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haben, denn das Inventar von 1548 gedenkt eines
vergoldeten Engels, der eine „purpunische" Nuß
mit edlem Gestein hält. Übrigens erwähnt das Re
gister von 1526 noch eine weitere Krone, nämlich
eine von ungarischem Golde mit 10 Kreuzen
(Zacken), die in den letzten Inventaren fehlt, also
ebenfalls der Einschmelzung von 1528 zum Opfer
gefallen sein wird, ebenso eine goldene Spange
„mit edlem Gestein verfaßt", deren Wert man auf
50 Gulden schätzte und die ebenfalls 1546 und
1548 nicht mehr genannt wird. Eine vierte Krone,
die als „breite Perlenkrone" bezeichnet wird, füh
ren die älteren Register auf, ste fehlt aber in den
späteren, und zwar schon seit 1506.
Zu dem Haupte gehörte ein Kisten von aschen
farbigem Damast, mit Wappen und Ouasten ge
ziert, auf dem jenes bei feierlichen Gelegenheiten
umher getragen wurde.
Die weiteren Schicksale des Hauptes selbst brau
chen hier umsoweniger erörtert zu werden, als uns
darüber ein gründlicher Bericht in Aussicht gestellt
ist. Es ist bekanntlich bei der Rücklieferung der
übrigen im Sarge noch vorhandenen Gebeine 1S )
dem Orden durch den Statthalter G. v. Kol
matsch am i2. Juli 1548 wieder zugestellt wor
den. Brüssel und Wien streiten um die Ehre, das
echte Haupt zu besitzen. Wag ein angebliches Eli
sabethhaupt in der Elisabethkapelle in Breslau be
trifft, so beruht die Mitteilung K. W. Iustis,
man habe dort in einem silbernen Tragaltar ihren
Stirnschädel gezeigt 14 ), vermutlich auf einer Ver
wechselung mit dem tatsächlich dort befindlichen
Haupt einer heiligen Constantia
Äußer dem Elisabethhaupt nennen die Auflaß-
register noch fünf andere apokryphe „Heiligen
häupte", also ebenfalls Kopfreliquiare, die dann in
den Inventaren von 1546 und 1548 als „calva-
ria" und „crania" wiederkehren. Es erscheint nicht
ausgeschlosten, daß eines dieser Häupter später, als
der Orden auf den Reliquien- und Kirchenschatz
weniger Wert legte, als Elisabethhaupt abgegeben
worden ist.
Ferner find erwähnenswert zwei Reliquienarme,
die 1546 so beschrieben werden: „zwen arm mit
henden, und ist der ein übergolt, der ander stlbern,
und haben unden koppern boden." Aus dem Ver-
13) Als Beispiel für die frühe Zerstreung der Ge
beine der Heiligen dient, wie hier nachträglich bemerkt
sein möge, die Urkunde vom 8. Okt. 1Z20 bei Wyß
ÜB III Nr. 1308, wonach das Deutsche Haus dem
Dompropst Walter zu Meißen ein Stuck eines Fingers
der Heiligen abgab, das höchstwahrscheinlich an das
Kloster Heilsbronn gelangt ist.
1 4 ) Vgl. Zeitschr. f. Kirchcngesch. 45 , ©• 211.
15) Nach freundl. Mitteilung von P. B. M. Gie
sen in St. Gabriel-Mödling bei Wien.
zeichnis von 1548 erfahren wir, daß der vergoldete
Silberarm der heiligen Elisabeth zugehörte, also
wohl ein Stück ihres Armes enthielt, und mit
edlem Gestein besetzt war, der nicht vergoldete dem
h. Ulrich 16 ). Ein anderes Elisabetharmreliquiar,
das aus dem Kloster Altenberg bei Wetzlar stam
men soll, wo Elisabeths Tochter Gertrud als
Meisterin wirkte, wird auf dem Schlosse Sayn
gezeigt.
Noch eine andere Reliquie der Heiligen tritt an
verschiedenen Orten auf, nämlich der Mantel 17 ).
Bei dem gegen Ende des Mittelalters in Mar
burg gezeigten und verehrten, den die Küsterei
register in Verbindung mit den Paramenten nen
nen, kann es sich wohl nur um das von der Hei
ligen in ihren letzten Tagen getragene einfache, ja
ärmliche Kleidungsstück handeln. Wir hören zum
ersten Male von dieser Reliquie i. I. 1471, als
ein Schneider den Auftrag erhielt, den Mantel
auszubessern. Es wird sich hier kaum um einen in
eine Casel verwandelten Mantel handeln, wie er
z. B. im Dommuseum zu Erfurt gezeigt wird 18 19 ).
Er wird zwar einmal (1477) in Verbindung mit
einer Stola und einem Manipel erwähnt, „die
sante Elsbet tochter gemacht hat" (wohl Gertrud,
die MAsterin von Altenberg bei Mletzlar), aber
in den späteren Registern fehlen diese Stücke.
I. I. 1516 wurden in Frankfurt wertvolle Leisten
(Borten) an den Mantel für 25 Gulden gekauft,
offenbar um das einfache Gewand ansehnlicher zu
machen, wenn es nach außerhalb verschickt wurde.
Denn dies ist mehrfach geschehen. Wir haben
Nachrichten, daß die Reliquie durch den Prior
oder den Trappierer zu hochstehenden Personen ge
bracht wurde, um Hilfe in Krankheitsfällen oder
Kindesnöten zu bringen, so 1485 an den Nafsan-
ischen Hof 4 H, 1490 nach Cleve 20 ), 1511 nach
Lich, wobei jedesmal ein Opfer von mehreren Gul
den in die Ordenökafse bezahlt wurde. Wenn also
der Prior am 28. Juli 1468 „von myner jung-
frauwen von Solms wegin" 4 Gulden und am
4. September desselben Jahres „von junkern
Orten von Solms husfrauwen wegin" ebensoviel
mit nach Haus brachte, so wird es sich auch damals
um eine Nutzung des Mantels in Krankheitsfällen
gehandelt haben. Was die späteren Schicksale
dieses Mantels betrifft, so vermutet A. von
16) Wir hören, daß er i. Z. 1477 durch den Gold
schmied repariert wurde.
17) Ueber die Mautelreliquien handelt ausführlich
Huyskens in seiner Schrift: der sog. LibelluS de
dirtis quatuor ancillarum 1911, S. 66 ff.
18) Zeitschr. f. Kirchcngesch. 45 , ©• 20 5, 2 lnm.
19) Vgl. Huyskens a. a. O., S. 68, Anm.
20) Vgl. Zeitschr. f. Kirchengesch. 45 , ©• 20 4 ,
Aum. 5.