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Seuchenlehre bei der veterinärmedizinischen Fakultät er
nannt. — Der Anstaltsarzt Dr. Wilhelm B a u s ch wurde
zum leitenden Ärzt der Heilstätte sür Nervenkranke mit
der Amtsbezeichnung „Medizinalrat" ernannt. — Leip
zig: Der Ordinarius für Kunstgeschichte Professor
Dr. Wilhelm P i n d e r hat einen Ruf nach München
als Nachfolger Max Hauttmanns angenommen. Zu
Kassel 1878 geboren, wurde er 1901 Assistent am kunst
historischen Institut in Leipzig, erwirkte später die Zu
lassung als Privatdozent in Würzburg, übernahm 1910
die Vertretung von Prof. Kautzsch an der Technischen
Hochschule zu Darmstadt und erhielt ein Jahr später
das Ordinariat der Kunstgeschichte an dieser Hochschule.
1916 erfolgte seine Berufung nach Breslau, 1918 wurde
er der Nachfolger Dehios in Straßburg. 1920 wurde er
an die Universität Leipzig berufen. Wilhelm Pinder
steht in der Vollkraft seines Schaffens: sein großes Werk
über die Deutsche Plastik seit dem Ausgang des Mittel
alters ist der Vollendung nahe, und eben hat der Ge
lehrte eine Arbeit über den Bamberger Dom und seine
Bildwerke abgeschlossen.
Aus Kasse l. Die Stadtverordneten beschlossen auf
Antrag des Magistrats, beim preußischen Staatsmim-
sterium die Schreibung „ K a s s e l " statt „Cassel" zu
beantragen. — Beim Abbruch der Eisbrecher,'der letzten
Reste der 1509—1512 erbauten Fuldabrücke, wurden
außer einer Anzahl Silbermünzen eine in einen Blei
mantel gehüllte und in dem Grundstein eingeschlossene
Urkunde vom 14. Juni 1681 gefunden, die von der
Wiederherstellung der Brücke Kunde gibt.
A u s M e l s u n g e n. Das Wahrzeichen unserer Stadt,
die 1595 erbaute und seit 1842 im Besitz des Staates
befindliche Steinbrücke über die Fulda ist in ihrem
Mauerwerk stark erschüttert und geht ihrem völligen
Verfall entgegen, wenn nicht alsbald eine gründliche
Ausbesserung erfolgt.
Das L a h n t a l im Urteil D o st o j e w s k i s.
In einem bisher der Öffentlichkeit nicht bekannten Brief
vom Jahre 1874 schildert Dostojewski seine Reise von
Petersburg nach Ems und den Aufenthalt in Berlin.
In diesem sehr interessanten Briefe heißt es zum Schluß,
nachdem der Verfasser des Briefes der Gattin Anja die
Nachtfahrt nach Ems beschrieben hat: „Aber als es däm
merte — Anja, Liebste! — nie im Leben habe ich etwas
Ähnliches gesehen. Alles was man sich überhaupt nur
ausdenken kann an Entzückendem, Lieblichem, Phan
tastischem in dem bezauberndsten Landschaftsbild der
Welt — Hügel, Berge, Burgen, Städte wie Marburg,
Limburg mit ihren herrlichen Türmen, in einer er
staunlichen Vereinigung von Berg und Tal —, so etwas
habe ich noch nie gesehen! So war unsere Fahrt bis
nach Ems, an diesem heißen, sonnenglänzenden Mor
gen ..."
Aus Fulda. Das von Fürstabt Johann Bernhard
Schenk zu Schweinsberg gestiftete Benediktinerinncn-
kloster beging sein 300jähriges Jubiläum.
Aus Großenritte. Das am Fuße des Burg
berges gelegene Gertruden st ist beging sein 50-
jähriges Jubiläum. Vom Prinzen Heinrich von Hanau
als Jagdschloß begonnen, wurde es später Eigentum der
hessischen Renitenz, die dort seit 50 Jahren eine Pflege
stätte für Kranke und Hilfsbedürftige aus allen Volks
und Kirchenkreisen unterhält.
Aus Homberg. Für den historischen Hauptvor
trag gelegentlich des Hessischen Reformationsjubiläums
am 21. und 22. Oktober d. Js. ist der Dozent der Kirchen
geschichte an der Marburger Universität Prof. D. Her
melink gewonnen worden.
Aus Molzbach bei H ü n f e l d. In der hiesigen
Gemarkung wurde am sog. Sandstrauch eine wohl
erhaltene, mit Knochenresten gefüllte Urne und zahlreiche
Urnenscherben gefunden. Die Fundstücke wurden dem
Heimatmuseum in Hünfeld übergeben.
Römerspuren auf dem Johannisberg.
Aus Bad Nauheim wird der „Kass. Post" geschrieben:
Auf unserm Johannisberg wurden längst römische Bauten
vermutet. Diese Vermutungen haben sich bei der Anlage
einer Wasserleitung bestätigt; denn der Bau der Wasser
leitung führte zur Freilegung eines alten römischen
Turmes. Etwa vierzig Meter nördlich des Aussichts
turmes auf dem Johannisberg wurden Reste römischer
Anlagen entdeckt. Gefunden wurden die etwa einen
Meter starken und ebenso hohen Fundamente eines
Römerturmes, der auf seiner Ostseite eine etwa einen
Meter breite Türe zeigt. Die Stärke der Anlage bietet
die Gewähr, daß man es bei dieser Anlage mit einer-
römischen Specula (einem Signalturm) .zu tun hat; vor
dem Turm wurde eine Zisterne entdeckt. Gefunden
wurden Reste vorrömischer Kultur, Scherben, Metall
gegenstände usw. Außerdem wurde eine größere Anzahl
Skelette aufgefunden. Man wird wohl nicht fehlgehen
in der Annahme, daß diese hier begrabenen Männer aus
dem Gefecht vom 30. August 1762 herrühren, an welchem
Tage Prinz Conds den Erbprinzen von Braunschweig
schlug. Die bei der Anlage der Wasserleitung gemachten
zahlreichen Funde vorrömischer und altgermanischer Kul
tur haben im staatlichen Bademuseum Aufnahme ge
funden, woselbst sie der Besichtigung zugänglich sind.
A u s O f f e n b a ch. In den Wäldern südöstlich von
Offenbach liegt umveit Obertshausen das Hengster (vgl.
den Aufsatz im „Hessenland" 1925, Seite 316) ein Hoch
moorgebiet mit sehr seltenem Pflanzenwuchs. Manns
hohes Schilf, Faulbaum und Birke haben ein fast un
durchdringliches Dickicht über dieses Naturdenkmal ge
breitet, auf dessen von Torfmoos überdecktem Boden die
fleischfressenden Sonnentauarten, die Moosbeeren und die
seltene Glockenheide blühen. Pflanzenfreunde und For
scher aus allen Teilen Deutschlands kommen jährlich zu
Studienzwecken ins Moor und halten dann im nahen
Neu-Wirtshaus Einkehr, um sich dort in das bcriihmt
gewordene Fremdenbuch der Hengster Gäste einzutragen.
Das Moor, das zur Gewinnung von Kulturland wäh-
rend Oes Krieges stark entwässert wurde, >var seitdem
stark gefährdet; das Urbild einer Sumpflandschast mit
ihren naturkundlichen Seltenheiten schien dem Untergang
geweiht. Da hat sich in dankenswerter Weise der Verein
für Naturkunde in Offenbach des Naturdenkmals an
genommen, dessen Bestrebungen bei der hessischen Re
gierung anerkennenswertes Verständnis fanden. Bis jetzt
besitzt der hessische Staat, der bereits größere Parzellen
angekauft hat, etwa 2,5 Hektar, insgesamt ist der An
kauf von 6 Hektar vorgesehen, wofür etwa 7000 Mark
notwendig sino. Das Gebiet soll eingefriedigt werden
und als Naturschutzgebiet sür immer erhalten bleiben.
Aus Fronhausen. Trotz den verschiedenen durch
Hochwasser verursachten Störungen nehmen die Lahn
regulierungsarbeiten einen guten Fortgang. Die erste
Strecke ist in einer Länge von 400 Meter fertiggestellt, so
daß hier bereits mit dem Durchstich der Dämme, die das
alte vom neuen Flußbett trennen, begonnen werden kann.
Großes Hindernis bereiten die mächtigen seit Jahr
hunderten in der Erde ruhenden tiefschwarz gewordenen
Baumstämme bis zu 6 Kubikmeter Inhalt und Pfähle
von 9 Meter Länge, die ein wildes Durcheinander bil
den. Es handelt sich um Reste des großen Schenken-
waldes, der einst diese Fluren, die ja heute noch diesen
Namen tragen, bedeckte. Bei den kürzlich gemeldeten