Full text: Hessenland (43.1932)

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öffnen ließ, um die Gebeine seiner Ahnfrau zn ent 
fernen, fanden sich die Siegel unverletzt vor, nnd 
der Landkomtnr konnte sich ans diese Weise gegen, 
den Vorwurf reinigen, er habe kostbare Steine des 
Sarkophags entfernt. Das Geschmeide, das mit 
den Reliquien verbnnden war, ließ der Landgraf 
dem Orden alsbald wieder zustellen. Als i. I. 1546 
der Krieg des Schmalkaldischen Bundes mit dem 
Kaiser drohte, wnrde ans Befehl des Landgrafen 
der gesamte Kirchenschatz ans die Festung Ziegen- 
hain geschafft, nachdem von beiden Seiten ein In 
ventar dnrch den Landkomtnr Johann von Rehen 
nnd Dr. Johann Eisermann, den späteren ersten 
Rektor der Universität, anfgestellt war. Der Orden 
mochte damals für seinen Schaß fürchten, aber der 
Landgraf schrieb am 7. Juli 1546 an seinen Statt 
halter in Marburg: „nnn begeren wir aber der 
eleinoter nnd was dero dinge mehr im Teutschen 
Hanse seind, gar nicht, sonder damit der eompthnr 
nnd das Hans nicht drnmb kommen, so haben wir 
dir vorigen nnsern bevelh gethan nnd ist nochmals 
nnser bevelh, dn wolles dem eompthnr ansagen, das 
er im darinne kein beschwernng mache, das dn die- 
selbigen eleinoter gehin Ziegenhain verwahrlich 
fhnren lessest; darbei solt dn anch die edelgesteine am 
sark nnd was sonst mehr an gnten eleinoten nnd 
ziraten im Hanse sein, gleichergestalt gehin Ziegen 
hain verwarlich fnren. . . lassen". Als nach Be- 
endignng des Krieges i. I. 1548 der Kirchenschaß 
znrückg'eliefert wnrde, wnrde am 20. Juli dnrch 
den Trappierer, den Zinsmeister nnd den Hans- 
marschall des Ordens abermals ein Inventar anf 
gestellt, das letzte derartige, das wir kennen. Seit 
dem blieb der Orden im ungestörten Besitze des 
Schatzes, der in seinen künstlerischen Hanptstüeken, 
wie die Vergleichung lehrt, nicht wesentlich vermin 
dert worden war, mit Ausnahme der Krone Kaiser 
Friedrichs II., von der unten noch die Rede sein 
soll. Erst seit der Mätte der achtziger Jahre des 
16. Jahrhunderts begann die allmählige Zer 
streuung des Schatzes wie der Reliquien, und zwar 
dnrch den Orden selbst. 
^Während die älteren Anflaßregister sehr knapp 
und zum Teil summarisch gehalten sind, gehen die 
von 1546 und 1548 etwas mehr ins Einzelne, be 
schreiben die Stücke manchmal genauer und sind so 
mit für die Forschung von besonderer Wichtig 
keit 6 ) Wenn z. B. das Verzeichnis von 1480 
das Hanptstüek des Schatzes, den prachtvollen 
Sarkophag, nur mit den trockenen Worten auf 
führt: „S. Elisabeth im kästen", so beschreibt ihn 
das Inventar von 1546 folgendermaßen: „Sankt 
6) Ein kritischer Abdruck dieser Inventars steht noch 
aus. 
Elisabethen sark mit den zwelf aposteln und dreien 
großen billen (—Bildern; nämlich Christus, Maria 
und Elisabeth) samt einem erncifix mit unser lieben 
frawen und S. Iohannessen, und sind die biller 
silbern und übergolt mit köstlichem edelgesteins und 
sonderlich mit einem schmarakten." 
Das erste Kleinod wohl, das für den Kirchen- 
schatz gestiftet wnrde, war die goldene Krone, die 
Kaiser Friedrich II. bei der Erhebung der Gebeine 
der Heiligen dem kurz vorher von Haaren und 
Weichteilen befreiten und von dem übrigen Körper 
getrennten Haupte am 1.Mai 1236 aufsetzte. 
Ein Chronist, Richerius von Senones, berichtet 
zwar, der Kaiser habe einen Becher, ans dem er 
bei den Mahlzeiten zu trinken pflegte, gestiftet, 
und in diesem sei das Haupt untergebracht worden. 
Man kann sich nicht gut vorstellen, wie in einem 
Becher von gewöhnlicher Große ein menschlicher 
Schädel Platz gefunden haben sollte. Da Richerius 
von der Krone nichts weiß, die anderen wohlunter 
richteten Chronisten aber ihrerseits die Stiftung 
eines Bechers nicht erwähnen, und anch die In 
ventars keinen Friedrichsbecher kennen, so ist wohl 
eine Verwechselung dnrch Richerius anzunehmen. 
Im Laufe der Zeit hat nun diese neben dem im 
Sarkophage befindlichen Körper besonders ver 
ehrte Reliquie allerlei Veränderungen in der Auf 
stellung und in der Ausschmückung erfahren. Die 
Krone des Kaisers wnrde von diesem unmittelbar 
auf den Schädel gesetzt. Später, als man, wie an 
zunehmen ist, ein Büstenreliqniar anfertigen ließ, 
mag die Krone auf das von Silber getriebene und 
vergoldete Bild gestellt worden sein. Im Jahre 
1364 wird nämlich berichtet, daß die Vergoldung 
des Hauptes mit einem Aufwands von 42 Gulden 
und 4 Schillingen Heller erneuert worden sei 7 ). 
Dem ^Wortlaute nach könnte dies auf eine Ver 
goldung des Schädels selbst gedeutet werden, 
spätere Nachrichten indessen lassen eine Umhüllung 
vermuten. Das Anflaßregister von 1480 be 
schreibt die in einem Schrank nahe bei dem Ab- 
schlnßgitter 8 ) aufbewahrte Reliquie folgender 
maßen: „Sankte Elizabeth henpt, darnff ein gül 
den kröne, nmbefaßt mit perlin und edelstem. Item 
ein andere kröne, darboben heldet ein engel mit einer 
meirnoiß (NIeernnß). Ane dem henbt ein stlberin 
kettin mit 6 ringen nnde Z agnns Dei klein, ein 
groiß agnns Dei mit heltnm nnde 2 ernee nnde 
3 große korallen Paternoster mit eyn bißnmknanf 
(Bisamknanf). Item ein stlberin fuß, dar das 
7) W y ß, Ilrkundenbuch der Deutschordensballei 
Hessen III Nr. 1046. 
8) Dieses Gitter („Gespenge an dem Sarge") wurde 
— nebenbei bemerkt — i. I. 1503 ebenso wie die 
Küstereitüre mit Mennige und Zinnober rot gemalt.
	        
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