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sind Darmstädter, in einer ganz eigenen Weise
mit den: Wesen dieser Stadt verwachsen und
durch ihre Wesensart mit ihr unlöslich ver
bunden. Mag heute auch Schiebelhuth von
Florenz aus seine hymnischen Gesänge singen,
mag Mierendorff in Berlin und Haubach in
.Hamburg sitzen, ihr innerster Kern wird immer
in der alten Heimat verwurzelt bleiben, so
wie Lichtenberg in Göttingen und Peter Helfe
rich Sturz in Kopenhagen doch niemals die
geistige Darmstädter Mundart verleugnen konn
ten. Und diese Mundart ist das Entscheidende;
von ihr hat der junge Verleger Josef Würth
in der „Dachstube" in reiner und konzen
trierter Form den charaktervollsten Ausdruck
gesammelt, er hat die Werke als Hand
drücke auf eigener Presse zu bibliophilen Kost
barkeiten gemacht und damit eine für Darm
stadt wesentliche Literaturepoche von un
mittelbarem Wert auch äußerlich zusammen
geschlossen.
Ein wenig abseits von diesem Kreis, durch
Alter und Reife ihm überlegen, aber ihm
doch innerlich verbunden, steht Wilhelm Michel,
der Hölderlinforscher und Essayist. Michel ist
ursprünglich kein Darmstädter, ist ein „Zu
gewanderter"; aber wie etwa der Goethe-
sorscher und Mystiker Karl Justus Obenauer
trotz seiner Darmstädter Herkunft sich von
der Stadt und ihren Menschen innerlich iso
liert hält, wie der Gelehrte Friedrich Gun-
dolf seiner Vaterstadt entfremdet und ins
ausschließlich Geistverwurzelte gewachsen ist, so
hat umgekehrt der Pfälzer Wilhelm Michel
aus Darmstadt sich eine wirkliche Heimat ge
macht. Doch er hat sich nicht in ihr ver
loren und verengt, sondern er hat ihr in leiden
schaftlichem Bereicherungsdrang frisches Leben
und echten Atem zugeführt, so sehr, daß ohne
ihn das eigentliche, das geistige Darmstadt heute
nicht mehr vorstellbar wäre. Dabei steht es ja nun
freilich so, daß, wenn der Essayist und Kritiker
Michel bei jedem Darmstädter von einigem Niveau
ein offenes Ohr hat, der Dichter und Forscher Michel
noch ein wenig fremd geblieben ist; trotzdem aber
hat er es erreicht, daß seine Hölderlin-Bearbeitungen
„Oedipus" und „Antigone" in den letzten Jahren
auf der Darmstädter Bühne dem Rampenlicht zu
gängig wurden und damit ein wichtiges Kapitel
seiner Hölderlinforschung der Öffentlichkeit an dem
berufensten Platze zur Diskussion gestellt wurde.
In Wilhelm Michel verkörpert sich für Darmstadt
die Bindung der jungen lebendigen und oft über
mütigen Strömungen des Geistes mit dem großen
Strom der Welt: wie Michel der „Dachstube" und
dem Verlag Alexander Koch gleich nahe steht, wie
er derjenige ist, der den eigentlichen geistigen
Charakterzug Darmstadts von Lichtenberg und Merck
über Niebergall bis Edschmid kritisch sondierend er
kannt und präzisiert hat, so ist er heute die leben
digste und vor allem bekenntnishaft wichtigste Er
Darmstädter Stadtkirche, vom Woogsplatz aus gesehen. .
scheinung unter den produktiven geistigen Darm
städter Köpfen.
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Der große und unaufhaltsame Strom geistmensch
licher Entwicklung wird zuletzt ja doch aus un
endlich vielen und oft unendlich kleinen Quellen
gespeist und wird seine Richtung als Resultante der
in jenen wohnenden motorischen Kräfte nehmen.
Alle Energien, die mehr oder weniger lebhaft von
irgendwoher ihm zufließen, sind für ihn wichtig.
Das Darmstadt, das auf den ersten Blick das
Wesen der kleinen verschlafnen Residenz noch nicht
ganz abgestreift hat, das Darmstadt, dessen neunzig
tausend Bewohnern der Intendant Gustav Hartung
nahezu zehntausend Theaterabonnenten abgetrotzt
hat und zur regelmäßigen Anteilnahme an den
dortigen geistigen Ereignissen veranlaßt hat, die nach
Form und Inhalt Provinzmaß weit überragen, das
Darmstadt, dessen Theaterkritik in einem selbst in
Großstädten kaum gekannten Maße fast durchweg auf
Niveau hält, dieses Darmstadt wird trotz mancher
Eigenhemmungen immer ein wesentliches Glied in
der Entwicklung deutschen Geistes sein und hat An
spruch darauf, als solches beachtet zu werden.