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letzteren angelehnt sind. Die beiden Teile gehören also
verschiedenen Bauperioden an; der Chorbogen stammt aus
dem 11. Jahrhundert, die übrigen Teile des Chors sind
aus früherer Zeit. Der Choraltar hatte im 17. Jahr
hundert einen Renaissance-Aufsatz und um den Unterbau
eine Holzumkleidung mit auf Leinwand gemaltem Anti-
pendium bekommen. Jetzt kam der uralte Altar zum
Vorschein mit den charakteristischen karolingischen Sepul-
chren; dies sind zwei übereinanderliegende, in die Stein-
wano des Altars eingehauene kreisrunde Vertiefungen,
in die bei der Altarweihe die hl. Reliquien von Mär
tyrern eingesenkt und vermauert werden. Diese Auf
deckungen waren das Ergebnis der zwei ersten Arbeits
tage. — Leider erfuhren die Grabungen gleich wieder
durch einen Unfall eine Unterbrechung; beim Abstieg vom
Berg kam der Leiter des Unternehmens, Professor
Dr. B o n d e r a u , auf dem steil abfallenden Fußpfad
zu Fall und verletzte sich den rechten Oberarm in der
Schulter. Glücklicherweise hat die Sache keine ernstlichen
schlimmen Folgen gehabt, so daß der geschätzte Forscher
nach acht "Tagen die Arbeit wieder aufnehmen konnte.
Die Hoffnungen, die man in interessierten Kreisen dem
Unternehmen entgegenbrachte, sind nicht getäuscht. Die
wenigen Tage haben wieder allerhand Wertvolles ans
Licht gebracht. Bei der Untersuchung 'der Chorfnnda-
mente stieß man in geringer Tiefe auf ein älteres Fun
dament, das in seiner Linienführung von den jetzigen
Mauern abweicht. Man sieht daraus, daß die Längsachse
der älteren Kirche nicht genau in derselben Richtung ver
läuft, wie die des jetzigen Baues, sie ist etwas nach links
gedreht. Außerdem fand man noch in derselben Tiefe
zwischen Altar und Chorwand ein drittes selbständiges
Fundament, das vielleicht das Fundament der ältesten
Brigiden-Kirche ist; es ist bedeutend schwächer als die
anderen und für eine Steinkirche nicht tragfähig genug.
Danach müßte dann das erste Kirchlein ein Holzbau ge
wesen sein. Außerhalb der Kapelle stieß man sowohl
im Osten an der Rückwand des Chores wie im Norden
an der Außenwand der Sakristei auf kräftige Fundamente,
Aus Heimat und Fremde.
H o ch s ch u l n a ch r i ch t e n. Marburg: Am lO.Juni
vollendete Geh. Justizrat Prof. Dr. Ludwig T r a e g e r,
der seit 29 Jahren unserer juristischen Fakultät an
gehörte, sein 70. Lebensjahr. Er wurde besonders durch
seine Arbeiten aus dem Gebiet des Strafrechts, Straf
prozesses und des Zivilrechts bekannt. — Am 6. Juni
verschied der ord. Professor und Direktor des physiolo
gischen Instituts in Berlin Geh. Med.-Rat Professor
Dr. Franz H o f m a n n , der 1916—1922 das hiesige
physiologische Institut leitete. — Der Direktor des
physikalischen Instituts Prof. Dr. Clemens Schaefer
übernimmt das Ordinariat der Physik in Breslau. —
Der Prof, der Theologie Dr. theol. et phil. Gustav
Hölscher wurde von der Norwegischen Akademie der
Wissenschaften zu Oslo zum Mitglied ihrer historisch-
philosophischen Klasse ernannt. — Der Bibliotheksrat
Dr. Ernst Heller an 'der Universitätsbibliothek in
Halle a. S. wurde in gleicher Eigenschaft an die hiesige
Universitätsbibliothek versetzt. — Die Zahl der Stu
dierenden beträgt 2335, darunter 349 Frauen. Auf die
einzelnen Fakultäten verteilt studieren 142 (12) Theologie,
417 (44) Medizin, 768 (24) Jura und 1007 (269)
Philosophie. Unter Zuzählung der Nachzügler und Hörer
dürfte die Zahl der Besucher aus rund 2500 zu bemessen
sein. — Am 9. Juni fand im Landgrafenhaus die
Hauptversammlung des Universitätsbundes
die mit dem Kapellenbau in Verbindung stehen. Ob
dies die Fundamente der einstigen bischöflichen Woh
nung Wittas gewesen oder die des Klostergebäudes der
ersten iroschottischen Missionare, läßt sich heute noch
nicht sagen. Die an dieser Stelle gelegenen, noch zu
frischen Gräber machen die sehr erwünschte Ausdehnung
der Grabarbeiten hier unmöglich. Um die Kapelle herum
liegt nämlich der Friedhof für die beiden Gemeinden Un
gedanken und Rothelmshausen, der noch heute benutzt
wird. Er war in früheren Zeiten, wie man das heute
vielerorts noch findet, mit einer Mauer umgeben, die in
ihrem Fundament noch vorhanden ist. Außerhalb dieser
ummauerten christlichen Friedhofsanlage ssieß man im
Osten nach Fritzlar hin in einer ganz geringen Tiefe auf
heidnische Reihengräber. ■ Ein wohlerhaltenes Skelett,
zirka 1,55 Meter groß, konnte schön aufgedeckt und
photographiert werden. Die dabei in reichlicher Menge
gefundenen Kohlenreste lieferten den Beweis, daß es sich
um ein heidnisches Grab handelte. Die Heiden umgaben
die Bestattung ihrer Toten auch mit einer Art von reli
giösem Kult. Vor der Beerdigung wurde ein Feuer ab
gebrannt, zu dem auserlesene Hölzer genommen werden
mußten. Mit den Kohlenresten dieses Totenopfers, wenn
wir es so nennen wollen, wurde das Grab ausgelegt,
darauf ohne Sarg die Leiche gebettet und zugeschüttet.
Nach dem Fund dieses heidnischen Bestattungsfeldes kann
es keinem Zweifel unterliegen, daß schon vor den Zeiten
des hl. Bonifatius Buraberg eine umfangreiche Nieder
lassung — eine Stadt gewesen ist. Bonifatius selbst
nennt ja auch in seinem Briefe, den er im Jahre 742
an Papst Zacharias schrieb und in dem er über die Er
richtung der Bistümer Buraberg, Würzburg und Erfurt
berichtet und um deren Bestätigung bittet, Buraburg
oppiäum, d. h. befestigte Stadt, während er Würzburg
als castellum (befestigten Ort) bezeichnet und Erfurt als
locus, qm fuit jam olim urbs paganorum rusticorum
(ein Ort, der schon vor Zeiten eine Stadt heidnischer
Bauern war).
statt. Nach dem von Prof. Dr.- Troeltsch erstatteten
Jahresbericht ist die Mitgliederzahl auf 3923 gewachsen,
20 neue Ortsgruppen wurden gegründet. Der Kassen
bestand beträgt 12 800 M. Nach einem Festvortrag des
Pros. Frhrn. von Soden über „Wesen und Ursprung
christlicher Kunst" erfolgte die Grundsteinlegung für
das Jubiläums-Kunstinssitut. Leider fehlen an den Bau
kosten noch etwa 130 000 M, die von Freunden der
Universität noch ausgebracht werden müssen. — Der
Universitätsbund Marburg konnte 8150 M für wissen
schaftliche Zwecke an Mitglieder des Marburger akade
mischen Lehrkörpers bewilligen. — Gießen: Der Zo
ologe Prof. Dr. meä. et phil. Hermann v. I her in g
in Büdingen wurde zum ord. Honorarprofessor für Paläon
tologie ernannt. — Der a. o. Prof, und Prosektor am
veterinär-anatomischen Institut Dr. Wilhelm Schauder
wurde zum planmäßigen a. o. Prof, der Veterinär-
Histologie und -Embryologie an der Universität Leipzig
ernannt. — Immatrikuliert wurden 1360 Studierende,
31 ordentliche Hörer und 2 sHospitantinnen. — Därm
st a d t: Die Gesellschaft für Höhenforschung in Berlin
ernannte Prof. E b e r h a r d t von der Techn. Hochschule
zum Ehrenmitglied. — Die Frequenz der Technischen
Hochschule beträgt 2666, nämlich 2345 Studierende, 42
Hörer und 279 Gäste. — Weimar: Prof. Ewald
D ü l b e r g von der Kasseler Kunstakademie wurde an die