessischer Hand, während der nahe
Falkenberg bis ins 16. Jahrhundert in der main-
zischen Einfluß-Sphäre stand, obgleich die militärische
Bedeutung dieser Burg nur noch gering war. Stärker
und wichtiger war das Burgen-System des Löwen-
st eins und zu Niederurff. Hier, wo besonders
der Einfluß von Fritzlar auszugleichen war, hat Hessen
frühe Fuß gefaßt, auch wenn zu Niederurff ein nierk-
würdiges Schwanken der Besitzer zwischen Hessen und
Walderk, den mainzischen Lebensgrafen, zu beobachten ist.
Kurmainzische Gegenposten sind dann die Burg
Densberg, 1232 zuerst von Hessen-Thüringen zer
stört, im ich Jahrhundert noch einmal aufgerichtet, und
die B u r g I e ö b e r g, die noch bis zum Ende des
feindlichen Gegensatzes zwischen Hessen und Mainz i. I.
1^27 eine gewichtige Rolle spielt. — Daß gegen Hom
berg sich auch noch Einfluß der Abtei Hersfeld vorschob
und mit der Burg W a l l e n st e i n im Efzetale bis
dicht an das landgräfliche Gebiet in Niederhessen sich
vorkeilte, sei hier nur noch ergänzend erwähnt.
Zum Schlüsse behandelte Redner noch die Doppel-
pforte in Oberhessen, wo der östliche Talzug beherrscht
wird durch die Amöneburg, auf der schon zu Be
ginn des 8. Jahrhundert S. Bonifatius und damit
Kurmainz Fuß faßte, um dann bis zu Beginn des 19.
Jahrhunderts dort zu herrschen. Oie M a r b u r g mit
der gleichnamigen Stadt hat nie diese wehrtechnische
Bedeutung erlangt, vielmehr fiel diese dem Frauen-
b e r g mit der Wittelsberger Warte, der
Burg F r 0 n h a u s e n, dem S ch^v einsberger
Schlosse und im Westen der Salzböde-Linie der
Burg Blanken st ein bei Gladenbach zu. Kur-
mainz hingegen suchte noch durch die Burg M e l n a u
auf der Höhe zwischen Wetschaft und Ohm die Ver
bindung zwischen Marburg und Frankenberg zu stören,
doch wurde das durch den hessischen Einfluß in der
Stadt Wetter ausgeglichen.
Zahlreiches Lichtbilder-Material und eine im Lichtbild
gezeigte Karte ergänzten die Worte des Vortragenden,
der mit diesem Überblick über die Bedeutung und Lage
der hessischen Burgen dazu beitrug, das Verständnis für
das organische Werden der Landgrafschaft Hessen weiter
zu klären und zu vertiefen. — Reicher Beifall dankte
und Zolldirektor Woringer sprach nochmals ausdrücklich,
auf die weiteren Burgen-Dorträge hinweisend, den Dank
der Versammelten aus.
Den zweiten Unterhaltungsabend des Hess. Ge-
schichtsvercins eröffnete am 31. Oktober 1932 Zolldirek-
tor W 0 ringer mit einem Hinweise auf die künftig
am letzten Montag des Monats stattfindenden Unter-
haltungsabende, zu welcher Verlegung Raumgründe
zwingen.
Nun nahm Bibliotheksrat Dr. Israel das Wort
zu einem Vortrage über die Teilnahme hessischer Trup
pen am Feldzuge 1687/88 gegen die Türken auf den,
Boden Griechenlands. Redner zeichnete zunächst die po
litische Gesamtlage, nach welcher Österreich den ersten
Stoß der vordringenden Türken auszuhalten hatte und
somit der deutsche Kaiser, damals zugleich Erzherzog von
Österreich, die Führung im Kampfe gegen den Halb
mond hatte. An seiner Seite stand die Republik Vene
dig, weiter als Nachbarn der Türken Polen und nicht
zuletzt, als geistige und weltliche Macht zugleich, der
Papst. Heimlich oder offen verbündet mit den Türken
war Frankreich. — Oie Republik Venedig, eine starke
Seemacht mit lebhaften Interessen in der Adria und
Aegaeig, hatte nur wenig Landtruppen und schloß da
her mit deutschen Fürsten entsprechende Substdienoer-
träge. So auch am Zi. März 1687 mit Landgraf Karl
von Hesien. Dieser stellte daraufhin noch im April gl.