Full text: Hessenland (38.1926)

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Wir erkennen hieraus, daß der Landbau noch 
in der Form der Dreifelderwirtschaft betrieben wurde, 
einem festen Schema, das in der geregelten Auf 
einanderfolge von Winterung, Sommerung und 
Brache bestand, und das erst in neuerer Zeit durch 
Beschränkung der Brache immer mehr verdrängt 
und durch die typische Fruchtwechselwirtschaft ersetzt 
wurde. Wohl der größte Mangel der Dreifelder 
wirtschaft lag in dem ungenügenden Futterbau; 
namentlich die mangelhafte Ernährung des Viehes 
während des Winters machte jeden Fortschritt in 
der Viehzucht fast zur Unmöglichkeit. 
Auch über das Druschergebnis unterrichtet uns 
das „Saat- und Erntebuch", indem in der Zeit vom 
2. August bis 3. Dezember 1819 866 Gebunde 
Roggen ergaben: 239 Mesten Korn und 21i/ 2 Meßten 
Dort. An Hafer wurde ausgedroschen vom 8. Ok 
tober bis ß7. Dezember von 536 Gebunden 263 
Mesten; von 202 Gebunden Gerste 60 Mesten; von 
265 Gebunden Erbsen 29 Mesten Frucht. Sehr 
günstig war das Druschergtzbnis des Hafers, da 
zwei Gebunde Hafer fast eine Meste Frucht lieferten. 
Der Herbst bzw. Frühling 1820 war sehr ungünstig 
für die Feldbestellung, was nicht nur aus der späten 
Ernte (Hafer 25. bis 29. September, Raps 13. Ok 
tober, 110 Säcke Kartoffeln am 23. bzw. 30. Ok 
tober, Roggen jedoch 26. August bis 11. September 
1820), sondern auch aus der Bemerkung hervor 
geht: Die am 17. Oktober (1820) auf dem Krieg 
acker und am 11. November im Heimbach (aus 
gesäten) beiden Äcker Korn sind nicht geeggt worden, 
weil der auf dem Kriegacker zu naß und der im 
Heimbach zu hart gefroren war. Auch der Mai und 
Juni 1821 müssen sehr feucht gewesen sein; denn 
während der Hafer (22 Mesten Land) vom 21. April 
bis 8. Mai ausgesät werden konnte, ist die Gerste 
erst am 4., und gar am 26. Juni vier Mesten Land 
„am Neuenschlag, da dieser Acker zur Gerste zu spät 
und zu naß war, so ist er mit Samen besät worden". 
Hier und da findet sich auch eine Bemerkung über 
verkaufte Frucht; die erste derartige Angabe lautet: 
„Den 2. März 1822 haben wir dem N. Schmidt von 
Bottendors fünfzig Mesten Hafer verkauft, jede.Meste 
zu 24 Xr (Kreuzer)." 2 Kreuzer waren gleich 
7 Heller, 60 Kreuzer = 1 Gulden, 108 Kreuzer 
= 1 Taler, 1 Guter Groschen = 41/2 Kreuzer, 
24 G. Gr. = 1 Taler. Nicht ohne Reiz ist ein 
Vergleich mit den in Marburg damals (1821) gel 
tenden Preisen: 1 Pfund Ochsenfleisch kostete 8 Kr., 
1 Pfund Rindfleisch 5 Kr., 1 Pfund Kalbfleisch 
4 Kr., 1 Pfund Schweinefleisch 8 Kr., 4 Pfund 
Schwarzbrot 6 Kr. 2 Heller, 1 Maaß (= 2,18 
Liter) Milch 6 Kr., 1 Maaß Bier 3 Kr., 1 Mött 
(— 5056 1/2 Kubikzoll — 4 Mesten) Weizen 5 Gldn. 
30 Kr., 1 Mött Korn 3 Gldn., 1 Mött Gerste 
2 Gldn. 20 Kr., 1 Mött Hafer 1 Gldn. 30 Kr. 
Da hiernach eine Meste Hafer 221/2 Kreuzer kostete, 
war die Frucht bis zum Frühjahr 1822 im Preise 
gestiegen, als sie Loderhose am 2. März absetzte. 
Noch günstiger war der Verkauf von 72 Mesten 
Hafer, die Meste zu 1 Gulden Frkftr. W., an den 
Ackermann Johs. Seibel von Holzhausen, am 
27. Januar 1823. Dagegen im Herbst „1823 haben 
wir keinen Hafer verkauft, weil die Meste nur zu 
18 Xr ist bezahlt worden". Vom folgenden Jahre 
finden wir den Eintrag: 1824 haben wir den Hafer 
verkauft, die Meste ist zu 21 Xr bezahlt worden. 
Bis dahin kämpfte die Landwirtschaft, wohl mit 
geringem Erfolge, gegen den Steinbrand des Weizens 
an. Da wurde das Beizen des Weizens mit Kupser- 
vitriollösung zur Abtötung der Brandkeime bekannt. 
Unser Gewährsmann hielt die Erkenntnis für wich 
tig genug, sie seinem „Saatbuch" anzuvertrauen: 
Mittel, den Weizen vor Brand zu hüten. Man 
nehme zu einer Meste zwei Loth blauen Vitriol, 
lasse diesen in warmem Wasser zergehen, mische noch 
etwas Mistjauche darunter und benetze hiermit den 
Weizen. — Der Steinbrand des Weizens, auch 
Stink- oder Schmierbrand genannt, der die Ähren 
befällt und das Brandigwerden der Weizenkörner 
verursacht, wird von dem Pilz Tilletia Caries Tul. 
verursacht. Die Bekämpfungsmittel wollen entweder 
auf mechanischem Wege die Brandkörner und Brand- 
sporen aus dem Saatgut entfernen oder die Brand 
keime abtöten. Trotz neuer Mittel ist das. Beizen des 
Weizens mit Kupfervitriollösung noch sehr ver 
breitet. 
Um den Bedürfnissen durchgeführter Stallfütte 
rung zu genügen, reichte das Wiesenverhältnis nicht 
aus. Da die Brache mit Futterpflanzen besommert 
werden mußte, bot dazu neben dem Rübenbau vor 
allen Dingen die Kultur des Kleebaus die Handhabe, 
dessen Einführung in die Fruchtfolge heftige Kämpfe 
wachrief. Bezeichnend für diese Periode, die sich 
von den 1770er Jahren bis zum Auftreten Al 
brecht Thaers (1742—1828) erstreckte, ist der Name 
Schubarts des Edlen von dem Kleefelde. Nach 
unserem „Saatbuch" wurden im Jahre 1819 drei 
Mesten Land im Patersgrund und ebensoviel an 
der Kalbestirn mit Klee bestellt; auch 1822 und 
später wird der Anbau von Klee bezeugt. Zum 
9. Juni 1823 wird bemerkt: Auf. der Ohschreufa 
auf des Schmidtm. Acker auf 1V 2 .Mesten 5 Pfd. 
Spörgelsamen gesät; hat gut gefüttert. Ob mit 
dieser Pflanze die Esparsette gemeint ist? Im Juni 
1831 wird bei der Bestellung von drei Mesten 
Land an der Lehne mit 61/2 Pfund Samen, „Lu- 
zerner Kleesamen darunter" gesät, wobei wir es 
vielleicht mit der der ertragreichen, aber anspruchs 
vollen französischen Luzerne (Medicago sativa.) zu 
tun haben; jedoch auch die deutsche (schwedische), 
die Sand- und Hopfen-Luzerne können in Betracht 
kommen. 
Ein Acker im Matenbach, sechs Mesten Land, von 
dem Metropolitan Hassenkamp gelehnt, wurde am 
8 . Oktober 1831 mit Korn ausgesät; „jährlich 7 Fl. 
30 Kr. Zins, 8 Nächte Pferch = 14 Fl. 24 Kr., 
4 Wagen Mist, 3mal zu ackern 5 fl.; 17. Aug. 1832 
geerntet: 155 Gebunde". Friedrich Kasimir Hassen 
kamp, 1. Prediger und Metropolitan in Franken 
berg, trat dieses Amt am 2. Advent 1797 an und 
wurde am 18. Januar dem Konvent als Metro
	        
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