Full text: Hessenland (38.1926)

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man die Aufgabe weder in kunsthistorischem, noch in denk 
malspflegerischem, sondern in schöpferischem Sinne löst. 
Die Frage ist trennend geworden, da die hydraulische 
Auspressnng des Mauerwerks mit Zement ihrem Ende 
entgegengeht. Diesen Arbeiten fallen die Wandmalereien 
zum Opfer, und es besteht die Absicht, deren Erneuerung 
vom Ausgang eines Wettbewerbs abhängig zu machen. 
Was die äußere Erneuerung des ehrwürdigen Denkmals 
anbetrifft, so ist beabsichtigt, nach dem Beispiele Reu 
manns einen roten Verputz anzubringen. Damit geht 
allerdings eine Patina verloren, wie diese in gleich inter 
essanter Weise kein zweites rheinisches Denkmal ziert. 
Das muß aber mit in Kauf genommen werden. Alles 
in allem sind tiefgewurzelte Schäden, die den Zusammen 
sturz des Domes in greifbare Nähe gerückt hatten, be 
seitigt. Die noch zu lösenden Ausgaben sind in erster 
Linie ästhetischer Natur. 
Aus Marburg. Die Arbeiten zur Umgestaltung 
des inneren Teils der reformierten Kirche sind seit 
einigen Wochen im Gange. Bei der Gelegenheit stieß 
man bei^einem Aufbruch an der Außenseite unmittel 
bar vor dem Eingang zur Mühltreppe, also auf dem 
sog. Kornmarkt, auf große Meugen menschlicher Gebeine. 
Der Platz neben dieser früheren Dominikanerkirche war 
bekanntlich, wie auch der Schuhmarkt, ein Friedhof. Im 
Jahre 1536 wurde dieser zu einem Kornmarkt um 
gestaltet. Jedenfalls sind bei irgend einer Gelegenheit 
die dort freigelegten Gebeine in ein Massengrab unter 
gebracht worden. Die Schädel und Knochen sind zum 
Teil noch erhalten. 
Aus Gladenbach. Unser schmuckes Hinterland 
städtchen ist im Sommer das Ziel vieler Sommerfrischler 
und Touristen. Die Umgebung der Stadt ist gebirgig, 
entbehrt aber nicht schöner bewaldeter Höhen. Ter 
Ort samt Gericht war ehedem im Besitz der Grafen von 
Gleiberg und ging später erblich an die Herren von 
Meerenberg über. Vom Jahre 1313 ab kam" Gladenbach 
in den Besitz der hessischen Landgrafen. Unter Philipp 
dem Großmütigen wird der bedeutende Bergbau auf 
Silbererze erwähnt, seine höchste Entwicklung erlangte 
dieser Betrieb aber unter Landgraf Ludwig von Mar 
burg, der auch eine Münze erbauen ließ. Im Jahre 
l558 wurden die ersten Gladenbacher Taler aus dem hier 
geivonnenen Silber geschlagen. Tie Münze trug die In 
schrift: „Ich getraue Gott in aller Not." Gladenbach 
hat mehrere bedeutende Männer hervorgebracht, so den 
berühmten Forstmann Gg. Ldw. Hartwig, geboren am 
2. September 1764. Nach einer glänzenden Laufbahn 
tvurde er 1811 Oberlaudforstmeister in Berlin. Damals 
Bücherschau. 
V o r n o t i z e n. Der Verlag Joh. Braun-Eschwege 
wirb in diesen Tagen das lange erwartete Werk des Mar- 
burger Ornithologen Dr. W. S u n k e l über „Die Vogel 
fauna von Hessen" herausbringen (Preis etwa 5 M). — 
Eine wertvolle Bereicherung der hessischen Literatur- 
werden ferner die im Heimatschollen-Berlag (A. Ber 
necker) Melsungen demnächst erscheinenden illustrierten 
„Geologischen Wanderungen im niederhessischen Berg 
land" des als Geologen bekannten Kasseler Lehrers 
H. Penndorf bilden, für die Vorbestellungen mit 
20o/o Preisermäßigung angenommen werden. — Eine 
ganze Reihe Neuerscheinungen bringt wieder der Elwertsche 
Verlag (G. Braun) in Marburg heraus. Zunächst unter 
dem Titel „Brausende Jugend" den zweiten Teil von 
Fritz B o d e s vielgelesenem Buch „Glückliche Tage" 
(Preis etwa 3 M, geb. etwa 4 M). Weiter befindet sich 
bewahrte er den Staat in den Zeiten größter Finanznot 
vor der Veräußerung eines großen Teiles der preußischen 
Staatsforsten. Er starb am 2. Februar 1837 in Berlin. 
Ein anderer Sohn Gladenbachs war Dr. Aug. Friedrich 
Diel. Er begründete die wissenschaftliche Pomologie; 
nach ihm ist Diels Butterbirne benannt. 
Aus Kasse l. Aus Anlaß des . hessischen Refor 
mationsjubiläums, das am 21. und 22. Oktober in Hom 
berg durch eine Feier der gesamten »Landeskirche be 
gangen werden soll, beabsichtigt die Kasseler Landes 
bibliothek eine Ausstellung ihrer wertvollen Schätze aus 
der Frühzeit der evangelischen Kirche in Hessen. — Die 
neuen Domglocken der Martinskirche sollen im August 
geweiht werden. Der alte Brauch der täglich '100 
Glockenschläge beim vollen Stundenschlag von morgens 
4 bis abends 7 Uhr — ein altes Wahrzeichen Kassels — 
soll beibehalten tverden und wird nach Anschaffung einer- 
neuen Uhr von dem Uhrwerk betätigt. — Zur Wieder 
herstellung des gotischen Reliesbildes „Marien Elend" am 
Hause Ecke Wildemannsgasse und Weißer Hof bewilligte 
der Magistrat aus seinem Verlag für Instandhaltungen 
von Häuserfronten in der Altstadt einen entsprechenden 
Betrag. 
Aus H e r s f e l d. Das L u l l u s f e st, das seit 852 
in Hersfeld alljährlich in der Woche, in die der 16. Ok 
tober, der Todestag des hl. Lullus, fällt, gefeiert wird, 
soll in seiner äußeren Form neugestaltet werden. 
Von den alten Gebräuchen ist nur noch das Läuten der 
tausendjährigen Lullusglocke, das Anzünden eines Feuers 
auf dem Marktplatz und der Ruf „Enner, zwo, dräi, 
Bruder Lolls" geblieben. Die Neugestaltung soll in der 
Weise stattfinden, daß das Lullusfest wieder mit einem 
Aufzug der Behörden, der Bllrgervertreter, der In 
nungen usw. verbunden wird. Der Bürgermeister soll 
eine Ansprache über das Thema „Die Stadt Hersfeld 
im verflossenen Jahr" halten. Von der Stiftskirche soll 
dann ein Kapitel aus der Heimatgeschichte verlesen wer 
den. Eine auf Veranlassung des Magistrats gebildete 16- 
gliedrige Kommission soll die Vorarbeiten treffen, so daß 
das diesjährige Lullusfest schon in der neuen Form 
begangen wird. — In diesen Tagen sind 300 Jahre ver 
flossen, daß T i l l y s ch e Reiter die Lullusstadt und 
ihre Umgebung arg heimgesucht haben. Der Petersberg 
wurde vollständig ausgeraubt und der Eichhof verwüstet. 
Sieben brave Hersfelder mußten unter entsetzlichen Ver 
stümmelungen ihr Leben lassen. Noch schlimmer als der 
Juni war der Herbst, als die eingeschleppte Pest 500 
Hersfelder hinwegraffte. 
im Druck ein mit zahlreichen Abbildungen geschmücktes 
Buch von Geheimrat Heer „400 Jahre Marburger 
Studentenleben" (Preis geb. etwa 10 M). Besonders 
kostbar ausgestattet wird der als Festgabe zur 400-Jahr- 
feier der Universität gedachte „Hessenkunstkalen- 
der 19 27" mit durchweg farbigen Abbildungen zum 
Leben der heiligen Elisabeth nach neuen Original 
miniaturen von W. Großmann-Mainz. Auch im übrigen 
wird der Kalender Textbeiträge zur Elisabethforschung 
enthalten. Dann kommt Ende des Jahres Gundlachs 
„Catalogus Professorum 1527—1910" heraus, außerdem 
ein interessantes Werk über „Malwida von Meysenbug 
und Theodor Althaus"von Dr. Dora W egel e.—Schließ 
lich tvird im Verlag Stalling-Oldenburg die von Oberst- 
leutn. Clausius bearbeitete „Geschichte des Jnf.-Rgts. von 
Wittich (3.Kurh.) Nr.83 im Weltkrieg"demnächst erscheinen.
	        
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