Full text: Hessenland (43.1932)

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bruch von Gegnern durch die erwähnte Senke und dann 
das Fuldatal abriegelte, eine Aufgabe, die vorher allein 
der Stadt Rotenburg a. d. F. zugefallen war. 
Redner wandte sich dann der Oiemel-Linie zu. 
Hier war der Schöncberg bei Hofgeismar beherr 
schend und wir haben zu Anfang des ich Jahrhunderts 
hier das seltene Beispiel, daß die beiden alten Gegner, 
Hessen und Kurmainz, sich in den Besitz dieser Burg 
teilten, die jedoch erst sehr spät, i/s62, vollends in hes 
sische Hand kam. — Zwei Anmarsch-Linien gegen Kassel 
aber lagen vor im Warme- bzw. Essetale. Das Warme- 
tal wird beherrscht durch eine ganze Reihe von Burgen, 
von denen die Schartenburg nördlich Zierenberg 
etwa gleichzeitig mit der gegenüberliegenden Malsburg 
in landgräfliche Hände kam. Nachdem schon 1269 
Heinrich ch auf der Schartenburg Fuß gefaßt und um 
1270 den Falke nberg mit seiner um 1250 angeleg 
ten Burg in seine Gewalt gebracht, verlor sich noch 
einmal auf unbekannte Weise der Ginfluß hier, bis er 
1294 dann endgültig auf Schartenburg und Malsburg 
neu gewonnen wurde. Zn Derbindung init der Schlie 
ßung des Warmetales wurden auch die beiden Guden- 
bürgen nahe Zierenberg, noch heute an der Größe 
ihrer Trümmerstätten in ihrer Wichtigkeit erkennbar, 
erstiegen und zerstört. Hätten sie doch in kurmainzischer 
Hand noch immer eine schwere Bedrohung sein können. 
Das Efsetal wurde aber durch die 1297 erfolgte Er 
werbung der Burg Greben st ein abgeriegelt, wie 
auch der Erwerb der Trendelburg schon früher dag 
Oiemeltal sichern half. 
Das Bindeglied zwischen den Burgen des Warme- 
rales und den beiden Vesten im Westen von Nieder 
hessen bildete der frühe zerstörte Helfenberg unfern 
Wolfhagen. Denn von dieser Burgstätte aus besteht 
eine optische Verbindung zwischen beiden Punkten, die 
in gegnerischer Hand sehr peinlich wirken mußte. Den 
Westen gegen Walderk hin aber beherrschten Wei 
de l S b u r g und Naumburg, llrsprünglich in der 
Hand eines Grafengeschlechtes, dessen ältere Burg die 
Weidelsburg war, find beide dann in mainzischem Ein 
flüsse, bis Hessen ein KondominatSrccht erwarb, dann 
die Weidelsburg völlig in seine Hand brachte, während 
die Naumburg, heute vollends zerstört, in mainzischer 
Hand blieb. Aber, von der Weidelsburg beherrscht, war 
nun dag Zwischenland bis zum Habichtswald gesichert, 
dag unter anderen Verhältnissen den Einfluß Kassels 
hätte einengen müssen. Eine weitere Sicherung gegen 
den, den Paß von Hoof beherrschenden Burgsitz der 
Schauenburg bildete die Anlage der Burg und 
Stadt Niedenstein zu Beginn und des Falkcn- 
st e i n bei Sand um die Mitte des ich Jahrhunderts. 
Alle diese letztgenannten Burgen sanken noch 1385 in 
Trümmer in den großen Kämpfen zwischen Hessen und 
Kurmainz. — Vortragender wandte sich anschließend 
noch einer weiteren binnenhessischen Burgenstellung zu, 
die bedingt wird durch den Heiligenberg, der im 
frühen iZ. Jahrhundert eine kurmainzische Bedrohung 
für Hessen war, doch auch 1273 erstürmt und geschleift 
worden ist, während auf dem linken Ederufer Fels- 
b e r g, den Landgraf Heinrich ch noch 12^.7 durch Be 
gründung einer Kommende des Deutschen Ordens stützte 
und das noch zu Beginn des ich Jahrhunderts durch die 
Altenburg verstärkt ward, als hessische Befestigung 
lag. 
Die hessische Senke, der sich Dr. Hopf nun zuwandte, 
ist gewissermaßen ein Doppelter. Den westlichen Tal 
zug beherrschen die Burg Homberg, ursprünglich 
unter einem eigenen Adelsgeschlecht, doch schon frühe im 
iZ. Jahrhundert in hessischer Hand, während der nahe 
Falkenberg bis ins 16. Jahrhundert in der main- 
zischen Einfluß-Sphäre stand, obgleich die militärische 
Bedeutung dieser Burg nur noch gering war. Stärker 
und wichtiger war das Burgen-System des Löwen- 
st eins und zu Niederurff. Hier, wo besonders 
der Einfluß von Fritzlar auszugleichen war, hat Hessen 
frühe Fuß gefaßt, auch wenn zu Niederurff ein nierk- 
würdiges Schwanken der Besitzer zwischen Hessen und 
Walderk, den mainzischen Lebensgrafen, zu beobachten ist. 
Kurmainzische Gegenposten sind dann die Burg 
Densberg, 1232 zuerst von Hessen-Thüringen zer 
stört, im ich Jahrhundert noch einmal aufgerichtet, und 
die B u r g I e ö b e r g, die noch bis zum Ende des 
feindlichen Gegensatzes zwischen Hessen und Mainz i. I. 
1^27 eine gewichtige Rolle spielt. — Daß gegen Hom 
berg sich auch noch Einfluß der Abtei Hersfeld vorschob 
und mit der Burg W a l l e n st e i n im Efzetale bis 
dicht an das landgräfliche Gebiet in Niederhessen sich 
vorkeilte, sei hier nur noch ergänzend erwähnt. 
Zum Schlüsse behandelte Redner noch die Doppel- 
pforte in Oberhessen, wo der östliche Talzug beherrscht 
wird durch die Amöneburg, auf der schon zu Be 
ginn des 8. Jahrhundert S. Bonifatius und damit 
Kurmainz Fuß faßte, um dann bis zu Beginn des 19. 
Jahrhunderts dort zu herrschen. Oie M a r b u r g mit 
der gleichnamigen Stadt hat nie diese wehrtechnische 
Bedeutung erlangt, vielmehr fiel diese dem Frauen- 
b e r g mit der Wittelsberger Warte, der 
Burg F r 0 n h a u s e n, dem S ch^v einsberger 
Schlosse und im Westen der Salzböde-Linie der 
Burg Blanken st ein bei Gladenbach zu. Kur- 
mainz hingegen suchte noch durch die Burg M e l n a u 
auf der Höhe zwischen Wetschaft und Ohm die Ver 
bindung zwischen Marburg und Frankenberg zu stören, 
doch wurde das durch den hessischen Einfluß in der 
Stadt Wetter ausgeglichen. 
Zahlreiches Lichtbilder-Material und eine im Lichtbild 
gezeigte Karte ergänzten die Worte des Vortragenden, 
der mit diesem Überblick über die Bedeutung und Lage 
der hessischen Burgen dazu beitrug, das Verständnis für 
das organische Werden der Landgrafschaft Hessen weiter 
zu klären und zu vertiefen. — Reicher Beifall dankte 
und Zolldirektor Woringer sprach nochmals ausdrücklich, 
auf die weiteren Burgen-Dorträge hinweisend, den Dank 
der Versammelten aus. 
Den zweiten Unterhaltungsabend des Hess. Ge- 
schichtsvercins eröffnete am 31. Oktober 1932 Zolldirek- 
tor W 0 ringer mit einem Hinweise auf die künftig 
am letzten Montag des Monats stattfindenden Unter- 
haltungsabende, zu welcher Verlegung Raumgründe 
zwingen. 
Nun nahm Bibliotheksrat Dr. Israel das Wort 
zu einem Vortrage über die Teilnahme hessischer Trup 
pen am Feldzuge 1687/88 gegen die Türken auf den, 
Boden Griechenlands. Redner zeichnete zunächst die po 
litische Gesamtlage, nach welcher Österreich den ersten 
Stoß der vordringenden Türken auszuhalten hatte und 
somit der deutsche Kaiser, damals zugleich Erzherzog von 
Österreich, die Führung im Kampfe gegen den Halb 
mond hatte. An seiner Seite stand die Republik Vene 
dig, weiter als Nachbarn der Türken Polen und nicht 
zuletzt, als geistige und weltliche Macht zugleich, der 
Papst. Heimlich oder offen verbündet mit den Türken 
war Frankreich. — Oie Republik Venedig, eine starke 
Seemacht mit lebhaften Interessen in der Adria und 
Aegaeig, hatte nur wenig Landtruppen und schloß da 
her mit deutschen Fürsten entsprechende Substdienoer- 
träge. So auch am Zi. März 1687 mit Landgraf Karl 
von Hesien. Dieser stellte daraufhin noch im April gl.
	        

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