Full text: Hessenland (42.1931)

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Wie das Volk im Alltagsleben denkt und spricht, 
in einfachster Form, humorvoll und doch tiefinner 
lich, so find auch seine Kunstprodukte. Den Maß 
stab einer höheren Aesthetik wird man nicht an 
legen können, da dem einfachen Mann oder dem 
Volke (im Sinne der Volkslieder) jede Schulung 
nach den Grundbegriffen der Poetik fehlt. Und 
doch werden wir diesen schlichtesten Erzeugnissen 
deutscher Dichtung, die bisher leider viel zu wenig 
beachtet wurden, nicht ohne innere Anteilnahme 
gegenüberstehen, spiegeln sie doch Wesenheit und 
Denkungsart des Teiles der deutschen Natron 
wieder, der am engsten mit Heimat und Scholle 
verbunden ist und auf dem in der Hauptsache 
Schicksal, Leben oder Untergang des Vaterlandes 
ruhen. 
Im Folgenden werden die Volkssprüche aus 
meiner waldeckschen Heimat veröffentlicht, die bis 
her für die waldecksche Volksliedersammlung ein 
gingen, für die Erkenntnis des Obengesagten wich 
tig find und bisher noch nicht gedruckt wurden. Für 
frühere Veröffentlichungen dieser Art sei auf die 
wertvollen Aufsäße in der Beilage „Mein Wal 
deck" der Waldeckschen Landeszeitung verwiesen. 
I. Aus Freien Hagen. 
a) Ick säl von Friggenhagen 
ick äte gerne stief, 
siwwen dicke Teller vull, 
datt gitt doch watt int liew. 
b) Graute Bauhnen stief gekocket 
nu nach Braut dertau gebrocket, 
nu nach Braut dertau gegetten, 
Dat is en richtig Friggenhägener Aeeten. 
e) Aeine graute Bauhne is dem Friggenhägener liäber 
ose ne Schnute voll Braut. (Affoldern.) 
d) Pohl biet Bien, 
mit dem Aese no Lippen Miste, 
mit derr Nase no de Kerkendäüre. 
(Freienhagener Schützenkommando.) 
II. Aus anderen Orten. 
1. Wäi weiß, wäi weiß, ob's wahr is, 
wo Nette sin, sin auch Läse. (Wo Nissen sind, 
sind auch Läuse.) (Sachsenhausen.) 
2. Michel hätt elutt, 
Appel un Beeren sitt eschutt, 
wat nu nach drann hänget, 
hört d'n Iungenö. (Stormbruch.) 
Z. Und wer do pisset uu lät ken Fort, 
der död't sin eigenem Leibe to kort. 
(Korbach.) 
4 ■ De Zeege hätt uff de Bonne geköttelt (Bönne 
:= Tenne, Boden.) 
un hätt am Austerkauken gemoppelt. 
(Sachsenhausen.) 
Z. H—vers. 
Hinger Handels House 
hogget Handels Händerk Holt, 
Häfset Hundert Hunde 
hinger Hundert Hasen her. (Helmighausen). 
5a. Hinger Höhlen House 
höjet Höhlen Hannes Holt. (Sachsenhausen.) 
6. Langschlöper, Oulenkopp 
stäiht ümme nigen Ouhre upp. (Helmighausen.) 
7. Schwickerg Karel, Schwein, 
sat hingern Dünnen und grein, 
kam Schulzen ale Docke 
und bit ene in nen kläinen Tein. 
8. Gebätsknouken, Gebätsknouken, 
de Oöübel fall juch Klumpe kouken 
un ji willt se friten. 
(Konfirmandenspottlied Helmighausen.) 
g. Näppeken up ein Heu, 
du häst denn Balg vull Floih, 
Näppeken up em Grunde, 
du häst den Balg vull junge Hunde. 
(Sachsenhausen.) 
io. Mühle Mühle male, 
de Iungens kostet en Daler, 
de Mäkens kostet en Nattenstärt, 
sou ville sit se nau nit wert. 
(Mädchenspottvers Helmighausen.) 
n. Spinn, Mäken spinn, 
de Nöüter kümmt dorm, 
hiät en blohen Kiddel arme, 
will de Spmnemäkeng midde habben. 
Spinn, Mäken spinn. (Helmighausen.) 
i2. linke funke Rabeschnappe, 
tippe tappe Käsenappe, 
trille puppe rut. (Sachsenhausen.) 
iZ. Tululut, tululut, tululut, 
Sugge rut, 
Pötteken terbroken, 
Miälk gesopen, 
tululut, tululut, tululut. 
(Schweinehirtenlied Sachsenhausen.) 
14. Spinn dicke, spinn dicke, 
olle Wieke äin Stücke. 
(Finkenruf Helmighausen.) 
iZ. Graute Bauhnen un Speck 
is en gutt Geleck. (Heringhausen.) 
16. Doß, Boß kroup int Loch, 
de Döüwel langet dick fräüh genogge. 
(Helmighausen.) 
17. Puttheuhneken, Puttheuhneken, 
wat döist up minen Hoff? 
Du plückest alle Bläümeken, 
du makest et gar tau gross. 
Min Motter wird di kriggen, 
min Vatter wird di schlohn 
Puttheuhneken, Peuttheuhneken 
wie fall di dat ergohn. (Ortlos mitgeteilt.) 
18. Fasselobend hikenstik, 
sibben Katten biten sick 
do kam de alle Bölzer d'r mang 
un bitt se olle siwene krank. (Helmighausen.) 
19. Fasiel Owend hippelen nipp 
siwen Katten biten sick 
sprung use Bölzer midden mang 
un bit sc olle sibbene krank. (Wetterburg.)
	        

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