Full text: Hessenland (38.1926)

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Bezirkskonservator Baurat Dr. Holtmeyer verdanke, 
eine Ausgabe von 100 fl., „so in (ihm) die vier 
gebruder aus gnaden geben" an den Bildhauer „so 
das Begrabnuß auf der Freiheit gemacht hatte". 
Daß es bald darauf zu einem Zerwürfnis zwischen 
Beaumont und dem Kasseler Landgrafen gekommen 
ist, habe ich in der „Hessenkunst 1926" ausführlicher 
berichtet. Beaumont verließ Kassel, ohne seine Ar 
beiten zu vollenden und seine Verpflichtungen zu 
lösen, und begab sich zu Herzog Julius II. nach 
Braunschweig. So sandte nun Wilhelm vergeblich 
Brief über Brief an Herzog Julius, um die Rück 
sendung Beaumonts oder wenigstens die Beurlau 
bung bis zur Fertigstellung begonnener Arbeiten 
durchzusetzen. 
Doch waren das nicht die einzigen Klagen. Un 
term 9. Februar und 29. März 1575 ersuchte Wil 
helm IV. -den Herzog nach der in Marburg auf 
bewahrten Korrespondenz (ich verdanke die Ab 
schriften der Hilfsbereitschaft von Herrn Archivrat 
Dr. Knetsch), den entwichenen Beaumont zur Rück 
gabe eines ihm kostbaren Buches zu veranlassen. 
Es heißt: Wir haben auch ihme, Meister Adamen 
ein Buch Olai Magni daraus er allerley 
Gethier abconterfeien wollen, zugestellt, 
welches er auch Hingenohmen und uns nitt wieder 
zugestellt, weshalb wir, Wilhelm, freundlich bitten, 
daß „Euer Liebden ihnen auch anhalten wollen, 
damitt er uns solch buch wieder zukommen lasse". 
Wenn nicht der besondere Zweck der Tierabzeich 
nungen angegeben wäre, könnte man vermuten, daß 
des vertriebenen Upsaler Erzbischofs Olaus Mag 
nus voluminöses Werk, Historien der Mittnächtigen 
Länder, das zuerst lateinisch in Rom 1555 er 
schienen war und das Beaumont hiernach der land- 
gräflichen Privatbücherei entliehen hatte — die 
Bibliothek besteht ja erst seit 1580 —, das Interesse 
des Zeichners erregt hätte, denn es enthält in der 
Tat als eins der ersten eine Unsumme gelehrter 
und gefabelter Nachrichten über die alte nordische 
Welt mit einer Fülle von Bildern. Wenn aber 
Beaumont speziell über den sehr anspruchslosen 
Tierbildern saß, so entsteht der Verdacht, daß er 
hier nicht so sehr eignem Antrieb als einem Auf 
trag folgsam war. Dies um so mehr, als uns, 
leider ohne Quellenangabe, in Keßlers sorgfältigen 
Studien die Mitteilung überkommen ist, daß der 
Landgraf im Jahre darauf einen Auftrag ähnlicher 
Art erteilte, indem er durch Peter Carleyß in 
Frankfurt am Main die ObssrvationsL Ltirpium 
des großen Botanikers Lobell für sich illuminieren 
ließ (Programm 1859, 4). 
Nun hat es mit dem Olaus Magnus, der in 
Kassel in der deutschen und in der lateinischen 
Folioausgabe, Basel 1567, vorhanden ist, ohne daß 
festzustellen wäre, ob eine davon die verliehene war, 
dessen Originalausgabe aber so selten ist, daß nur 
zwei Exemplare in Deutschland bekannt sind, eine 
besondere Bewandtnis. (Ich konnte dank dem Ent 
gegenkommen der Universitätsbibliothek Breslau so 
wohl die Erstausgabe wie die ebenso seltene Ant- 
werpener Epitome hier benutzen.) Er ist offenbar 
infolge des Anreizes seines ungewöhnlichen Inhaltes 
in rascher Folge von den verschiedensten Verlegern 
aufgelegt, nachgedruckt und übersetzt worden (siehe 
Graeße im „Trésor des Livres rares“), und es 
wäre bei der laxen Angabe des Landgrafen ein aus 
sichtsloses Bemühen, den Bildern nachzuforschen, 
die Beaumont abkonterfeit haben möchte, wenn sich 
nicht herausstellte, daß die Bilder aller Ausgaben, 
ob diese 1558 und 1562 in Antwerpen, oder 1567 
in Basel erschienen — sämtlich der römischen Erst 
ausgabe von 1555 entnommen sind. 
Das ist, vom sozusagen urheberrechtlichen Stand 
punkt abgesehen, um so merkwürdiger, als sich diese 
Bilder bereits in der Erstausgabe durch einen für 
das Rom von 1555 unerwarteten Mangel an künst 
lerischer Qualität, Erfindungsgabe und Selbständig 
keit auszeichnen. (So wiederholt sich der Holz 
schnitt von S. 152 auf S. 538 u. ö.) Lediglich das 
vor Buch XII eingeschaltete Titelblatt im Band 
werkstil des Cornelis Bos reißt den Folianten 
des Verlags Viotti etwas heraus, das den nach 
Rom geflüchteten letzten Erzbischof Upsalas, Olaus 
Magnus, zum Verfasser hat, und dessen Titel in 
des erzbischöflich salzburgischen Rats Fickler Basler 
Übersetzung von 1567 also vielversprechend lautet: 
Historien der mittnächtigen Länder, von allerley 
Thun, Wesens, Condition, Sitten, Gebreuchen, Aber 
glauben, Underweisung, Uebung, Regiment, Narung, 
Kriegsrüstung, auch allerley Zeug, Instrumenten, 
Gebeuwen (Gebäuden), Bergwerk, Metall und an 
deren wunderbarlichen Sachen wahrhaftige Beschrei 
bung, desgleichen auch von allerley vierfüßigen 
und anderen Tieren so auf und im Erdreich, Wasser 
und Lufft gedachter orten leben und schweben thun 
etcaetera!- 
Alle diese untereinander differierenden Ausgaben, 
von denen sich nur die im selben Jahr erschienenen 
deutschen und lateinischen Folioausgaben der of- 
ficina Henricpetrina bis auf die notwendigerweise 
verschiedenen Jnitialcartouchen gleichen, halten sich 
sklavisch an das römische Urbild, ihre Abweichungen 
in der Holzschnittillustrierung gehen nicht über Ver 
änderung der Bildgrößen, Auslassung oder Um 
schattierung des Bildrahmens, Seitenverkehrung und 
gelegentlich verdeutlichende oder — bei Wappen — 
verändernde Nachzeichnungen hinaus. Daß dabei 
auch einmal die Bilder an die unrechte Stelle ge 
raten (Basel 12 statt Rom 15) ist diesem Gesamt 
bestand gegenüber ebenso unwesentlich wie die aus 
nahmehafte Eigenart, die Basel S. 348 in seinen 
sechs Schlachtbildern gegenüber Rom S. 280 be 
hauptet. 
Die Erklärung dieser höchst befremdenden Un 
selbständigkeit im Nachdruck der kümmerlichen rö 
mischen Vorbilder ist sicher nicht so sehr in wirt 
schaftlichen Sparmaßnahmen 'der großen Verleger, 
wie in ihrem und ihrer Leser Glauben zu finden, an 
diesen römischen Holzschnitten charakteristische und 
deshalb unersetzliche Verbildlichungen der nordischen 
Sitten und Gebräuche, Künste und Bauwerke, Pflan
	        
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