Full text: Hessenland (39.1927)

In bei Tut kam Heidecke bann auch bis Eisenach, wo 
er starb. 
A r ch i v für Familienforschun g. Vom Vor 
stände der „Gesellschaft für Familienkunde in Kurhessen 
und Walbeck" wirb uns geschrieben: 
Der in Heft 10 des „Hessenlanbes" ausgesprochene 
Wunsch, es möge ein hessisches Archiv für Familienfor 
schung angelegt werben, hat bereits seine Erledigung ge 
funden. Die „Gesellschaft für Familienkunde in Kur- 
hessen und Waldeck" besitzt ein solches Archiv. Sie ist 
gern bereit, Anfragen daraus zu beantworten, bittet 
aber andererseits, sie durch Zuweisung von Ahnenlisten, 
Stammbäumen und Familienpapieren aller Art zu 
Bücherschau. 
Tie Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk 
Cassel. Band 7. Kreis Hofgeismar. Erster Teil. 
Schloß Wilhelmstab Im Aufträge des Be 
zirksverbandes vom Regierungsbezirk Cassel be 
arbeitet von Friedrich Bleibaum. Mit 
105 Tafeln nach photographischen Aufnahmen und 
Zeichnungen. Cassel. Selbstverlag der Landesver 
waltung Auslieferung Ferd. Keßlersche Buchhand 
lung 1926. (VIII, 152 Seiten und 105 Tafeln.) 
Preis geheftet 25 RM, halbleinen 30 RM, halb 
leder 35 RM, Liebhabereinband in Ganzleinen 
40 RM. 
Tie verdienstvolle Reihe der Jnventarisationswerke 
der Bau- und Kunstdenkmäler unseres Regierungsbe 
zirks ist durch einen neuen stattlichen Band ergänzt 
worden, der auch über Hessen hinaus eine starke An 
ziehungskraft ausüben wird; behandelt er doch jenes 
köstliche Wilhelmsthaler Schlößchen, das.Gurlitt schon 
vor mehr als einem Mer^chenalter als eine der reiz 
vollsten Schöpfungen Deutschlands bezeichnete. Legt 
der reiche Bildnisschmuck hiervon beredtes Zeugnis ab, 
so löst der von Dr. Bleibaum verfaßte, durchweg aus 
den Quellen fußende Text manche Frage, die bisher 
auch dem Fachmann offen geblieben war. Wenn auch 
der Jnventarcharakter zu knapper Darstellung zwang, 
so ist doch in der Fülle des Stoffes auch das scheinbar 
Geringste berücksichtigt, so daß uns ein abgeschlossenes 
Bild der künstlerischen Kultur des 18. Jahrhunderts ent 
gegentritt. Im ersten Teil, der die Geschichte der 
ganzen Anlage behandelt, sehen wir, wie oft der heutige 
Gutsbezirk Wilhelmsthal (warum in Ortsnamen die 
neue Orthographie?) im Lauf der Jahrhunderte seinen 
Besitzer gewechselt hat; die Siedlung Amelgotzen, schon 
in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts nachweisbar, 
geht aus dem Besitz des Erzbistums Mainz nachein 
ander an das Kloster Helmarshausen, an den hessischen 
Landgrafen Heinrich II., an die Familie von Schachten, 
die Brüder vom Weißen Hof in Kassel, an den Mergen- 
hof in Jmmenhausen, wieder an die von Schachten und 
1643 an die Landgräfin Amelia (nicht Amalie) Elisabeth 
über, die wohl in diesem ihrem Amelienthal einen Som 
mersitz plante, aber schon 1651 verstarb. Landgraf Karl 
überließ diesen Sitz seinem Sohne Wilhelm (VIII.), der 
sich schon als Statthalter zu einem Neubau des Herren 
hauses njib einer großzügigen Parkanlage entschloß. 
Es entsteht 1749 der Nordflügel, 1753 der Südflügel, 
beide durch Karl du Rh, die technische Oberleitung beim 
Mittelban hat der spätere Oberst Huth und nach ihm 
Simon Louis du Rh. Die Bildnisse der Ahnen- und 
Schönheitsgalerie und die Supraporten stammen zum 
größten Teil vom älteren I. H. Tischbein, die dekora 
tive Ausgestaltung, die unvergleichliche Raumkunst ist 
Schöpfung Johann August Nahls. Das nachdrücklich 
unterstützen. Nähere Auskunft erteilen gern die Mit- 
glieder des geschäftsführenden Vorstandes der Gesellschaft: 
Regierungsrat v. D i t f u r t h, Kassel, Reginastraße 16, 
Zolldirektor i. R. W o r i n g e r, Kassel, Kölnische Str. 84, 
Direktor Dr. G r e v e, Kassel, Dörnbergstraße 3. 
K u n st n o t i z. Tie Kasseler Ausstellung der Werke 
des vor Jahresfrist verstorbenen Malers Friedrich F e n - 
n e l, die im Vorjahr nach Gießen ging, wird durch Ver 
mittlung Professor Berningers im März ihren Weg 
nach Mannheim, Karlsruhe, Stuttgart, Heidelberg, Heil 
bronn und Bruchsal nehmen und so hoffentlich auch in 
Süddeutschland der Kunst dieses trefflichen Hessenmalers 
viele Freunde gewinnen. 
unterstrichen zu haben ist das unbestreitbare Verdienst 
Bleibaums. Gerade hier hätten wir gern mehr erfahren. 
Das härte aber ein weiteres Ausholen auf Nahls 
frühere Schöpfungen für Friedrich den Großen in Charlot 
tenburg und Potsdam erfordert, und so sind wir hier aus 
das mit Spannung erwartete Werk des Verfassers über 
I. N, Nahls Lebenswerk angewiesen. Bleibaum räumt 
u. a. auch mit der Legende von den zahlreichen, durch 
Joröme beschafften Möbeln auf, die längst vor Jerome 
zum größten Teil Erzeugnisse des' hochwertigen Kasseler 
Kunsthandwerks sind. Große Veränderungen brachte 
dann das Jahr 1822, als Wilhelm II. zahlreiche Wil- 
helmshöher Schloßmöbel nach Wilhelmsthal bringen ließ, 
wobei gleichzeitig viele Rokokomöbel untergingen. Auch 
die kostbaren Tapeten, die allgemein als Rokokodekoration 
galten, wurden erst damals geschaffen. Tie Entwicklung des 
Gartens kann Bleibaum an der Hand von 5, bis auf 
einen bisher unbekannten Plänen eingehend rekonstru 
ieren, wenn auch die Frage nach dem Schöpfer des 
Rokokogartens noch ungelöst bleiben muß. Nachdem 
unter Friedrich II. Schloß und Garten wirklich vollendet 
waren, weicht 1795 durch Karl Hentze unter Leitung 
von Schwartzkopf die architektonische Gestaltung des 
holländisch-französisch beeinflußten Rokokoparkes dem 
natürlichen Wachstum der englisch beeinflußten Roman 
tik. Der zweite Teil bringt auf nahezu hundert Folio- 
1 eiten den Jnventarbestand, der Anhang u. a. eine über 
sichtliche Zusammenstellung der Rechnungsbelege und 
damit zugleich eine Fülle wertvollen Materials zur 
Geschichte des heimischen Kunsthandwerks. Zu bedauern 
bleibt, daß das prächtige Werk trotz seinem relativ bil 
ligen, nur die Auslagen der Landesverwaltung deckenden 
Preis bei den heutigen Verhältnissen manchem uner 
reichbar bleiben wird. Hbach. 
Werner Meyer-Barkhause n. A l s f e l d. Mit 
7 Plänen, 91 Abbildungen und 56 Seiten Text. 
Marburg (N. G. Elwert) 1927. Preis 4 RM. 
Es muß dem Elwert-Berlag in Marburg hoch ange 
rechnet werden, daß er sich durch die Ungunst der Zeiten 
in seinen Verlagsplänen nicht beirren läßt. So konnte 
soeben Werner Meyer-Barkhausen, dem wir die Mono 
graphie über die Elisabethkirche verdanken, eine neue 
Schriftenreihe „Alte Städte in 5) e s s e n" mit 
einem Alsfeldband eröffnen. Alsfeld ist um 1231 Stadt 
geworden. Es gibt nicht allzuviele Städtchen, in denen 
seit dem Mittelalter die Werke künstlerisch schaffender 
Generationen zu einem so einheitlichen Gesamtkunst 
werk, dem Stadtbild, zusammenflössen, und in denen 
die Kultur so stark die Handwerksleistungen durchdrang. 
Erst nach dem 30jährigen Krieg wird aus der ansehn- 
licheu Handelsstadt ein Land- unö Ackerstädtchen. Das 
19. Jahrhundert bringt zwar einen wirtschaftlichen Wie 
deraufstieg, aber eine künstlerisch lvenig erfreuliche Ent-
	        
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